Jens-Uwe Sommerschuh schreibt Kolumnen und Bücher
Ein doppelter Espresso in der Sonne Italiens, neben der Tasse der Laptop – und schon füllen sich die Zeilen, entsteht Buchseite um Buchseite. Die Finger tippen, die Tastatur klappert, die Gedanken kreisen. Landschaften und Charaktere fließen in Worte, bald wird daraus ein neuer Roman. Jens-Uwe Sommerschuh (Foto: Antonia S.) ist in Dresden als Kolumnist und Autor bekannt. Sein neuestes Werk heißt „Mimi“. Inspiriert ist es vom Leben, der Liebe und vielen Reisen durch die Welt.
Woran arbeitest Du gerade?
Nachdem nun „Mimi“, mein dritter Roman, ab dieser Woche im Handel ist, arbeite ich an einem neuen Roman, der unter anderem in Süditalien spielt, auf Sizilien und kleineren Inseln. Arbeitstitel ist „Morgenthaus Tochter“ oder „Die Insel“ – er handelt von einer Frau, die ihren Vater sucht und nach und nach feststellt, dass er in krumme Sachen verwickelt war. Auf der Insel, die aus einem erloschenen Vulkan besteht und sehr schroff ist, wird sie von den meisten der hundert Einwohner mit Argwohn betrachtet … Aber mehr ist dazu noch nicht zu sagen, denn das ist noch in der Frühphase. Derzeit fordert „Mimi“ noch viel Energie, Buchpremiere ist am Donnerstag (9. 6.) und weitere Lesungen gibt es u. a. in Tharandt am 5. 7. in der Buchhandlung Findus … Außerdem bereite ich gerade ein Buch mit Kolumnen vor, das Ende September oder im Oktober erscheinen soll. Und da ich in meinem anderen Schreibberuf Musikkritiker bin, habe ich nach wie vor viele Konzerte, über die ich für die SZ Rezensionen schreibe. Bei den Dresdner Musikfestspielen hatte ich in knapp vier Wochen zwölf Konzerte. In nächster Zeit bin ich auch wieder jeden Sonnabend im Konzertsaal und schreibe dann jeweils am Sonntag die Kritik …
Was ist Dein Antrieb dabei?
Unterschiedlich … Wenn ich über Musik schreibe, möchte ich, im Sinne einer eher bescheidenen Dienstleistung, auf Werke und Interpretationen aufmerksam machen, zeigen, wie gut Musik der Seele tun kann, Hintergründe andeuten, Absichten der Komponisten, der Interpreten, das Besondere sichtbar machen, Freude teilen. Das gilt auch, wenn ich über Kunst oder Bücher anderer Autoren schreibe … Teilen, wie man nicht nur bei Facebook sagt. Es geht mir weniger um Bewertung, Beurteilung. Anders ist das bei meiner literarischen Arbeit. Da will ich Figuren ersinnen, und wenn sie dann leben, in ihrem Ambiente zeigen und sich bewegen lassen. Das ist wirklich Schöpfung, ein Spiel mit der Fantasie, mit Schauplätzen, Situationen. Dann wird es psychologisch … Warum verhalten die sich so. Wie kommen sie da raus. Viele Fragen. Die nicht immer eine Antwort haben … Außerdem gibt mir das Fabulieren die Chance, Ansichten und Werte zu vermitteln, viel stärker, als das im Journalismus möglich ist – weil es in Charaktere und Handlungen eingebettet ist: Toleranz, Selbstachtung, Eigenständigkeit, Würde, Fähigkeit zum Genuss, Ertragen von Schwierigkeiten und Härten. Ich zeige, dass es sich lohnt, sich nicht verbiegen zu lassen und Dinge nur so zu tun, wie eine Mehrheit sie tut. Und ich kann dem subtilen Witz, dem Humor Raum geben. Mein Erzähler hat etwas Schalkhaftes und neigt zur Selbstironie – man muss sich nämlich nicht immer selbst so furchtbar wichtig nehmen. Das zielt gegen die Verbissenheit, mit der viele Themen in der Realität verhandelt werden …
Welches Ereignis in Deinem Leben prägte Dich sehr?
Ein Schlüsselmoment war, als vor mehr als zwanzig Jahren ein mir sehr nahestehender Mensch mit 26 Jahren starb. Ich habe dann noch ein bisschen gebraucht, aber mir war klar, dass es mir nicht reichen wird, schöne interessante Artikel zu schreiben. Welch harte, langwierige, mitunter alles andere verschlingende Arbeit es ist, ein richtiges Buch zu schreiben, war mir damals aber noch nicht klar. 1996 hatte ich dann „Carcassonne“ fertig, meinen ersten Roman … Das andere, was mich sehr geprägt hat, war das Leben mit meinen drei Töchtern, denen ich viel Zeit gewidmet habe. So weiß ich nicht nur von Freundinnen, Partnerinnen, erwachsenen Frauen, wie die weibliche Seele ticken kann. So sind die Hauptgestalten in meinen Büchern, vom Erzähler abgesehen, fast immer Frauen und Mädchen. Und sie sind, hoffe ich, glaubwürdig in ihrer Art, dem Leben ans Ohr zu fassen …
Teile ein kleines Geheimnis mit uns!
Ein Geheimnis teilen? Und schon wäre es keins mehr. Ich verrate etwas, das keines ist: Ich spreche mehrere Sprachen gut, einige fließend, und so weiß ich, dass viele Bewohner des europäischen Südens in wesentlichen Dingen gar nicht anders ticken als wir Deutschen, ich weiß es aus nächster Nähe – Menschen sind vor allem Menschen. Selbst bei meinen Aufenthalten im mexikanischen Dschungel, in Gesprächen mit Leuten mit „indianischem“, also indigenem Hintergrund, habe ich das festgestellt: ähnliche Sehnsüchte, Wünsche, Ängste. Nur dass manche anderen Völker manches nicht ganz so eng und verbissen nehmen wie manche Deutsche … Da kann man etwas übers Leben lernen. Es zu genießen, Probleme zu lösen oder einfach mal zu ignorieren …
Was verbindet Dich mit Dresden?
An Dresden mag ich einige wundervolle Stellen und Blicke, wenn ich die Elbwiesen lang komme und nicht gerade die Monsterbrücke den Blick versperrt, das Panorama von mehreren Stellen des Neustädter Elbufers. Und ich mag viele Dresdner, egal wo sie ursprünglich hergekommen sind und wie lange sie schon hier leben. Ich kenne hier wunderbare Leute aus aller Welt. Ich verabscheue aber den Typus des hier auch ansässigen Rechthabers und Schimpfers. Und ich liebe den Reichtum an Kultur, die Museen, die Konzerte, die Galerien, die Cafés, in denen man über all das sprechen oder auch schweigen kann … Ich bin gern hier, lieber als in jeder anderen deutschen Stadt. Und ich kehre immer gern aus London oder Rom, aus Marseille oder Palermo hierher zurück. Und ich ziehe natürlich auch gerne los, hinaus in die Welt. Denn ich lebe zwar AUCH in Dresden. Doch zu Hause bin ich, und das ist jetzt nicht nur so dahergesagt, in der Welt. Und dort spielen meine Bücher. Nicht in Dresden. Sondern in der Welt. Und in der Welt kommt natürlich auch Dresden vor. Immer.
Name: Jens-Uwe Sommerschuh
Beruf: Journalist, Kolumnist, Autor
Tipp: Buchvorstellung: am 9. Juni, 20 Uhr in der Schauburg