Biologische Klangexperimente

Nico Steckhan aus Dresden ist Audiophil

Musik von Audiophil ist wie ein akustischer Blick ins Kaleidoskop. Bunt und immer anders. Und selbst die Wissenschaftlichkeit des Bandnamens ist hier Programm. Dahinter verbirgt sich der gebürtige Dresdner Nico Steckhan (Foto: PR). Seit seiner Kindheit beschäftigt er sich mit der Klangforschung am Laptop. Sein beruflicher Weg führte den 28-Jährigen jedoch nicht an die hiesige Musikhochschule, sondern an die Fakultät für Biologie der Technischen Universität Dresden. Inzwischen schreibt er in Berlin an seiner Doktorarbeit und hat auch musikalisch zu einer eigenen Ausdrucksweise gefunden.

Dieser vermischt zarten Gesang mit konventionellen Gitarrenakkorden und experimentellem Sounddesign – und bewegt sich dabei irgendwo zwischen Elektro, Indie und weitläufigem Jazz. „Ich versuche der populären Musik zwar treu zu bleiben, experimentiere dabei aber viel mit ungewöhnlichen Klängen“, sagt Steckhan. Genau diese vielfältigen Klangexperimente bilden das Herz seiner Musik. Die Geräusche, die er dabei am Rechner verarbeitet, verformt, moduliert und so aus ihren ursprünglichen Kontexten zieht, gehen überwiegend auf reale Instrumente sowie auf alltägliche Geräusche zurück.

Auf Klangsuche begibt er sich – wie es sich für einen Biologen gehört – am liebsten in der Natur. Steckhan bezeichnet es als eine Art „Klangüberführung“, wenn er etwa das Zerknacken eines Holzstückes am Laptop zu durchaus tanzbaren Songelementen modelliert. Nicht zuletzt hilft ihm auch der jahrelange Gitarrenunterricht, aus diesen experimentellen Sounds nachher rhythmische Songs zu komponieren. Die Texte dazu schreibt er selbst. 2011 ist daraus sein erstes Album erwachsen. Es heißt „call myself“ und ist beim Dresdner Netlabel Phonocake erschienen. Die Titel darauf spielen in erfrischender Weise mit den Erwartungen des Hörers. Sie sind mal rockig und ruhig, dann wieder experimentell entartet, bei aller Verfremdung wirken die Klangexperimente in der Kombination mit Gesang und Gitarre am Ende aber doch immer wie reale, stimmige Musik.

Als Audiophil ist Nico Steckhan inzwischen musikalisch nicht nur im Internet, sondern auch regelmäßig auf kleinen Bühnen in Dresden, Leipzig und Berlin unterwegs. Zusammen mit der Berliner Sängerin Helene Jahn will er in diesem Jahr erstmals auf Tour gehen und wird dabei natürlich zu allererst in seiner Heimatstadt haltmachen. „Eine Tour war eigentlich gar nicht geplant, aber wir haben jetzt schon so viele Termine, dass sich das einfach ergeben hat“, sagt er und scheint selbst ein wenig überrascht über die positiven Resonanzen, die er auf seine Konzertanfragen erhält. Die Dresdner können sich dabei am 17. Februar (17 Uhr) live in Nico Steckhans Klangkaleidoskop entführen lassen. Dann gibt der Biologe zur Wohnzimmersession im Neustädter „Wohnzimmer“ (Alaunstraße) das erste Konzert des Jahres in seiner Heimatstadt.

Nicole Czerwinka

Linktipp zu Audiophil: www.biotube.de

Phonocake: www.phonocake.org

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Noch vier Wochen für „drei Haselnüsse …“

Endspurt für Moritzburger Märchenträume

Immer, wenn der Schnee rieselt und puderzuckrig die Landschaft dekoriert, wird Moritzburg zum Märchenland. Und das nicht nur, weil es so schön aussieht, sondern auch weil das Moritzburger Schloss einst zur romantischen Filmkulisse wurde. Im Jahr 1973 war das und noch heute strömen junge und alte Märchenfans alljährlich – am liebsten um die Weihnachtstage – an diesen Ort, wo damals Václav Vorlí?eks Märchenfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ entstand.

