Dresden im Herbstgoldschimmer

Innenstadtspaziergänge …

Noch einmal richtig warm, dafür aber schon reichlich golden lockte der Herbst am Wochenende wieder ins Freie. Nicht nur die Teilnehmer des Dresden Marathons freuten sich über diese kleine Pause vom Schmuddelwinterwetter …

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Meisterliche Musik im Kronensaal

Meisterkonzerte starten in neue Saison

Die „Meisterkonzerte“ auf Schloss Albrechtsberg laden seit 1993 zu einem anspruchsvollen Kammermusikgenuss im prachtvollen Kronsaal (Foto: PR) ein. Seit 2007 gehören sie zudem als fünfteilige winterliche Konzerreihe vor beziehungsweise nach dem Moritzburgfestival zum Dresdner Musikleben.

Unter der künstlerischen Leitung von Jan Vogler werden sie am 19. Oktober (20 Uhr)  mit einem Kammermusikkonzert auf Schloss Albrechtsberg nun in die Saison 2012/2013 starten. Musikalisch wird in dieser Jubiläumsspielzeit nicht nur die 20. Saison der „Meisterkonzerte“, sondern auch das bevorstehende 20-jährige Jubiläum des Moritzburg Festivals gefeiert. Im Gegensatz zu den vorherigen Konzertjahren, hat Jan Vogler die künstlerische Konzeption für die Jubiläumskonzerte am 19.10.12 und am 7.12.12. dieses Mal zurück an die Gründungsmitglieder des Moritzburg Festivals, Kai Vogler und Peter Bruns, übergeben.

So sind mit den Jubiläumskonzerten auch drei typische Moritzburg-Programme entstanden in denen auch langjährige Kollegen und Festival Künstler mitwirken.In drei farbigen Konzerten werden dabei typische Moritzburg-Programme präsentiert, die von jeweils einem Mitbegründer des Festivals  konzipiert wurden. Den Anfang macht Kai Vogler (Violine), der mit den Festivalkollegen Ulrich Eichenauer (Viola), Henri Demarquette (Violoncello) und Alfredo Perl (Klavier) am 19. Oktober 2012 Klavierquartette von Wolfgang Amadeus Mozart, Johannes Brahms und das Streitrio op. 45 von Arnold Schönberg interpretiert.

Neben den drei Jubiläumskonzerten werden weiterhin die junge Saxophonistin Asya Fateyeva sowie die renommierte Pianistin Mari Kodama im Rahmen der „Meisterkonzerte“-Saison 2012/2013 in Dresden zu Gast sein. (NC)

 

 

 

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Faszinierende Filmwelt aus Fernost

Die 10. Asiatischen Filmtage im Kino in der Fabrik

Es hat schon etwas von einem Kampf gegen Windmühlen, den Conny und Frank Apel vom Kino in der Fabrik da austragen. Doch unterkriegen lassen wollen sie sich nicht. Dafür sind sie einfach mit zu viel Herzblut bei ihrem kleinen Filmfestival dabei, auch wenn es so nicht mehr heißt.  Vor zehn Jahren riefen die beiden das „Asiatische Filmfestival“ ins Leben. Damals noch im Metropolis, einer Festivalzeit von drei Wochen und vielen Retroperspektiven. Doch die Zeiten ändern sich, nicht nur mussten die Apels das Metropolis aufgeben, sondern auch der deutsche Markt wendet sich in den letzten Jahren zunehmend vom asiatischen Film ab.  „Wir werden nicht um die Filme betteln“, sagt Frank Apel trotzig, „doch unsere Filmtage aufgeben werden wir auch nicht.“ Die asiatischen Filmfans dürften hier aufatmen. Und so haben sie allen Widerständen zum Trotz auch dieses Jahr ein interessantes Programm zusammengestellt.

Sie haben ihr Festival in Filmtage umbenannt und dürfen dieses Jahr das erste Mal eine Regisseurin zu ihrem Filmtagen begrüßen. Das birgt schon etwas Ironie. Die chinesische Regisseurin Xiaolu Guo wird am Samstag (20.10., 20 Uhr) bei der Dresdner Erstaufführung ihres in China verbotenen Filmes „Ufo in her Eyes“ anwesend sein. Ein kleiner Erfolg und große Bereicherung für die Filmtage. Schließlich setzt sich der Film auf interessante Art und Weise mit der Planwirtschaft, sozialistischen Ortsvorstehern und verstecktem Kapitalismus auseinander.

