Zeitlose Kindheitserinnerungen

Herbstauslese: „Als ich ein kleiner Junge war“

Herbstzeit ist auch Lesezeit. Unter dem Motto „Herbstauslese“ startet auf elbmargarita.de eine neue Serie, in der wir ausgewählte Romane und Erzählungen rezensieren, die in Dresden spielen. Heute: Erich Kästner: „Als ich ein kleiner Junge war“

Es ist wahrscheinlich eine der schönsten Liebeserklärungen an Dresden, die Erich Kästner (1899-1974) seiner Heimatstadt mit seiner Erzählung „Als ich ein kleiner Junge war“ (1957) einst machte.

Der über 50 Jahre alte Kästner wandelt in dieser autobiografischen Erzählung auf den Pfaden seiner Kindheitserinnerungen zwischen Königsbrücker Straße und Alberplatz umher und bringt dem Leser mit seiner unverwechselbaren, leichtfüßigen und dennoch poetischen Sprache das Dresden seiner Kinderzeit – mit Pferdekutschen, Prügellehrern und den Nöten des kleinen Mannes – auf warmherzige Weise nahe. In chronologischer Reihenfolge blickt Kästner dabei auf die Familienkonstellation und die Tage seiner Kinderzeit mit Mutter, Vater, Onkeln und Tanten in Dresden zurück.

Er setzt nicht nur seiner Heimatstadt, sondern vor allem einer nicht immer unbeschwerten Kinderzeit sowie seiner Mutter, Ida Kästner (geborene Augustin), damit ein herrlich lesbares Denkmal, macht eine andere, längst vergangene Zeit vor dem Auge der Leser wieder lebendig. Eine Zeit, die für uns heute so weit zurückliegt – obwohl sich doch eigentlich gar nicht so viel geändert hat. Kästners Erzählung richtet sich dabei vorrangig an Kinder, doch auch Erwachsene werden sie allein schon des typisch kästnerschen Grundtons wegen lieben.

„Als ich ein kleiner Junge war“ gehört zu den wirklich authentischen Dresden-Büchern. Die Stadt wird hier nicht nur zur leeren, im Zweifelsfall austauschbaren, Kulisse. Ihre Häuser, Wege und Plätze werden stattdessen mit persönlichen, warmherzigen Erinnerungen gefüllt, die man bis heute gut nachfühlen kann. Wer mag sich nicht gern vorstellen, wie der junge Erich Kästner mit großen Kinderaugen auf der Gartenmauer der Villa Augustin sitzt und dem trubelnden Treiben auf dem Albertplatz zusieht?

Im Kapitel „Die Villa am Albertplatz“ beschreibt Erich Kästner beispielsweise wie die Straßenbahnen dicht vor seinen Augen hielten und er die Menschen beim Ein- und Aussteigen beobachtete. Er erinnert sich und wir schauen ihm zu, wir sehen diesen Jungen vor uns, am Albertplatz oder mit dem Schulranzen die Königsbrücker Straße hinunterlaufen, als wär‘s gestern erst gewesen – oder morgen, oder übermorgen …

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3 Kommentare

  1. ich finde es – vorsichtig gesagt – irritierend, ein buch, in dem ein kleiner junge seine mutter von der brücke holen muss, von der sie springen will, oder in der ein vater seinen traumberuf aufgrund durchgreifender industrialisierung aufgeben muss, als „denkmal einer unbeschwerten kinderzeit“ zu bezeichnen. käster taugt wenig für einen verkitschenden, rückwärtsgewandten blick. ein tolles buch ist es – aber wohl eher aus anderen gründen.

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