„Etwas an Dresden erinnert mich an Wien …“

10 Jahre – 5 Fragen: Schauspielerin Sandra Maria Huimann im Jubiläumsinterview (10)

Das Onlinemagazin elbmargarita.de feiert Zehnjähriges – und schenkt sich selbst zum Jubiläum eine kleine Fragerunde. Die Künstler der Stadt gratulieren per Antwort. Heute Schauspielerin Sandra Maria Huimann (Foto: holmsohn) aus dem Ensemble der Landesbühnen Sachsen.

Stelle dich in drei Sätzen selbst vor!
Mein Name ist Sandra Maria Huimann. Ich bin Schauspielerin und Regisseurin, Ästhetin, Agnostikerin, Feministin, geborene Wienerin, Buchliebhaberin, Debattiererin, Vernunftmensch mit Hang zu Waghalsigkeit und schwarzem Humor, neugierig und kritisch, begeisterungsfähig und gelangweilt von Blendwerk. Ich nehme alles was ich mache sehr ernst und versuche mich selbst dabei nicht allzu ernst zu nehmen.

Dein Lieblingsort in Dresden ist …
So etwas wie einen Lieblingsort habe ich nicht. Es gibt so schöne Orte in Dresden und überall auf der Welt, manche bestechen durch vordergründige Schönheit, andere faszinieren durch Verfall oder besondere Hässlichkeit. In Dresden bin ich gerne in der Neustadt und im Hechtviertel unterwegs, dort fühle ich mich zuhause, in den Straßen, den Restaurants, den Bars, den Kinos und Gärten. Wenn ich auf dem Elbradweg entlangfahre, durch den Pieschner Hafen oder mit Blick auf die Elbschlösser, erfüllt mich das mit einem Gefühl von Unsterblichkeit. Mich begeistert das alte Gebäude in dem ich mit MACHINE DE BEAUVOIR probe. Eine ehemalige Fliegerschule im Industriegebiet, alt, karg und grau, sehr einnehmend. Dort habe ich schon unzählige Fotos geschossen und Videos gedreht.

Was verbindet dich mit der Stadt?
Hergeführt hat mich mein Engagement an den Landesbühnen Sachsen. Dann habe ich so schnell Freundschaften geschlossen, dass ich mich bald sehr gut aufgehoben hier gefühlt habe. An den Landesbühnen habe ich das Glück Teil eines Ensembles zu sein, das sich mit viel Empathie und Humor gegenseitig ermutigt und fordert. Von der Theaterleitung fühle ich mich respektiert, geschätzt und unterstützt in meiner Arbeit als Künstlerin. Auch außerhalb der Landesbühnen haben sich viele Kontakte und Projekte ergeben. Davon abgesehen erinnert mich etwas an Dresden an Wien, vordergründig die Architektur, die geschichtlich bedingt Gemeinsamkeiten aufweist, hintergründig etwas an der Atmosphäre, eine Stimmung. Sollte ich die Stadt irgendwann verlassen müssen, werde ich sie vermissen.

An welchem Projekt arbeitest du gerade?
Mich beschäftigt mein neues Regieprojekt für die kommende Spielzeit. Ich werde ALICE IM WUNDERLAND inszenieren als Stück für ein erwachsenes Publikum, nicht, wie man wahrscheinlich zuerst denkt, als  Märchen für Kinder. Wahrnehmung und wie unterschiedlich sie für verschiedene Menschen ist, wird dabei eine große Rolle spielen. Ich werde das Wunderland gemeinsam mit einer Alice erkunden, die bereits Großmutter ist und an Demenz leidet und freue mich auf die diesbezügliche Zusammenarbeit der Landesbühnen mit dem Societätstheater.

Dazu kommt „Homeoffice“, das heißt für mich konkret: Drehen und Schneiden von Videos fürs Theater. Wir haben eine Reihe etabliert die „Welches Stück bin ich?“ heißt. Dafür habe ich drei Beträge gestaltet. Das Ensemble der Musicalproduktion HAIR hat sich selbst beim Tanzen des titelgebenden Songs gefilmt und ich habe das Ganze dann im Schnitt fertiggestellt. Auch für das Stück ACHT FRAUEN haben wir uns etwas ausgedacht. Filme zu produzieren macht mir große Freude, ich kann Tage an meinem Schnittprogramm sitzen und nicht merken, wie die Zeit vergeht. Außerdem hat das Ensemble der Landesbühnen jetzt den Auftrag sich selbst daheim für das kommende Spielzeitheft zu fotografieren.

Was macht dir in der Corona-Krise Mut?
Mutlos bin ich tatsächlich gar nicht. Ich beobachte und lese, kenne aber persönlich niemanden derer, die die Hauptlast der Pandemie tragen oder selbst an Corona erkrankt sind. Die Entscheidungen, die von der Regierung gefällt wurden, kann ich zum Großteil nachvollziehen, gleichzeitig hoffe ich, dass die Situation nicht ausgenutzt wird um Machtbefugnisse auszubauen oder Entwicklungen schnell voranzutreiben, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wie man das in einigen Ländern beobachten kann. Es ist jetzt, wie es immer ist. Manche Menschen machen Mut durch Worte und Taten, andere enttäuschen. Jede/r kann Entscheidungen treffen sich sozial und verantwortungsbewusst zu verhalten. Ich hoffe, dass bald Medikamente und ein Impfstoff gefunden werden, um den Virus in den Griff zu bekommen. Ich mache mir Sorgen um die Menschen, die eine Vorerkrankung haben oder deren Einkommen wegfällt, die jetzt arbeitslos sind, deren Unternehmen geschlossen sind. Und ich denke viel über das Theater nach. Es fehlt mir zu spielen und zu proben. Aber ja, in der Krise liegt eine Chance. Wir können aus Fehlern der Vergangenheit lernen. Wir sehen, wie die Erde sich erholt, wenn wir Menschen uns zurücknehmen. Wir merken, wie wichtig ein funktionierender Sozialstaat und ein gutes Gesundheitssystem sind. Unsere Wahrnehmung auf das was „schon immer so war“ kann sich ändern. Wir können mit frischem Blick wahrnehmen. Und uns gemeinsam fragen, wie die Welt nach Corona aussehen soll.

Vielen Dank für die tollen Antworten!

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