Doch Fakt bleibt, dass immer weniger Filme von den Kinoverleihen für die große Leinwand zur Verfügung gestellt werden. Deswegen arbeitet das KiF vermehrt mit Video- und DVD-Verleihen zusammen, um auch weiterhin den Dresdnern die Vielfalt des asiatischen Films zu präsentieren. Vor der eigentlichen Filmtage-Eröffnung zeigt das KiF den neuesten Bollywoodstreifen aus Indien „Joker“ (17.10., 20.15, 19.10., 17 Uhr) bevor es am Donnerstag offiziell mit einer „Kleinen Filmakademie“ (18.10., 20 Uhr) über den asiatischen Film und mit kulinarischen Genüssen los geht.

Fans sei die Hass-Trilogie, „Love Exposure“ (19.10., 19.30 Uhr), „Cold Fish“ (22.10., 19.30, 24.10., 19.30) und „Guilty of Romance“ (18.10., 17.00, 23.10., 21.45) des japanischen Regisseurs Sion Sono ans Herz gelegt. Oder das gelungene und sehr elegante Remake des 1962er Klassikers „Hara-Kiri – Tod eines Samurais“ (19.10, 21.45, 22.10, 21.45). Nicht zu vergessen sind die Filme von Kim Ki-Duk („Bin Jip“) oder Na Hong Li („The Chaser“). Bei über zwanzig Filmen in sieben Tagen fällt auch dieses Jahr die Wahl schwer. Zum Glück. Und so dreht sich nicht nur alles um „Bollywood – the greatest love story ever told“, Samuraii-Filme, südkoreanische Thriller, packende Dokus über chinesische Künstler, sondern am Ende einfach um eine faszinierende Filmewelt aus Fernost.

Janine Kallenbach

Linktipp: www.kif-dresden.de

Foto: REM aus „Bollywood-the greatest love story ever told“

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Fernsehturm ohne Geheimgesellschaft

Tellkamp-Buch: Vom Roman zum ARD-Zweiteiler

Mit furioser Eigenwerbung der öffentlich-rechtlichen Sender angekündigt, flimmerte der lang erwartete Zweiteiler zu Uwe Tellkamps Dresden-Roman „Der Turm“ (2008) am Tag der Einheit und dem Nacheinheitstag über die deutschen Bildschirme. Die Einschaltquoten von rund 7,5 Millionen (Marktanteil 21 Prozent) für den ersten und 6,3 Millionen (Marktanteil 19,7 Prozent) für den zweiten Teil rechtfertigen wohl auch für den Film die Bezeichnung als Bestseller.

Wie im Roman führt Regisseur Christian Schwochow die Zuschauer dabei zunächst per Standseilbahnfahrt hinauf in jenes Dresdner Viertel, das Tellkamp in seinem Roman zum gutbürgerlich abgegrenzten „Turm“ (Foto: N. Czerwinka) stilisiert. Mit flotten Schnitten haben die Filmemacher die Handlung des Wälzers auf zwei abendfüllende Filmeteile zusammengerafft, ohne die Vorlage dabei zu verhunzen. Die Abweichungen von der Romanhandlung sind nur gering und die paar eingefügten Szenen wirken eher erklärend, als störend. So wähnt sich Deutschlands Fernsehpublikum nach den gut 180 Filmminuten wohl glücklich, dass es sich die Lektüre der fast 1000 sprachlich teils zäh mäandernden Buchseiten über den DDR-Alltag in Dresdens Nobelviertel dank gesamtdeutschem Bildungsfernsehen nun ersparen konnte. Der Film erfüllt damit genau jene Hoffnung, die vor fast genau zwei Jahren bereits die gleichnamige Theaterinszenierung am Staatsschauspiel Dresden weckte – die mittels Schauspiel jedoch Lektüre nicht gänzlich ersetzen konnte, was Dresden und seine Gäste wiederum enttäuschte.