Dem tschechischen Märchen und seinen Machern huldigt an diesem markanten Drehort seit 2009 regelmäßig auch die „Winterausstellung zum Kultfilm“. Deren dritte Auflage lockte seit der Eröfnung am 10. November vergangenen Jahres schon sage und schreibe über 80.000 Besucher ins Jagdschloss. Neben den Originalkostümen, Requisiten, Kulissen sowie der Entstehungsgeschichte des Märchenfilms stehen hierbei dieses Mal der tschechische Regisseur und die Filmmusik im Fokus. Karel Svoboda, der die wahrhaft märchenhafte Musik zu dem Film schuf, war auch über die Grenzen Tschechiens hinaus ein renommierter Komponist und dürfte einigen zudem als Vater des „Biene Maja“-Liedes (interpretiert von Karel Gott) bekannt sein. Seine großen Erfolge als Komponist sowie sein tragisches Schicksal auf privater Seite gehen inmitten der überwiegend romantischen Filmerinnerungen wahrlich zu Herzen. Die älteren Besucher dagegen werden sich auch noch an den einen oder anderen Märchenfilm des tschechischen Regisseurs Vorlí?ek erinnern. Da gab es zum Beispiel noch „Das Mädchen auf dem Besenstiel“ (1972) oder „Wie man Dornröschen wachküsst“ (1977).

Gelegenheit zur Rückschau gibt es von heute (3.2.) an noch genau vier Wochen lang. In dieser Zeit können sich die Besucher noch – oder auch erstmals – in den Zauber der Moritzburger Märchenwelt begeben und auf den rund 2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche auf Aschenbrödels Spuren wandern. Schnee freilich braucht es für das optimale Märchenfeeling in Moritzburg nicht unbedingt. Schließlich war auch der Winter zur Entstehungszeit des Films 1973 so mies, dass das Filmteam damals notgedrungen mehrere Säcke Kunstschnee verstreuseln musste. Nach dem 3. März wird die Wartezeit, bis Aschenbrödel wieder das Schloss erobert, allerdings lang. So wird die wohl schönste Märchenstory der DDR-?SSR-Filmgeschichte im Jagdschloss erst ab 16. November 2013 (dann bis zum 2. März 2014) erneut wachgeküsst.

Nicole Czerwinka

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Ausreise ohne Rückfahrtticket

Sonderschau im DDR-Museum

Ein Kinderbild, gemalt mit schwarzer Wasserfarbe, zeigt Strichmännchen mit Schlagstöcken und einen Wasserwerfer. Dieses Bild ist 1989 entstanden und sein damals zehnjähriger Maler hält hier ganz ernsthaft die Situation am Dresdner Hauptbahnhof fest. Am 3. Oktober 1989 war es, als ein Zug mit Flüchtlingen aus der DDR von Prag nach Hof fuhr und auch durch Dresden rollte. Diese Zeichnung ist wohl eines der aussagekräftigsten Dokumente, die derzeit in einer Sonderschau im Radebeuler DDR Museum „Zeitreise“ zu sehen sind.

Auf insgesamt 20 Schautafeln zeichnet die Ausstellung den Weg jener Züge historisch nach, in denen die Botschaftsflüchtlinge aus der DDR Anfang Oktober 1989 von Prag über Bad Schandau, Dresden, Karl-Marx-Stadt, Reichenbach und Plauen nach Hof gebracht wurden. Neben Originaldokumenten der Staatssicherheit zeigen die Tafeln Zeitungsausschnitte aus beiden Teilen Deutschlands sowie Briefe der Geflüchteten an ihre Familien. Von der Besetzung der Prager, Warschauer, Budapester Botschaft und der ständigen Vertretung in Berlin durch DDR-Flüchtlinge im Sommer 1989 bis zur Gründung der „Gruppe der 20“ in Dresden am 8. Oktober 1989 erzählen sie damit nicht nur die Geschichte jener Flüchtlinge, sondern auch die des untergehenden DDR-Staates.

