Von den Tücken der Revolution

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Martin Heckmanns „Occupy“ an der TU bühne

Die Vorstellungen an der bühne – das Theater der TU Dresden – sind immer irgendwie besonders. Unkonventionell, frech, jugendlich. Auch die erste Premiere des neuen künstlerischen Leiters des Studententheaters, Matthias Spaniel, bildet da keine Ausnahme. „Occupy“ oder „Wir reiten ohne Pferd“ ist ein hintersinniges, fast philosophisches Stück von Martin Heckmanns, im Programmheft beschrieben als eine Bestandsaufnahme über die verbliebenen Spielräume politischer Bewegungen unserer Gegenwart und ihr (vermeintliches) Scheitern.

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Theater einmal all inklusive, bitte!

3. Lange Nacht der Dresdner Theater

Museen tun es, Kirchen, wissenschaftliche Institute – und die Theater in Dresden seit 2012 auch: lange Nächte der Kunst, Kultur, Wissenschaft scheinen regelrecht IN zu sein. Die lange Nacht der Dresdner Theater ist als das jüngste dieser Beispiele längst ebenso populär. Allein 6700 Zuschauer platzierten sich bei dem nächtlichen Theatertreiben binnen eines langen Abends 2013 (Foto: PR/Klaus Gigga) auf rund 25000 Plätzen in den Theatersälen der Stadt.

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(Un-)Treueprobe mit Happy-End

Mozarts „Così fan tutte“ an der Semperoper

Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Così fan tutte“ (1790) ist tausendfach gespielt – und noch immer aktuell. Regisseur Andreas Kriegenburg lässt das beliebte Repertoirestück in seiner Inszenierung an der Semperoper Dresden nun als sinnlichen Maskenball der Gefühle (Foto: PR/Matthias Creutziger) abermals wiederauferstehen.

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Dauerbrenner mit tierischem Charme

Rubbeldiekatz, Comödie Dresden
 

Christian Kühn und Jan van Weyde tauschen die Rollen für Rubbeldiekatz an der Comödie Dresden (Foto: PR/Robert Jentzsch).

„Rubbeldiekatz“ an der Comödie Dresden

Wenn Männer sich als Frauen verkleidet durch den Berufsalltag stöckeln, dann birgt das meist recht komische Aspekte. Nicht zuletzt deswegen ist die Komödie „Manche mögen‘s heiß“ (1959) wohl auch zu einem Stern der Filmgeschichte geworden. Die Comödie Dresden setzt mit „Rubbeldiekatz“ nun auf eben jenes Stickmuster – und auch hier hat die Masche mit dem Mann in existenzrettenden Frauenkleidern durchaus Dauerbrennerpotenzial.

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Chaos ohne roten Faden

Was ihr wollt, Staatsschauspiel Dresden
Andreas Kriegenburg holt am Staatsschauspiel Dresden die Klamauk-Keule hervor. (Foto: PR/Matthias Horn)

Shakespeares „Was ihr wollt“ am Schauspielhaus

Stücke von William Shakespeare kann man auch mit noch so schrägen Regieideen nicht verhunzen, meint man. Denn Shakespeare ist zeitlos, lustig und vielseitig, er nimmt einem nichts übel. Andreas Kriegenburgs Inszenierung von „Was ihr wollt“ am Dresdner Schauspielhaus ist dennoch mächtig daneben gegangen.

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Alle Macht der Verblödung

2000 Seiten, Staatsschauspiel Dresden
Burkhard C. Kosminski inszeniert 2000 Seiten am Kleinen Haus des Staatsschauspiels Dresden (Foto: PR/Matthias Horn).

Lukas Bärfuss’ „20000 Seiten“ am Kleinen Haus

Im schummrigen Nachtlicht sitzt Tony (André Kaczmarczyk) auf seinem Bücherstapel vor dem Radiomikrofon. Er erzählt mit ruhiger, aber empörter Stimme über die beschämende Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Er berichtet vom unrühmlichen Umgang des kleinen Landes mit den Flüchtlingen vor dem Nazi-Regime – doch niemand hört ihm zu. Es ist vielleicht die berührendste Szene in Lukas Bärfuss Stück „20000 Seiten“, das am 17. Januar im Kleinen Haus Deutsche Erstaufführung feierte.