Der Handlungsort Dresden und sein Hirsch-Viertel aber – und das ist der eben große Unterschied zum Buch – spielen im Film allenfalls eine periphere Rolle. Die besagte Standseilbahnfahrt, ein Spaziergang auf den Straßen, eine Villa. Das ist neben den immer wieder eingeblendeten Panoramabildern auch schon alles, was von der Stadt im Film gezeigt wird. Im Gegensatz zum eigentlichen „Turm“ bekommt hier vielmehr das bei Tellkamp gegenüber angelegte (fiktive) „Bonzenviertel“ Ostrom mit roten Fahnen und Peter Sodann (als Barsano) ein Film-Gesicht. So rückt der sozialistische Staatsapparat vor einer Art türmerischer Geheimgesellschaft auf dem Bildschirm über weite Strecken in den Vordergrund.

Denn anders als im Roman steigen die Figuren in Thomas Kirchners Drehbuch von Anfang an von diesem Turm hinunter. Zwar sind die Hoffmanns, Rohdes und Tietzes (der Film wirft für Buchunkundige blitzschnell mit unzähligen Namen um sich) ebenfalls Intellektuelle und Ärzte, jedoch hat der Nischencharakter von Tellkamps „Turmgesellschaft“ (die es übrigens auch schon bei Goethe gab) auf dem Hirsch über den Dächern von Dresden im Film-„Turm“ kaum noch Bedeutung. Im Gegenteil: Die im Buch so bildhaft beschriebene Hermetik des Stadtviertels wird bei Schwachow zugunsten der Handlung und präziser Charakterdarstellungen (zumindest der Hauptpersonen) zurückgedrängt. Auch die Tellkamp‘sche Walpurgisnacht, in der sich Turmgesellschaft und Oströmer am Ende des Romans rauschhaft begegnen, wird eliminiert. Die bröckelige Umgebung der mit Antiquitäten und Kunst vollgestopften Villenstuben ist damit nur mehr Kulisse für das nackte Handlungsgerüst. Und dass dieses auf den heimischen Bildschirmen auch ohne den literarischen Schnickschnack drum herum funktioniert, ist wohl vor allem der Verdienst der grandiosen Darsteller sowie eines ausgefeilten Gestaltungskonzeptes, das immerhin Raum für kleine Anspielungen auf einige der literarischen Leitmotive der Romanvorlage (etwa Umweltverschmutzung und Naturbilder) lässt. Was man freilich nur dann erkennt, wenn man sie denn gelesen hat.

Das ist für Dresden und die (Primetime ARD-) Fernsehzuschauer, auch für Buchleser und offenbar sogar für den Autor selbst zu verschmerzen. Denn letztlich wirft der Film ja nur eine andere Perspektive auf das Buch, eine Perspektive, die der Roman aber durchaus in sich selbst widerspiegelt – obwohl man sich bei manch schnellem Szenenwechsel doch fragt, ob Nicht-Roman-Kenner alle Handlungsstränge noch nachvollziehen können. Was allein an dieser Perspektive stört, ist nicht dem Film und schon gar nicht dem detailreichen Roman geschuldet. Es ist allein der Anspruch, der in allen Ankündigungsinterviews und Filmvorschauen – sie sind bis heute in einer umfassenden Mediathek im Internet nachzulesen – an diesen Stoff gestellt wird. Zwischen den Zeilen nämlich erweckt dieses öffentlich-rechtliche Bonusmaterial einmal mehr den Eindruck, Tellkamps buchpreisgekröntes Werk solle nun, 22 Jahre nach der Wende, einem Massenpublikum via Filmabend vor der Flimmerkiste dazu verhelfen, die DDR und ihren Alltag posthum zu verstehen, ohne ihn dabei zu gleich wieder zu verklären. Dafür gab es auch schon andere, hochgelobte Beispiele. Erfüllt wurde diese Erwartung aber dennoch nie. Wer den „Turm“ allerdings ohne die Sehnsucht nach derlei historischen Erklärungen sieht, wird in ihm nicht nur eine geglückte Romanzusammenfassung, sondern auch einen packenden Film, eben eine „Geschichte aus einem längst versunkenen Land“ entdecken.

Nicole Czerwinka

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Shakespeare für Hartgesottene

Titus Andronicus, Staatsschauspiel Dresden
Titus Andronicus poltert in einer deutsch-polnischen Kooperation am Kleinen Haus Dresden (Foto: PR/Natalia Kabanow).