Die Wanderausstellung ist vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) initiiert und noch bis zum 2. April im Radebeuler DDR-Museum zu sehen. „Wir arbeiten eng mit dem BStU zusammen und wollen hier eine Öffentlichkeit für das Thema schaffen“, sagt der Museumsleiter Hans-Joachim Stephan. Die DDR-Historie werde auch heute noch in den Lehrplänen vernachlässigt, meint er und lädt daher nicht nur Zeitzeugen, sondern vor allem auch Schulklassen ein, sich im Museum damit auseinanderzusetzen. „Wir sind ja kein trockenes Geschichtsmuseum und oft ist es so, dass ein Exponat die Jugend erst dazu bewegt, sich näher mit der DDR-Geschichte zu befassen“, sagt er.

Im Anschluss an die Sonderschau zu den Flüchtlingszügen wird ab 27. April eine Sonderausstellung über Foto- und Observationstechniken der Staatssicherheit im DDR-Museum „Zeitreise“ zu sehen sein. Überhaupt sei die Friedliche Revolution von 1989 ein Thema, dem im Haus zukünftig noch mehr Raum geboten werden soll, so Stephan. Ziel sei es, dass die DDR-Geschichte von der Kapitulation Deutschlands 1945 bis hin zur Wiedervereinigung im Museum einmal komplett abgedeckt werde. Die derzeitige Sonderschau wird zumindest bis zum 2. April einen ersten Beitrag dazu leisten.

Nicole Czerwinka

Linktipp: http://www.ddr-museum-dresden.de/cod/php/ddr-museum.php

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Elbmargarita geht auf Freundesuche

In eigener Sache …

Dresdens Onlinemagazin für Kultur www.elbmargarita.de ist ab sofort mit einer eigenen Seite bei Facebook vertreten. Unsere Leser können nun mit einem Klick unter www.facebook.com/Elbmargarita/info Elbmargaritas Facebookfreund werden und erfahren so brandaktuell, wenn es wieder einen neuen Post gibt. Insgesamt 15 User haben in den ersten beiden Stunden schon den „gefällt mir“ Buton gedrückt. Danke dafür! Dennoch sieht die Elbmargarita-Timeline derzeit noch recht leer aus. Das wird sich aber an diesem Wochenende schnell ändern. (NC)

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Ein Held im Liebeswahn

Händels „Orlando“ an der Semperoper

Die Liebe ist schon ein seltsames Ding. Da kommt der heldenhafte Kämpfer Orlando mit ihr in Berührung und will fortan jeden Kampf für seine angebetete Prinzessin Angelica aufgeben. Aber wie das Leben so spielt, lässt diese sich viel lieber mit dem Afrikaner Medoro ein. Und so nimmt in Händels Oper „Orlando“ der Kampf von Venus und Mars seinen Lauf, bis Orlando vor lauter Ärger fast dem Wahnsinn anheimfällt.

Was sich an dieser Stelle vielleicht wie ein actionreiches Barockopernspektakel anhört, entfaltet sich im ersten Aufzug tatsächlich zunächst eher gemächlich. In Andreas Kriegenburgs Inszenierung an der Semperoper Dresden bleibt dennoch kaum Raum für Langeweile. Gekonnt rücken in dem einem Guckkasten ähnlichen, holzvertäfelten Bühnenzimmer (Harald Thor) zunächst in erster Linie die zehn Tänzer in den Vordergrund. Diese sind mal Soldaten, mal Bäume, bilden dann wieder ein Spinnennetz aus Beziehungsgeflechten (Choreografie: Zenta Haerter) und verleihen der Handlung so bis zum Schluss jene klare Bildhaftigkeit, die den Zauber dieser Aufführung prägt.

Und während die Inszenierung erst im zweiten Teil richtig in Fahrt kommt, bleiben zumindest tänzerisch und musikalisch von der Ouvertüre an keine Wünsche offen. Jonathan Darlington führt die Sächsische Staatskapelle Dresden mit sichtbarer Freude durch die vor Leichtigkeit sprühenden, ja sogar eingängigen, bisweilen aber auch dramatisch klingenden Partien der barocken Händel-Partitur. Christa Mayer gibt dabei einen brillanten Orlando, der unter anderem im zweiten Akt mit einer herzzerreißenden Koloraturarie überzeugt. Carolina Ullrich dagegen begeistert stimmlich als kraftvolle Angelica im roten Glitzerkleid, während Barbara Senator als energische, unglücklich in Orlando verliebte Schäferin Dorina (Foto: PR/Matthias Creutziger) verzaubert. Im Gedächtnis bleibt zudem der markante Bass Georg Zeppenfelds, der als Magier Zoroastro bis zum Ende irgendwie doch die Fäden in der Hand hält.