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Siegeszug aus der Vergessenheit

Kästners „Klaus im Schrank“ am Staatsschauspiel

Das Dresdner Schauspielhaus ist bis auf den letzten Platz ausverkauft, als sich am zweiten Advent der Vorhang zu Erich Kästners lang verschollen geglaubten Theaterstück „Klaus im Schrank oder Das verkehrte Weihnachtsfest“ hebt. Vor gut einem Monat feierte das Werk aus dem Jahre 1927 seine Uraufführung. Zuvor nämlich hatte dieser „Klaus“ gut ein halbes Jahrhundert lang sprichwörtlich im Schrank geschlummert, bevor das Manuskript im Nachlass von Kästners Mitarbeiterin Elfriede Mechnig wieder auftauchte.

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Lichtblicke in der virtuellen Welt

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Theater an der TU: die bühne spielt „Prometheus 2.0“

Virtuelle Datenmassen rasseln an einer Videowand hinauf, hymnische Musik ertönt, zwei Männer mit großen Kerzen in den Händen erscheinen im Schummerlicht und halten ihre Fackeln in einer Geste, die an die Freiheitsstatue erinnert. Doch es ist Prometheus, der den Menschen in der griechischen Mythologie das Licht zurückbrachte und von Göttervater Zeus dafür sträflich bestraft wurde. Mit der vielsagenden Produktion „Prometheus 2.0 – I’ve been looking for Edward S.“ beginnt an der bühne, dem Theater der TU Dresden, die neue Spielzeit und die beiden Regisseure Markus Arnhold und Romy Lehmann haben nicht nur im Titel zu dem Stück so einige pfiffige Anspielungen versteckt.

Da ist zunächst der antike Held Prometheus, gepeinigt von Zeus in der Einöde des Kaukasus. Er trifft in diesem Stück auf Edward Snowden – Wistleblower und Superheld (?) des Internetzeitalters (an dieser Frage scheiden sich ja irgendwie noch immer die Geister). Und da sind diverse Songs und Serien-Superhelden, zum Beispiel Kit „Night Rider“ mit David Hasselhoff und seinem Hit „I’ve been looking for freedom“. Alles in allem eine verheißungsvolle Mischung für einen Theaterstoff mit brandaktuellem Gegenwartsbezug, den man an den großen Bühnen der Stadt derzeit ja vergeblich sucht.

Mario Pannach und Robert Richter (Foto: PR/Timo Raddatz) bescheren in diesem Zweimann-Stück einen ebenso witzigen wie mutigen und intelligenten Theaterabend an der kleinen bühne der großen Universität. Zwei Tische, zwei Laptops, zwei Stühle, zwei Kaffeetassen sind schon fast das ganze Equipment, mit dem ihr Spiel auskommt. Abwechselnd sitzen die Jungs an ihren Schreibtischen, schwadronieren über typisch jugendlichen Alltagskram wie Fußballspiele und Internetvideos – und schlüpfen, immer wenn Hasselhoffs Freiheitshymne ertönt, in die Rolle diverser Superhelden mit Jackett und Sonnenbrille. Hier gehören NSA-Agenten und Präsidenten, Columbo und heroische Miniplaybackshoweinlagen ebenso zum Repertoire wie der Rückgriff auf die antike Prometheus-Sage in Form von Aischylos Theatertragödie.

Einmal erscheinen die beiden Hauptdarsteller auch in einer Videosequenz als Nachrichtensprecher, die sichtlich sprachlos von Snowdens Enthüllungen in diesem Sommer berichten. Sie lassen den NSA-Skandal so auch in Nachrichtenform noch einmal aktuell werden, um nachher wieder zu zeigen, wie hoffnungslos austauschbar die Helden der neuen und der alten, der realen und fiktiven (Fernseh-)Welt sind. Das Ganze passiert wunderbar nah am Zuschauer, steckt voller Improvisation und gerät dadurch so lebendig und vielfältig, dass keine Zeit für Längen und Langeweile bleibt.