„Titus Andronicus“ am Kleinen Haus

Shakespeares „Titus Andronicus“ ist ein vulgäres Stück über Rache und Krieg. Es gilt als Shakespeares blutigstes Drama ohne Moral und ist vermutlich auch deswegen vom Theater der Neuzeit über Jahrhunderte hinweg an den Rand der Vergessenheit gedrängt worden. Eine Kooperationsarbeit des Staatsschauspiels Dresden und des Teatr Polski Wroclaw holt es von dort zurück auf die Bühne. Und wie. Der polnische Regisseur Jan Klata – in seiner Heimat kein Unbekannter – serviert mit seiner Inszenierung in Wroclaw und Dresden eine wuchtig-schonungslose Theaterproduktion, an der sich die Geister scheiden – weil sie nicht schön, aber anders ist und Shakespeares Vorlage dabei trotzdem durchaus gerecht zu werden scheint.

Es ist ein theatrales Feuerwerk mit grellem Blitz und lautem Donner, das hier zweieinhalb Stunden lang auf das Publikum niederprasselt. Ein wahrhaft vulgäres und abstoßend gewalttätiges Stück, skurril, schräg, bösartig und kompromisslos, brutal und dennoch gelungen zweisprachig inszeniert. Der Kampf zwischen Römern (Titus Andronicus) und Goten wird hier auf einer düsteren Bühne ausgetragen. 21 Sargkisten fallen zu Beginn laut krachend unter militärischem Marschgeklapper auf die Bühne, sie stehen für die 21 Söhne, die Titus der Sieg über die Goten gekostet hat. Als er anschließend den Sohn der Gotenkönigin Tamora als Brandopfer tötet und diese dann auch noch den neu ernannten Römischen Kaiser ehelicht, nimmt das blutige Rachedrama seinen Lauf.

Barbarische Gewaltszenen, verpackt in einen schrillen Diskosound, der ab und an mit militärischen Stechschritten kombiniert wird, um das Ganze auf allen Sinnesebenen ja noch wuchtiger zu gestalten, zeigen hier den verbitterten Rachefeldzug zwischen Goten und Römern. An dessen Ende steht das kannibalische Fressen des Gegners, ohne Moral. Auch bei Shakespeare. Nur dass sich hier anstatt der Römer, Deutsche in mit Wehrmachtstechnik bedruckten Shirts und Polen als barbarische Goten in Hawaiihemden gegenübertreten und gegenseitig niedermetzeln – wobei die Derbheit des Stückes auf die gestalterische Spitze getrieben wird. Da fliegen abgehackte Hände über die Bühne und Babys werden verspeist, die stumme Lavinia kehrt blutig vergewaltigt aus den Klauen der Goten zurück. Dazwischen lugt nur ab und zu ein Stück vergnügliche Ironie hervor, meist in Zweisprachigkeit verpackt, die zur Abwechslung ein paar müde Lacher provoziert.

Wirklich menschlich ist keine dieser Figuren auf Bühne, alle handeln brachial und übertrieben, offenbar von niederschmetternden Emotionen geleitet, die an Amokläufer aus dem Fernsehen erinnern. Das zweisprachig mit wirkungsvoll auf weißer Leinwand arrangierten Übertiteln angelegte Stück kommt dabei über lange Strecken nahezu ohne Text aus. Nur das Wichtigste wird gesagt, der Rest ist grell lautstarkes Effekttheater. So ist es am Ende denn auch egal, ob sich Römer und Goten oder Deutsche und Polen auf der Bühne gegenüberstehen, werden hier doch schließlich ohnehin bloß Extreme ohne Graustufen gezeigt, die jeder Hoffnung auf Besserung oder gar Läuterung entbehren.

Die schauspielerische Leistung ist dabei durchweg grandios, schade nur, dass das Publikum in der Wucht der Inszenierung davon größtenteils unberührt bleibt. So wartet etwa Torsten Ranft als Titus-Bruder Marcus Andronicus immer wieder mit keckem Lautklamauk auf und erscheint wie ein in die Handlung verwobener Erzähler, zu dem Wolfgang Michalek als Titus eher in den Hintergrund rückt – wenn er nicht gerade mal wieder lauthals brüllend Rache übt. Und während Paulina Chapko als geschundene Titus-Tochter Lavina in ihrer stummen Opferrolle physisch und psychisch gefesselt auf der Bühne steht, tigert Ewa Skibinska als hinterlistige, erotisch laszive Verführerin und fahrig-gedankenversunkene Rache-Kaiserin über die Bühne.