Trotz aller musikalischer Brillanz ist die Stärke dieser Inszenierung – für Oper eigentlich untypisch –, aber dennoch in erster Linie die äußerst vielseitige und bilderreiche Tanzchoreografie. Diese rückt in ihrer Varianz, ihrem ganzen Ideenreichtum im Laufe des Stückes immer weiter aus der holzvertäfelten Zimmerkulisse heraus, in den Vordergrund und trägt so ganz wesentlich zum schlussendlichen Gelingen dieser Darstellung des ewigen Kampfes von Venus mit Mars bei.

Nicole Czerwinka

Händels „Orlando“, Semperoper Dresden, wieder am 3. und 5. Februar, je 19 Uhr

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Regentanz der Illusionen

„Eine Sommernacht“ am Societaetstheater

Es gibt sie, diese Momente im Leben, in denen sich plötzlich alles ändert und selbst die Schwere leicht zu werden scheint. Von einem solchen Moment erzählt auch das Stück „Eine Sommernacht“ des schottischen Dramatikers David Greig, das am 26. Januar im Societaetstheater Dresden Premiere feierte. Dieses ironisch-witzige Werk über ein ungleiches Paar im rauen schottischen Edinburgh lässt weder Platz für süßliche Romantik noch für schwermütige Melancholie.

Unter der Regie von Constanze Kreusch treffen die beiden Protagonisten dieser Komödie zunächst – von hypnotischer Musik begleitet – vor einer lichten Blumenlandschaft mit wässrigem Spiegelsee aufeinander, die sich jedoch schnell als Traumlandschaft entpuppt. Diese Anfangsszene, in der Philipp Lux als begieriger Esel und Oda Pretzschner als blonde Nymphe (Foto: PR/Detlef Ulbrich) erscheinen, erinnert spontan noch an eine äußert ulkige Adam-und-Eva-Adaption. Flugs entpuppt sich dieser Garten Eden aber als schottischer Weinkeller inmitten von Edinburgh, in dem die Scheidungsanwältin Helena (gerade von ihrem verheirateten Lover versetzt) auf den geschiedenen Gauner Bob trifft und ihn einlädt, mit ihr eine Flasche Wein zu leeren. Mit Blick auf den Regen, „der alles wegspült, was einem an Illusionen noch geblieben ist“, lässt dieser sich scheinbar widerwillig doch auf das Angebot ein.

Und so stülpen die beiden ihre Gummiestiefel über, um wenig später betrunken durch schottische Regenpfützen zu torkeln und am Ende zusammen im Bett zu landen. Dort haben sie halbherzigen, aber sehr mühevollen Sex, der dem Publikum viele Lacher beschert, die Einsamkeit der Hauptpersonen jedoch nicht vertreiben kann. Statt des Abschieds am Morgen gibt es ein zufälliges Wiedersehen, das für beide in einer verrückt unbeschwerten Midsommernacht voller Träume endet.

Abwechslungsreich und mit vielen Gags versehen, schwankt Greigs Stück beständig irgendwo zwischen szenischer Erzählung und Theaterdialog. Die Geschichte entfaltet sich in einem unterhaltsamen Spiel mit dem Spiel, bei dem Philipp Lux und Oda Pretzschner abwechselnd den Erzählerpart für den jeweils anderen übernehmen und dabei in Windeseile in verschiedenste Rollen schlüpfen. Zwischendurch streiten sie als Protagonisten darum, wie es wirklich war oder welche Begebenheiten für das Verständnis nun tatsächlich nötig sind.

Im rasenden Tempo fliegen die Szenen als eine Mischung aus Erlebten und Illusion vorbei, sodass die Inszenierung teilweise wie ein rasches Zappen durchs Fernsehprogramm daher kommt. Das wirkt an einigen Stellen fast schon ein bisschen zu nervös und abgedreht, wird aber immer wieder von einem wohltuenden Innehalten in ruhigeren, auch nachdenklichen, Szenen abgefangen. Die beiden Darsteller begeistern dabei mit großer Wandelbarkeit in einem oft fast schon ans Kabarettistische grenzenden Spiel voller Witz und triefender Ironie.

