In Dresdens Friedrichstadt ist die Streetart zu Hause
Neubauten, Altbauten, abgebrochene Mauern, schäbige Brandwände. In der Dresdner Friedrichstadt war das einmal. Denn der einst graue Stadtteil zwischen Altstadtgürtel, Pieschen und Löbtau hat sich längst zum heimlichen Szene-Viertel gemausert. Mit dem Kraftwerk Mitte ist in der unmittelbaren Nachbarschaft der Musikhochschule nicht nur ein neues Kulturzentrum entstanden, in dem seit 2016 Theater, Musik und Film zu Hause sind. Die Friedrichstadt beherbergt zudem die größte Streetart-Galerie Europas.
Ja, richtig gehört! Bunte Graffitis, wohin das Auge sieht. Die Mauern der Friedrichstadt dienen jedoch nicht nur lokalen Sprayern als Leinwand. Viele der Werke stammen aus den Dosen international aktiver Graffitikünstler, die hier in den vergangenen 11 Jahren eine Art Out-Door-Museum ihrer Szene geschaffen haben, das es als lebendiger Kunstspot auf seine Art längst mit den Sammlungen der Alten und Neuen Meister aufnehmen kann.
Manches Bild zeigt sich erst auf den zweiten Blick, andere springen dem Betrachter schon von Weitem ins Auge. Seit die Straßen der Friedrichstadt sich 2011 im Rahmen des Projekts „RAUM City Bilder – Kunst auf Brandwänden“ zur Streetart-Galerie wandelten, braucht man hier jedoch nicht mehr nach Graffitis suchen.
Der Dresdner Streetart-Künstler Jens Besser lud im Rahmen dieses Projekts 18 internationale Kollegen seiner Zunft dazu ein, in dem Viertel gemeinsame Sache zu machen. Jeweils zwei Künstler gestalteten ein Graffiti zusammen – so entstanden binnen eines Jahres allein zehn großflächige Murals und zahlreiche kleinformatigere Graffitikunstwerke im Karree von Walther-, Behring-, Wachsbleich- und Schäferstraße.
Künstler wie Kenor & H101 aus Barcelona, Graphic Surgery aus Amsterdam, Saddo & Other aus Bukarest und Montreal oder Frm Kid & Otecki aus Breslau haben der Friedrichstadt mit ihren Werken nicht nur Farbe verliehen, sondern den Stadtteil zu einem noch viel zu wenig beachteten Zentrum der Graffitikunst wachsen lassen. Und dieses Wachstum hält bis heute an.
Es lohnt sich also, die Mauern der Friedrichstadt bei einem Bummel einmal genauer in den Blick zu nehmen. Ist der erst für die bunte Kunst aus der Spraydose geschärft, dann zeigt sich, dass die moderne Streetart hier an allen Ecken ein Zuhause gefunden hat.