Die wiederum ist mit den 21 Holz-Sarg-Kisten und der weißen Leinwand im Hintergrund so einfach wie wirkungsvoll gestaltet. Das Bühnenbild von Justyna Lagowska-Klata wird von den kunstvoll arrangierten Übertiteln regiert und gibt trotz oder dank seiner Kargheit viel Raum für Bilder, die die Handlung um Krieg, Rache und Politik eben heraufbeschwört. Die größte Rolle in diesem Reigen aus kriegerischen Grausamkeiten nimmt jedoch immer wieder die Musik ein, die mal laut wummernd, dann wieder ironisch stimmungsvoll („Flames of Love“), immer aber überlaut tönend Raum greift, sodass der krude Machtkampf ähnlich einem Krieg auf der Diskotanzfläche erscheint.

Bei all dem bleibt die Inszenierung dennoch schockierend, abstoßend, grell überzogen und grausam laut, auf ihre Weise jedoch faszinierend zugleich werden diese zweieinhalb Stunden keine Minute langweilig. Dem gern vergessenen Bastard unter Shakespeares Stücken mag das vielleicht gerecht werden, ob es in aller Wuchtigkeit und Brutalität jedermanns Sache ist und so wie zu Shakespeares Zeit auch heute ein großes Publikum begeistern kann, ist dagegen fraglich.

„Titus Andronicus“ am Kleinen Haus Dresden, wieder am 06.10., 19.30 Uhr; 07.10., 19 Uhr; 10.11., 19.30 Uhr und 11.11., 19 Uhr

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Drei Gesichter der Johanna

„Eine Reise zu Jeanne d’Arc“ in Radebeul

Vor 600 Jahren in Lothringen geboren, befreite Jeanne d’Arc ihre Heimat Frankreich im Hundertjährigen Krieg von den Engländern, wurde von selbigen später auf dem Scheiterhaufen verbrannt und noch einmal rund 450 Jahre danach posthum selig gesprochen. Seit Jahrhunderten schon schillert der Mythos dieser historischen Figur nun in den verschiedensten Farben. Drei Facetten der Legende Jeanne d’Arcs, nämlich drei Theateradaptionen ihres Mythos, hat Regisseur Arne Retzlaff an den Landesbühnen Sachsen nun mit „Johanna – Stimmen, eine Reise zu Jeanne d‘Arc“ im sakralen Raum der Radebeuler Lutherkirche zu einem neuen Stück vereint.

Mit Schillers „Jungfrau von Orleans“ (1801), Jean Anouilhs „Jeanne oder die Lerche“ (1953) und Felix Mitterers „Johanna oder die Erfindung der Nation“ (2002) stehen hier drei Dramenausschnitte aus drei Zeiten mit drei unterschiedlichen Sichtweisen auf Johanna im Mittelpunkt. Sandra Maria Huimann mimt Schillers jungfräuliche Kämpferin mit der nötigen Unerbittlichkeit und stellt so zu einen klaren Kontrast zu Anouilhs Heldin (Dörte Dreger) dar, die ein beherztes Plädoyer für die Menschlichkeit hält, anstatt das Schwert zu ziehen. Die verheerendste Zuspitzung der Johanna-Figur ist jedoch die des Österreichers Mitterer. Julia Vincze verleiht diesem traurigen Spiegelbild der körperlich und geistig geschwächten Kämpferin die nötige Mischung aus Willen und Verzweiflung.

Im Hintergrund wechseln dabei in flottem Tempo, trotzdem stets gut nachvollziehbar, die Nebenrollen auf der an schlichte Puppentheaterkulissen erinnernden Bühne (Stefan Wiel). Der Vordergrund bleibt stets ganz den Johannen vorbehalten. Die Drittelung des Stoffes indes ist deutlich herausgearbeitet, in sich aber trotz der Zeit- und Handlungssprünge überraschend stimmig – und regt gewiss zur weiteren Reflexion dieses Mythos an.

