Imaginationen von nebenan

Mit einer Ausstellung im Lipsiusbau geht die „Tschechische Saison“ ins Finale

Phantasie ist der Ausgangspunkt nahezu jeder kreativen Aktion. Egal, ob an einer Installation Tausende Lämpchen blinken oder sich Linien auf einem Ölgemälde zu einer schattierten Fläche mit Fischen und Wasser zusammenfügen: Am Anfang war zunächst die Idee, eine Vision, die sich mittels Vorstellungskraft allmählich zu einem Werk formte. Ausgehend von diesem Gedanken vereint die Ausstellung „Alle Macht der Imagination!“ in der Kunsthalle im Lipsiusbau bis 9. Juli 2023 Werke von 51 tschechischen Künstlern über eine Zeitspanne von den 1910er Jahren bis heute. 

Die Exposition ist zugleich der Höhepunkt der Tschechischen Saison in Dresden, einem Festival das bereits im Sommer 2022 begann und in loser Folge Veranstaltungen wie Konzerte, Diskussionen, Theater in die Stadt brachte. Dazu gehörte auch die Installation eines überdimensionierten Hundes von František Skála im September am Königsufer ebenso wie die metallenen Pferde und Leoparden von Michal Gabriel, die bis vor Kurzem noch am Brühlschen Garten die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zogen.

Im Lispiusbau gibt es nun ein buntes Allerlei aus Malerei, Zeichnungen, Grafik, Skulptur, Plastik, und Installationen, Textil- und Glaskunst bis hin zu Video und Filmprojektionen zu sehen. Alles, was die Werke eint, ist die tschechische Herkunft ihrer Schöpfer sowie eine tiefe Sinnlichkeit, mit der sie ihre Sicht auf die Welt beschreiben. Sie spiegeln auf expressive Weise die Wahrnehmung der Künstler wider und zeigen wie etwa Josef Bolfs „Rückspiegel“ kontrastreiche Kopflandschaften.

Es dominieren kräftige Farben, raumgreifende Installationen wie Magdalena Jetelovás „Resonances“ oder die Glühbirnen von Krištof Kintera, aber auch düstere, grüblerische Werke, die teils an berühmte Vorbilder wie Salvadore Dalí erinnern. Es geht um Körperlichkeit und Verletzung, einen individuellen Platz in der Welt. In den früheren Werken scheinen zudem die Erfahrung und Bedrohungen des Krieges auf. So etwa David Kouteckýs „Kaffeehaus aus der Zwischenkriegszeit“, das in seiner ganzen Morbidität mit teils zerrütteten Mobiliar gleich im Vorraum Dresdner Erinnerungen an Erzählungen vom Angriff wachrüttelt.

Poetisch und hintersinnig führen die Werke uns in die Kunsthistorie unseres Nachbarlandes, offenbaren Überraschendes, erzählen ironische Geschichten aus dem Alltag wie etwa Ivan Pinkavas „Absturz des Algorithmus“ oder greifen förmlich nach den Sinnen der Besucher, wie Martin und David Kouteckýs „Atelier des avantgardistischen Malers Zloutek samt seiner Wohnung, Küche und Toilette“, in die einzutreten dem Eindringen in eine persönliche Lebensgeschichte gleicht. Noch stehen die Pinsel auf dem Regal, befinden sich zwei Weingläser, schon angenippt, auf dem Sims hinter dem Sofa. Wann hat der Künstler diesen Ort verlassen oder steht er etwa noch neben uns? Alles eine Frage der Imagination!

„Alle Macht der Imagination“ bis 9. Juli im Lipsiusbau, geöffnet Di-So 10-18 Uhr, Tickets hier.

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