Dennoch schafft es diese kuriose „Sommernacht“ zweier im (privaten) Leben gescheiterter Mittdreißiger zwischendrin auch immer wieder zu berühren, ohne gleich schwermütig zu sein. Vielleicht ist das ja auch das Geheimnis dieses Abends, der seine Protagonisten am Ende wieder in die Esels- und Nymphenrolle im blumigen Garten Edinburgh vom Anfang zurückführt. Dorthin, nämlich, wo sich die vom Regen verwaschenen Illusionen nun in der glatten Oberfläche des Sees widerspiegeln.

Nicole Czerwinka

„Eine Sommernacht“, Societaetstheater Dresden, wieder am 27.1., 9.2., 10.2. und 17.3., je 20 Uhr

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Anprobe für einen Panzer

Dresdner stricken für den Frieden

Was geht denn da im Militärhistorischen Museum vor? Im September vergangenen Jahres haben die Geschäftsführerin von „Louisen Kombi Naht“, die 30-jährige Kristina Krömer, und die Vorsitzende des Vereins, die 28-jährige Barbara Niklas, ein ehrgeiziges Projekt auf die Beine gestellt, das sich nun seinem Ende nähert.

Sie wollen einen Panzer einstricken, um damit ein friedliches Zeichen gegen den Krieg zu setzen. Schnell hat es sich herumgesprochen, so gab es reichlich Wollspenden und noch mehr engagierte Strickerinnen.

„Masche für Masche arbeiten wir gemeinsam daran, dass sich das symbolische Netz einer friedlichen Gesellschaft um den Panzer legt und seine zerstörerische Kraft in unserem Wollgeflecht verstrickt wird“, beschreibt Niklas das Projekt. Pünktlich zum 11. Februar 2013 soll dann die Maschenhülle über den Panzer gezogen werden. Jenen Panzer, den sie vom Militärhistorischen Museum Dresden zur Verfügung gestellt bekommen und der auch dort ausgestellt wird.

Die Anprobe für die gestrickte Panzer-Hülle war nun am Dienstag (21.1.2013) um 16 Uhr direkt im Militärhistorischen Museum. Es ist erstaunlich, wie viel die Strickerinnen bisher geleistet haben. Bunt ist die Hülle. Und mit vielen Mustern. „Es sieht schon gut aus, aber es ist noch ein Stück Arbeit“, meinte Krömer zur Probe.

Foto & Text: Janine Kallenbach

 

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Wissenschaft trifft Wagner

Wagners Spuren (2) – Forschung im Fokus

Kaum hatte Clara Sanmartí ihre Masterarbeit im Fach Musikwissenschaft an der Technischen Universität Dresden fertig geschrieben, steckte die frischgebackene Absolventin auch schon mittendrin in der Vorbereitung einer wissenschaftlichen Tagung. „Mein Professor Hans-Günter Ottenberg schlug mir vor, ihn bei dem Richard-Wagner-Symposium in Dresden zu unterstützen“, sagt Sanmartí. Seit Oktober ist die junge Frau als Prof. Ottenbergs rechte Hand nun neben vielen Dozenten und Wissenschaftlern Mitglied im sogenannten „Wagner-Team“, das für die Vorbereitung des Symposiums verantwortlich zeichnet.

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Gespaltene Erinnerungen

Geteilter Himmel, Staatsschauspiel Dresden
Dreifache Rita, halber Spaß unter geteiltem Himmel in der Regie von Tilmann Köhler am Staatsschauspiel Dresden (Foto: PR/David Baltzer).

„Geteilter Himmel“ am Staatsschauspiel

Eine erwachsene Dame im grünen Kleid sitzt am Rand der Dresdner Schauspielhausbühne im hellen Licht. Mit der entspannten Geste der Erfahrung blickt sie auf ihr Leben zurück und fragt: „Wäre ich unter anderen Verhältnissen ein anderer geworden?“ Eine Frage, die sich wohl die allermeisten in diesem Raum, in Dresden im Jahr 2013, selbst schon gestellt haben. Es ist die Schlüsselfrage des Abends, eine ebenso persönliche wie politische Frage, deren Antwort immer irgendwo zwischen Hoffnung und Realität schwebt und nie richtig sein kann. Diese Frage ist auch der Schlüssel zu Felicitas Zürchers und Tilmann Köhlers Bühnenfassung von Christa Wolfs Erzählung „Der geteilte Himmel“ (1963), die am 19. Januar – 50 Jahre nach Erscheinen des gleichnamigen Buches – im Dresdner Schauspielhaus Uraufführung feierte.