Nicole Czerwinka

„Johanna – Stimmen, eine Reise zu Jeanna d’Arc“ an den Landesbühnen Sachsen, wieder am 30. September, 11. und 13. Oktober, jeweils 19.30 Uhr in der Lutherkirche Radebeul

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Die Türkei zu Gast in Dresden

Societaetstheater lädt zu Europa-OFF-Fest

Theater- und Musikkünstler aus der Türkei sind dieser Tage mit einem vielseitigen Programm in Dresden und Leipzig zu Gast. Unter dem Titel „Off Europa: Türkei urban“ haben sich das Societaetstheater Dresden und das LOFFT in Leipzig zu einem Deutsch-Türkischen Theaterfestival mitten in Sachsen zusammengetan. Bis zum 21. September ist in beiden Städten eine Auswahl von jungen türkischen Theateraufführungen, Performances, Tanzdarbietungen, Filmen und Musik zu erleben, die den Facettenreichtum aus der freien Tanz- und Theaterszene der Türkei, insbesondere Istanbuls an hiesige Theater (Foto: PR) bringt.

Diese Inszenierungen stammen größtenteils aus Istanbul, sie handeln von Aufbrüchen, Emanzipationsschritten und Momenten der Befreiung. Insbesondere junge Künstlerinnen befragen ihre noch immer fragile Stellung in der türkischen Gesellschaft darin selbstbewusst und bezwingend (z.B. in „Aptal, Siridan, Ve Suclu“/„Dumm, Gewöhnlich und Schuldig“). Doch auch ihre männlichen Kollegen zeigen sich reflektierend und sensibel, beispielsweise in Performances, die sich einer Dialogbereitschaft mit dem Publikum verschrieben haben („Sen Balik Degilsin Ki“/„You Are Not A Fish After All“).

Zudem haben die deutschen Theaterleute auch ganz bewusst Künstlerinnen und Künstler mit türkischen Wurzeln eingeladen, die in Städten wie Amsterdam, Berlin oder Hamburg leben und arbeiten sowie in manchen Fällen auch schon außerhalb der Türkei geboren wurden. Der Hip-Hop-Rapper Volkan T. und der Tänzer, Performer und Choreograf Melih Gencboyaci sind nur zwei Beispiele dafür. (NC)

Linktipp & Programm: www.offeuropa.de

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„Turm“-Film zum Einheitstag

Tellkamps Dresden-Saga in der ARD

Die Figuren aus Uwe Tellkamps Dresden-Roman „Der Turm“ (2008) werden am 3. und 4. Oktober im Fernsen zu Leben erwachen. Anlässlich des Tages der Deutschen Einheit wird das in der Wende-Zeit angesiedelte Familienepos des Dresdner Autors als Zweiteiler in der ARD ausgestrahlt (jeweils 20.15 Uhr). Der von der Firma teamWorx produzierte Film ist rund 180 Minuten lang und folgt im Wesentlichen der Romanhandlung, die das Leben des Dresdner Bildungsbürgertums zwischen 1982 und 1989 behandelt und vor allem im Dresdner Stadtteil Weißer Hirsch (Foto: NC) spielt.

Die Dreharbeiten zu dem Film fanden 2011 auch in Dresden und Umgebung sowie in Görlitz, Bad Düben, Pilsen (CZ) und Berlin statt. Als Hauptdarsteller standen dabei Jan Josef Liefers und Claudia Michelsen vor der Kamera. Zusammen mit Roman-Autor Uwe Tellkamp und Regisseur Christian Schwochow feiern sie bereits am 24. September im Parkhotel am Weißen Hirsch in Dresden Gala-Premiere des Films. Am 28. September wird „Der Turm“ dann auch in Berlin vorgestellt. Zwei Jahre zuvor feierte „Der Turm“ bereits als Theateradaption in zwei Versionen am Staatsschauspiel Dresden sowie in Wiesbaden Premiere. (NC)

Linktipp: www.mdr.de/der-turm/index.html

MDR-Interview zum Film: www.mdr.de/mdr1-radio-sachsen/audio350440.html

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Junger Mut zur Andersartigkeit

