Dresdner Kunststudenten zeigen Mozarts „Cosí fan tutte“ als zeitlose Opernkomödie
Liebe, Leiden, Leben – kaum eine Oper bringt die Zeitlosigkeit der Gefühle wohl besser auf den Punkt als Mozarts „Cosí fan tutte“ (Fotos: Sebastian Hoppe). Die Opernklasse der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden zeigt das Stück in der diesjährigen Kooperation mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden als amüsantes Musiktheater am Kleinen Haus des Staatsschauspiels.
Regisseurin Barbara Beyer hat die Oper gestrafft und holt die Handlung um zwei junge Paare, für die Treue zur Bewährungsprobe wird, radikal ins Heute. Die Bühne von Rimma Elbert erinnert an eine luxuriöse Designerwohnung mit Dachterrasse und Bar in einer angesagten Großstadt in Amerika. Die Kunststudentin Elbert kleidet die Figuren als hippe Typen in lässige T-Shirts und zeitlose Minis. Treue, Eifersucht und wilde Liebe? Das gab es nicht nur zu Mozarts Zeit, sondern diese Themen sind bis heute aktuell.
Gefühlsdramatik auf der Dachterrasse
Während Guglielmo und Ferrando auf der Terrasse mit Don Alfonso einen Drink nach dem anderen schlürfen und heimlich die Wette um die Treue der Frauen abschließen, sitzen die Mädels auf der Couch, den Blick schmachtend aufs Smartphone gerichtet. Artur Garbas brilliert in der Premiere als cooler Rädelsführer Alfonso. Mit dramatischer Stimme überredet er seine Kumpels, die Frauen auf die Probe zu stellen. Barbara Beyer inszeniert das Spiel mit Gefühlsdramatik, Ironie und Witz, steigert es an vielen Stellen bewusst ins Überzogene, als wäre die Oper tatsächlich eine verkitschte US-Komödie.
Hier platzen die Kerle kurz nach dem gespielten Abschied als coole „Men in Black“ ins Haus und zetteln sogleich eine wilde Party mit Despina an. Die Mädchen jedoch ertrinken ihren Kummer lieber im Rotwein, während die vermeintlichen Verehrer von einer vorgegaukelten Überdosis dahingerafft werden. Auf der Bühne geht es turbulent zu. Für die tiefen Gefühle ist das Hochschulsinfonieorchester zuständig, das unter der Leitung von Franz Brochhagen harmonisch und ausgewogen klingt. Mozarts Musik packt einen, schafft Spannung und Atmosphäre. Tempi und Einsätze stimmen, auch musikalisch gedeiht das Ganze so zum mitreißenden Abend.
Starkes Sängerensemble am Premierenabend
Das Sängerensemble verleiht den Figuren stimmlich wie darstellerisch facettenreich Ausdruck. Allen voran Sol Her, die Fiordiligi als standhafte, vom schlechten Gewissen geplagte junge Frau zeigt. Ihr Duett mit Seongsoo Ryu als Ferrando gehört zu den musikalisch schönsten Momenten an dem Abend. Julia Pietrusewicz darf in der Partie der durchgeknallten Göre Dorabella richtig aufdrehen. Schnell ergibt sie sich dem verkleideten Guglielmo, den Damien Gastl als gerissenen Charmeur zeigt. Annina Battaglia wird als Despina zur heimlichen Komplizin für Don Alfonsos perfiden Plan und gibt in der Inszenierung die Rächerin der Frauen, die von den Verlobten tückisch hinters Licht geführt werden.
Kluge Stückwahl für Studenten und Publikum
Als das Spiel auffliegt, ist die Empörung groß. Das obligatorische Happy End jedoch bleibt die Komödie schuldig. Und sei es drum! Wie gemacht ist das Stück für ein junges Ensemble allemal. Denn mit Mozarts „Cosí fan tutte“ greift die Musikhochschule für ihre Opernproduktion endlich wieder auf ein viel gespieltes Repertoirestück zurück, dessen Kenntnis den Sängern und Musikern über das Studium sicher hinaus noch nützen wird. Das Dresdner Publikum darf sich zunächst auf sieben weitere unterhaltsame Abende mit Mozarts amüsantem Spiel über Eifersucht und Treue freuen. Wer braucht da schon Hollywood?
Mozarts „Cos´fan tutte“ von HfM, HfBK und Staatsschauspiel, wieder am 30.4., 9.5., 13.5., 28.5., 31.5., 2.6. und 5.6. am Kleinen Haus
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