In der Dresdner Bühnenfassung wird Wolfs berühmte Erzählung von dem Ende einer Liebe vor dem Hintergrund der Deutschen Teilung zu einem Konglomerat aus Erinnerungen. Der Prolog zu dieser Inszenierung entstammt Christa Wolfs Romanen „Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud“ (2010) und „Nachdenken über Christa T.“ (1968) und erweitert die eigentliche Erzählung um die Perspektive der heutigen, erkennenden Rückschau. Diese Rückschau, auch das Verschwimmen von Erinnerungen mit fortschreitender Zeit wird zum vorherrschenden Thema des Abends. Regisseur Tilmann Köhler stellt dabei gleich drei Rita-Figuren gegenüber. Er ergänzt die beiden bereits in der literarischen Vorlage angelegten Erzählebenen, die aktuelle Rita im Krankenhaus (Annika Schilling) und das frühere „Mädchen Rita“ (Lea Ruckpaul), also noch um eine dritte: die heutige Rita, verkörpert durch Hannelore Koch, die auch schon den Prolog zum Stück sprach.

Vor dem Schatten der Romanhandlung, die ja von einem jungen, geteilten Liebespaar handelt, wechseln die Erinnerungen der Figuren wie bunte Traumfetzen auf der Bühne. Mal spricht die Rita im Krankenhaus schwer atmend vom Erlebten, mal spielt das noch unbeschwerte Mädchen zusammen mit ihrem Manfred fangen, dann wieder blendet die heutige Rita ihre Erinnerungen an längst vergangene Tage ein. Immer wieder blickt die Inszenierung vor und zurück, wechselt dabei die Perspektiven der Rückschau auf das Erlebte. Ernsthafte Szenen wechseln mit komischen Situationen und Luftballons werden zu bunten Botschaftern vergangener Illusionen. Mal hängen die Wolken des einfachen, weißen Tuch-Himmels über der schrägen Bühnen-Ebene (Karoly Risz) höher, mal fallen sie tief und drohen die Figuren in ihrer modern bequemen Alltagskleidung (Kostüm: Susanne Uhl) fast zu ersticken. Zwischendurch dient das riesige Himmelstuch wieder als Fläche für geträumte Videoprojektionen, während sich der sonst leere Bühnenraum erneut mit Geschichten füllt.

Unter diesem Zelthimmel spielt jeder uns alle und hin und wieder auch Christa Wolf. So rackert sich Lea Ruckpaul beispielsweise beständig daran ab, in der Rolle des „Mädchens Rita“ endlich erwachsen zu werden. Sie zeigt dabei über weite Strecken eine schlecht dosiert selbstbewusste Rita, gibt sich als zartes 19-jähriges Mädchen eher grob als weiblich und spielt die von Christa Wolf als emotional beschriebene Figur mit erstaunlich kühler Distanz. Alle Emotionalität, alle Verzweiflung, aber auch selbstbewusste Entschlossenheit der Rolle bleibt dagegen Annika Schilling überlassen, die als immer noch junge, aber nach der Flucht ihres Verlobten Manfred im Krankenhaus liegende Rita, aus kurzem zeitlichen Abstand auf ihre Liebesgeschichte zurückblickt. Schilling nimmt den Zuschauer ebenso mit in ihre Geschichte hinein, wie die bedächtig aus der zeitlichen Distanz und heutiger Erfahrung zurückschauende Erzählerin Hannelore Koch. Unwillkürlich fragt man sich dabei, warum Köhler es nicht bei den beiden Perspektiven des Buches belassen wollte.