„Apollo und Hyacinthus“ im Labortheater

Am Anfang war es nur eine Schnapsidee. Eine A-cappella-Oper für Dresden sollte es werden, ein neues, wagemutiges Projekt, das sich Regiestudent Toni Burghard Friedrich zusammen mit seinem Freund Michael Blessing, Student für Musikpädagogik und Leiter des Jazzchores Dresden, eines weinseligen Abends vornahm. „Das war so eine Idee unter befreundeten Künstlern, weil Michael einen Chor leitet“, sagt Toni Burghard Friedrich. Der gebürtige Zittauer ist 22 Jahre alt, hat sein Abitur in Dresden gemacht und studiert derzeit Regie für Oper und Schauspiel in Wien. Gemeinsam mit Blessing begann er flugs, ein geeignetes Team für das mutige Vorhaben zusammenzusuchen. Sie bemühten Kontakte zu den Dresdner und Leipziger Musikhochschulen sowie zur Hochschule für Bildende Künste (HfBK) in Dresden und fanden dort rund 25 junge Leute – allesamt Studenten, zwischen 20 und 27 Jahren alt – die seit März einen Verein namens „szene12“ bilden.

Allein das Vorhaben einer A-cappella-Oper entpuppte sich schnell als zu komplex für eine zeitnahe Aufführung, sodass die abendliche Schnapsidee unter der szene12-Flagge binnen eines Jahres schließlich zu einem sorgfältig geplanten, langfristig angelegten Musiktheaterprojekt für Dresden heranwuchs. Einmal im Jahr wollen die Studenten nun jeweils in den Semesterferien ein ebenso junges wie unkonventionelles Musiktheaterprojekt für die Stadt auf die Beine stellen.

Die Uraufführung der A-cappella-Oper „Serpentina“ nach E.T.A. Hoffmanns „Der goldene Topf“ vertagten sie also kurzerhand auf 2014 – wobei sie fortlaufend daran weiterkomponieren. Statt Hoffmanns Romantiknovelle wird szene12 am Donnerstag (13.9.) nun zunächst Mozarts ersten, sonst kaum gespielten Opernstreich „Apollo und Hyacinthus“ (1764) in einer jugendlich-ausprobierfreudigen Version mit neuem Leben erfüllen. Dank ihren Mitstreitern, den HfBK-Studenten Leonore Pilz und Dennis Ennen, die für Bühne und Kostüm verantwortlich zeichnen, war mit dem Labortheater der HfBK denn auch schnell ein geeigneter Aufführungsort gefunden.

In singspielhafter Weise haben die Studenten Mozarts Oper mit dem eher unbekannten Lustspiel „Der vermeinte Prinz“ (1674) von Kasper Stieler gepaart. Die Idee dazu kam Toni Burghard Friedrich in einem Theaterseminar in Wien. „Thema des Lustspiels ist ein König, der seine Tochter als männlichen Thronfolger erziehen lässt. Bei uns werden beide Werke auf Mozarts musikalischer Grundlage zu einem neuen Stück vereint“, sagt er. Solch ungewöhnliche Perspektiven auf kaum gespielte Stücke sowie besondere Aufführungsorte und experimentelle Ideen sind das Anliegen des Vereins. Szene12 will anders sein als die etablierten Hochschulinszenierungen in Dresden, freier, auch mutiger. „In jedem anderen Theater würde man vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn wir alle Rezitative einer Oper kürzen. Aber das ist eben das Schöne an unserem Verein, dass wir hier ganz frei mit unseren Mitteln spielen dürfen“, sagt er.

Die Zielgruppe für dieses Musiktheaterexperiment kann der junge Regisseur dagegen nur schwer bestimmen. Seine Inszenierung wird nur vom Klavier begleitet und stellt den Gesang in den Mittelpunkt. Sie sei nicht kitschig, aber schon verspielt, sagt Friedrich – und ergänzt: „Ich denke trotzdem, dass unser Mozart auch eine Oper für Einsteiger ist.“

Seit August laufen die Proben im Labortheater (Foto: PR). Doch damit nicht genug. Denn auch über die aktuelle Mozart-Aufführung und das A-cappella-Projekt von 2014 hinaus gebe es im Verein schon zahlreiche Ideen für weitere Inszenierungen, für deren Realisierung Mozart allenfalls den Auftakt bildet.

