Shakespeare in Matschästhetik

Das Große Haus ist mit einem streitbaren „Othello“ wiedereröffnet worden – endlich!

Die Sitze sind neu, die Bühnentechnik modernisiert, die Wände frisch gestrichen – und mit Thorleifur Örn Arnarssons Inszenierung von William Shakespeares „Othello“ (Fotos: PR/Krafft Angerer) weht zudem ein angenehm frischer Regiewind durch die betagten Mauern am Dresdner Schauspielhaus. Immerhin Ahmad Mesgarha ist noch der Alte, wie er da in der Titelrolle des Stücks auf die Bühne tritt – und ganz unerwartet erst mal von sich selbst erzählt. „Er spricht sehr gut Deutsch“, soll ein Rezensent in Klammern zu seiner Kritik über den jungen Mesgarha einst hinzugefügt haben. Anlass dazu gab nur sein fremd klingender Name, so wie man mit dem Namen Czerwinka oft polnischer oder zumindest osteuropäischer Herkunft verdächtigt wird, auch wenn das gar nicht stimmt.

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Gefangen in der Illusion

André Previns Oper „A Streetcar Named Desire“ an den Landesbühnen Sachsen

Pelze und Perlenketten zeugen von prächtigen Jahren. Doch sie können nicht verhüllen, dass die elegante Lady Blanche DeBois am existenziellen Abgrund steht. Verzweifelt kriecht sie in der schäbigen Zweizimmerwohnung ihrer Schwester Stella unter, argwöhnisch beobachtet von deren Mann Stanley Kowalski, der bald die Ordnung seiner kleinen Welt gestört sieht. Tennessee Williams düstere Milieustudie „Endstation Sehnsucht“ ist ursprünglich als amerikanischer Nord-Südstaatenkonflikt angelegt und gehört längst zum Repertoirestoff deutscher Theater. Weniger bekannt ist dagegen die Oper „A Streetcar Named Desire – Endstation Sehnsucht“ (1998) des deutsch-amerikanischen Komponisten André Previn. Sebastian Ritschel hat das Stück an den Landesbühnen Sachsen (Fotos: PR/Hagen König) neu inszeniert und bringt damit vor den Toren von Dresden eine kleine Rarität auf die Opernbühne.

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Psychothriller im Kinderzimmer

Michael Schulz inszeniert Richard Strauss „Salome“ als modernes Seelendrama an der Semperoper

Es ist immer etwas Besonderes, wenn an der Semperoper eine neue Inszenierung von Richard Strauss „Salome“ (Fotos: PR/Kilian Forster) Premiere feiert. Im Dezember 1905 in Dresden uraufgeführt und dem Opernhaus seither auf besondere Weise verbunden, ist das Werk schnell als Skandal in die Theatergeschichte eingegangen. Und dennoch hat sich die perverse Psycho-Oper mit dem kryptischen, auf einem Drama von Oscar Wilde fußenden Libretto bis heute hartnäckig in den Spielplänen gehalten. Auch in der Neuinszenierung von Michael Schulz kann man sich dem Sog des Stückes nicht entziehen – und geht am Ende doch seltsam fasziniert von diesem Strauss nach Hause.

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Gänsehaut im Zentralwerk

Szene12 spielt eine Kammeroper nach Puccinis „La Bohème“ – und rührt fast zu Tränen …

Der alte Ballsaal im Zentralwerk Pieschen ist kaum wieder zu erkennen: Das OFF-Opernensemble von szene12 (Foto: PR/Kjeld Stein) hat den Raum in lauschiges Licht getaucht, eine riesige, hölzerne Zuschauertribüne steht in der Mitte, dahinter eine kleine Bar mit Sitzecken. Die Bühne (Leonore Pilz) verströmt die heimelige Atmosphäre einer jungen Wohngemeinschaft, mit einer wüsten Zettelwand, alkoholischen Getränken in den Regalen, Esstisch und einer Matratze als Schlafgelegenheit. Inmitten dieser Kulisse führen die jungen Musiker nun in ihrem vierten gemeinsamen Projekt eine Kammeroper nach Puccinis „La Bohème“ auf und machen dem Publikum einmal mehr Lust auf Oper.

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Abschied einer Diva aus dem Märchenwald

„Die Hexe Baba Jaga“ startet „Das große Finale“ am Boulevardtheater

Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Selbst für eine Hexe von Format wie Baba Jaga fällt einmal der letzte Vorhang. Der Mime Rainer König ließ die schrullig gruselige Märchengestalt aus Russland seit 2005 zur Dresdner Kultbühnenfigur mit frechem Eigenleben gedeihen – und machte die Hexe zum Dauerbrenner hiesiger Komödienbühnen. Auf den großen Erfolg des ersten Teils folgte ein zweiter, auf den Zweiten ein dritter …, schließlich eröffnete die olle Klamauknudel aus Sibirien mit dem fünften Teil 2014 die erste Saison am Boulevardtheater. Hier soll der Spuk mit dem sechsten nun auch bald vorbei sein – und so feiert Baba Jaga (Fotos: PR/Robert Jentzsch) in der Regie von Olaf Becker „Das große Finale“ als furiosen Abgesang auf unzählige humorvolle Märchenstunden.