Dennoch ist sein Ansatz, die Erzählung in einer Mischung aus Zeit- und Perspektivsprüngen von heute aus zu betrachten, pfiffig. Das gibt Raum, eigene Erfahrungen der vergangenen 20 oder 50 Jahre zu hinterfragen und holt Christa Wolfs Erzählung elegant ins Jahr 2013, ohne sie zu entstellen oder zu verfremden. Köhler bewegt sich damit andererseits aber auch vom Kern der Vorlage, der Liebe unter geteiltem Himmel, weg. Die Bühnenfassung läuft so ständig Gefahr, den roten Faden, den Christa Wolf einst webte, in der mehrfach geschachtelten Rückschau zu verlieren. In der Aneinanderreihung von Erinnerungen kommt die Tragik der Protagonisten, die bei Christa Wolf so herrlich mitfühlen lässt, auf der Bühne zu kurz. Zwar lässt Matthias Reichwald den abgeklärt liebenden, aber am DDR-Alltag verzweifelnden Manfred in all seiner Subtilität überzeugend lebendig werden. Doch plauzen ihm die starken Schlussworte Ritas am Ende so schroff wie stocksteife Phrasen in einem sozialistischen Zeitungsbericht entgegen: „Der Himmel teilt sich zu allererst.“

Die Besonderheit der historischen Situation, Ritas ehrliche Hoffnung auf eine neue Zeit zwischen Kriegsende und Mauerbau ist dabei kaum herausgearbeitet. So droht die Inszenierung immer wieder an ihrer Vorlage vorbei, ins Beliebige abzudriften. Am Ende ist das Spiel mit den Erinnerungen noch immer dasselbe, wie am Anfang, denn bloße Rückschau, auch reflektierende, lässt keinen Raum für Entwicklung nach vorn. Die Frage nach der richtigen Entscheidung zwar noch im Gedächtnis bleibt Christa Wolfs Erzählung letztlich doch präsenter als dieser Theaterabend.

„Der geteilte Himmel“, am Großen Haus Dresden, wieder am 21. und 30. Januar sowie am 07. Februar, jeweils 19.30 Uhr

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Rätselhafte Musikmärchenstunde

Semperkönig auf Sinnsuche

Zum Jahresanfang lädt die Semperoper auf der kleinen Bühne „Semper II“ noch einmal zu einer philosophischen Märchenstunde ein. In Ernst K?eneks Oper „Das geheime Königreich“ (Foto: PR/Matthias Creutziger) begibt sich der König auf die sinnfällige Suche nach der Lösung für eine Rätselaufgabe, die ihm kein geringerer als der Narr an seinem Hofe stellte. Was ist wohl rund, glänzt, ist an einem Haupte und fasst eine ganze Welt in sich? Nur soviel sei an dieser Stelle verraten, die Königskrone ist nicht gemeint.

Das fünfzigminütige Märchenstück über Macht, Gier, Liebe und die Suche nach dem Glück ist mehr in der Realität denn in der Phantasie verankert und erfreut nicht nur die Kleinen mit einem zauberhaft wandelbaren Bühnenbild und königlichen Kostümen (Okarina Peter & Timo Dentler). Die großen Zuschauer bekommen obendrein – der Narr kündigt es gleich zu Beginn an – noch allerhand Stoff zum Nachdenken und Philosophieren mit auf den Heimweg. Denn keinesfalls handelt es sich hierbei um ein Märchen nach dem simplen Grimm-Schema, das stur in Gut und Böse unterteilt.

Verpackt in K?eneks moderne Musik des 21. Jahrhunderts, hält die Inszenierung von Manfred Weiß dabei eindrucksvoll die Waage zwischen Unterhaltung und Anspruch, wobei vor allem Hans-Joachim Ketelsen als trefflich naiver Monarch überzeugt, der sich doch zum Guten wandelt. Auch Norma Nahoun gibt eine grandiose Glitzer-Lady auf der Suche nach dem Glück ab. So werden die 50 Märchenminuten am Ende tatsächlich zu dem, was der Narr zu Anfang prophezeit: Ein gelungenes kleines Spiel mit „wenig Musik, Tanz und Gesang, und so viel zum Nachdenken.“

Nicole Czerwinka

„Das geheime Königreich“, Dresden, Semper II wieder am 14. und 16. Januar, 19 Uhr und am 19. Januar 16 Uhr, 22. Januar 18 Uhr.

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