Damit dieser gelingt, feilen die Studenten mit viel Herzblut und Liebe zum Detail an der Inszenierung ihrer Minioper, die mit einem Minibudget von rund 400 Euro und von allen Beteiligten neben dem Studium unentgeltlich realisiert wurde. „Jeder hat für das Projekt so viel er kann in den Topf geschmissen“, sagt Friedrich. Das musste für Kostüme, Bühnenbild, den Druck von 2000 Flyern und Plakaten sowie die Verpflegung des Ensembles reichen. Die Webseite mit Probentagebuch erwuchs in Eigenregie des Regisseurs, das Labortheater stand dem jungen Team zudem in allen technischen Fragen zur Seite. Auch wird das szene12-Projekt für viele der Mitstreiter als Studienleistung für den bevorstehenden Master-Abschluss anerkannt. Für die kommenden Projekte wollen sie dennoch nach und nach Sponsoren finden.

Zunächst gilt es jedoch erst einmal, das Pilotprojekt erfolgreich über die Bühne zu bringen. Zur Premiere am Donnerstag sind die rund 120 Plätze im Labortheater – wohl auch dank eines lokalen Fernsehbeitrages – bereits ausverkauft. Für die beiden Folgevorstellungen am 14. und 15. September gibt es noch Karten zum Preis von neun Euro (ermäßigt sechs Euro). Nach den drei Aufführungen in dieser Woche soll „Apollon und Hyacinthus“ zudem auch im Mai 2013 noch einmal in Dresden zu sehen sein. Außerdem sind im kommenden Jahr Gastspiele in Berlin, Wien und Flensburg geplant. Anschließend beginnen dann nahtlos schon wieder die Proben für das nächste szene12-Stück. Ein Kantatentriptychon soll es werden, das steht bereits fest. – Und da sage noch einer, Schnapsideen seien unfruchtbare Stammtischgewächse.

 (erschienen in DNN vom 11.09.2012)

„Apollo und Hyacinthus“, am 13., 14., 15.9.2012, 20 Uhr im Labortheater, Karten zu 9 (ermäßigt 6) Euro unter Tickets@szene12.de sowie an der Abendkasse

Linktipp: www.szene12.de

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Norwegische Autoren lesen in Dresden

Lange Nacht der nordischen Literatur

Nordische Autoren werden am 31. August (19 Uhr) in Dresden zu Gast sein und aus ihren Werken lesen. Die Lesung im Literaturhaus Villa Augustin findet im Rahmen einer Lesungsreihe namens „Schriftproben – lange Nacht der nordischen Literatur“ statt, bei der vom 30.8. bis 7.9. deutschsprachige und nordische Autoren in Berlin, Stuttgart und Dresden zusammentreffen. Initiiert wird das Ganze unter der künstlerischen Leitung von Susan Bindermann, Literaturagentin, und Moritz Malsch, Leiter der Lettrétage Berlin.

„Das Literaturhaus Villa Augustin pflegt schon seit Längerem engen Kontakt mit dem Berliner Literaturhaus Lettrétage. Dieses hat uns nun als Kooperationspartner für Schriftproben hinzugeholt“, sagt Jan Göthlich vom Dresdner Literaturhaus.

Insgesamt 15 Prosa-Autorinnen und Autoren zwischen 25 und 40 Jahren, die aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden, Österreich und Deutschland kommen und sich in den literarischen Szenen ihrer Länder bereits einen Namen gemacht haben, stehen bei Schriftproben im Mittelpunkt. Sie sprechen über individuelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedingungen des Schreibens, diskutieren untereinander ihre jeweiligen poetologischen Positionen und stellen erstmals übersetzte literarische Texte öffentlich vor. Daneben erhalten die nordeuropäischen Teilnehmer über die vielfältigen Termine des Rahmenprogramms die Gelegenheit, wichtige Institutionen der deutschen Literaturlandschaft kennenzulernen.

In Dresden werden dabei zehn Autoren aus Dänemark, Schweden, Norwegen, Island und Finnland ihre Werke vorstellen. Unter anderem werden die norwegischen Autoren Dan Aleksander Andersen und Benedicte Meyer Kronberg über ihre Werke reden. Aus Schweden sind Eiríkur Örn Norddahl und Haukur Már Helgason mit von der Partie. Die Lesungen finden in Originalsprache durch die Autoren und in deutscher Übersetzung durch Schauspieler statt.

Alle Lesungen können anschließend als Podcast heruntergeladen und per Livestream mitverfolgt werden. Geplant ist zudem, im Anschluss an die Konferenz die Texte in Übersetzung als Anthologie zu veröffentlichen.

Nicole Czerwinka

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