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Bachadaption mit Schaubudencharme

Die Serkowitzer Volksoper unterhält trotz seichter Story exzellent mit Bach

Die Sänger sind zu teuer, deswegen hat der werte Schauspieldirektor im Zirkuswagen in der Saloppe in diesem Jahr lebensechte Puppen engagiert. Kunst kostet eben – und wer das Publikum begeistern will, muss sich zu helfen wissen. „Präludium und Unfug – ein Sandwich nach Johann Sebastian Bach“ heißt das neue Stück (Foto: PR/Robert Jentzsch) der Serkowitzer Volksoper, mit dem Regisseur Wolf-Dieter Gööck dieses Mal in keckem Humor den König der Barockmusik auf die Schippe nimmt.

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Der einsame Schnösel aus der Stadt

Tschaikowskis „Eugen Onegin“ beschließt die Saison an der Semperoper Dresden

Er ist der Macho, der Unnahbare, der sich allen gesellschaftlichen Regeln widersetzt. Ein Mann, der sich in Rebellion flüchtet, unfähig, etwas anderes als sich selbst zu sehen. Am Ende jedoch wird „Eugen Onegin“ (1878) in Piotr Iljitsch Tschaikowskis Lyrischen Szenen nach einem Roman von Alexander Puschkin dann doch noch ganz weich – und kämpft. Er kämpft um Tatjana, eine Frau, die ebenso wie er am Rande einer Gesellschaft steht, in der Gewohnheit als Ersatz für Glück gilt – und er verliert. Was für ein Stoff und was für Musik, die Tschaikowski geschrieben hat, um Angst, Liebe, Sehnsucht und Hass vor der Folie einer öden Epoche ohne Heroen in poetische Klänge zu gießen. Kein Wunder, dass dieses eigentlich unspektakuläre und doch so berührende Werk zu den Schlagern der Operngeschichte zählt. Die Semperoper Dresden (Fotos: PR/Jochen Quast) hätte jedenfalls kein besseres finden können, um die diesjährige Saison zu beschließen.

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Schwere Zeiten – für Bürger und Kabarettisten

ManFred Breschke und Philipp Schaller im flotten Schlagabtausch

Die Zeiten sind schwierig geworden. Das englische Volk wählt Europa ab, das Deutsche wählt die AfD – und das auch noch in zweistelligen Prozentziffern. Das stellt selbst gestandene Kabarettisten wie Manfred Breschke vor hehre Herausforderungen. „Sollen wir nach einem Wahlergebnis wie dem der AfD etwa auch so weiter machen wie bisher?“, fragt er in seinem neuen Programm „Wir werden’s euch besorgen“ zusammen mit Philipp Schaller.

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Englischer Spuk trotz Brexit

Schüler zeigen Oscar Wildes „Gespenst von Canterville“ als humorvolle Adaption iM Schlosspark AltroSsthal

Es ist schon eine schöne Tradition geworden: Am Wochenende vor den großen Ferien ist Theaterzeit im Schlosspark Altroßthal. Dieses Mal lässt Regisseur Toni Burghard Friedrich hier mit der Theater AG des Beruflichen Schulzentrums für Agrarwirtschaft und Ernährung Oscar Wildes „Gespenst von Canterville“ in der Dämmerung spuken – und haucht der gruseligen Geschichte des Iren eine gehörige Portion Humor ein.

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Frauenheld im Fegefeuer

Andreas Kriegenburg inszeniert Mozarts „Don Giovanni“ an der Semperoper Dresden

Ein Penthouse in New York, halbnackte Frauen liegen überall im Wohnzimmer, in ihrer Mitte: der Verführer und Lebemann Don Giovanni. Er wechselt die Liebhaberinnen öfter als die Unterhosen, kennt keine Skrupel, stellt die Beziehungen der anderen auf unerbittliche Proben – und keine Dame ist vor ihm sicher. „Don Giovanni“ (Fotos: PR/David Baltzer) ist ohne Zweifel die radikalste, auch brutalste Figur, die Mozart in den drei gemeinsamen Opern mit seinem Librettisten Lorenzo da Ponte auf die Bühne brachte. Nach „Cosi fan tutte“ und „Le nozze di Figaro“ beschließt das Stück aus dem Jahr 1787 nun in einer stimmigen Inszenierung von Andreas Kriegenburg den neuen Da-Ponte-Zyklus an der Semperoper Dresden.

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