Banale Alltagsgespräche am Rechner wechseln mit großer Weltpolitik und führen scheinbar zufällig die ganze Absurdität der virtuellen Räume vor, in der (!) heute schließlich jeder via die verschiedenste Kanäle zum Superhelden und – dank kollektiver Beobachtung – auch zum Märtyrer werden kann. So humorvoll wie unbequem zeigt dieses junge, freche und offensive Theaterstück, dass nichts neu ist, außer die Form – der Inhalt der Heldenschicksale bleibt sich gleich. Aufgeregte, witzige und nachdenkliche Momente wechseln in diesem mutigen und unbequemen Spiel, kippen schließlich ins Ernsthafte und enden doch wieder im scheinbar belanglosen Studentenalltag, der uns allen doch so nah ist …

„Prometheus 2.0 – I’ve been looking for Edward S.“ an der bühne der TU Dresden (Teplitzer Straße 26), wieder am 25., 26. und 30. Oktober sowie am 02. November, 20.15 Uhr

Linktipp: www.die-buehne.tu-dresden.de

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Im Bann der Sinnlichkeit

„Emilia Galotti“ am Staatsschauspiel Dresden

„Verführung ist die wahre Gewalt“, sagt „Emilia Galotti“ in Gotthold Ephraim Lessings gleichnamigem Trauerspiel (1772). Und auch Sandra Strunz verführt mit ihrer Inszenierung des Klassikers, die am Sonnabend (5.10.) im Schauspielhaus Dresden Premiere feierte, die Besucher. Strunz lässt das Stück zu einem sinnlichen, bildstarken Theatererlebnis werden, transportiert den Stoff um Macht, Gewalt, Verführung und Freiheit geschickt auf eine moderne Bühne, ohne dass die Vorlage Schaden nimmt.

Allein die Kulisse (Volker Hintermeier) ist betörend, geheimnisvoll und faszinierend zugleich. Ein großes Metallgerüst erfüllt die Bühne. Türen aus verspiegeltem Glas schwanken auf und wieder zu, werden zum Spiegel, Schaufenster oder tiefem Schlossraum. Das Licht ist mal dämmrig, mal gleißend metallisch. Anfangs können sich die Zuschauer noch selbst im Spiegel sehen, später werden sie von diesem Bühnenbild förmlich hineingezogen in das verhängnisvolle Machtspiel des Prinzen.

Zunächst jedoch betritt Lea Ruckpaul als Emilia die Bühne. Zerbrechlich, fast wie eine Porzellanpuppe wirkt sie am Anfang, entwickelt sich jedoch bald hin zu einem ungestümen Teenager, der dem Werben des Prinzen am liebsten sofort verfallen würde, sich aber dann für ihren Verlobten Appiani (Christian Clauß) entscheidet. Der Prinz jedoch möchte die junge Emilia unbedingt für sich gewinnen und arrangiert mit seinem Kammerherrn Marinelli – Ben Daniel Jöhnk gibt ihn als schleimigen Gehilfen im Ganzkörperanzug – einen Überfall auf die Hochzeitskutsche, um Emilia zu entführen.

Sebastian Wendelin ist ein selbstgefälliger Prinz, eine Art aalglatter und skrupelloser Seelenfänger. Der musikalisch inszenierte Schrei diverser Frauen auf seinem Schoss gehört zu den einprägsamen Momenten der Inszenierung. Rainer Süßmilch hat eine rauschhafte Musik geschaffen, die das Spiel auch an dieser Stelle stimmungsvoll würzt, wobei Luisa Mühl am Schlagzeug gelungene Akzente setzt. Die Spiegelfenstertüren geben nun einen diffusen Blick auf den hinteren Teil der Bühne frei, dort findet eine Art Maskenball statt, tanzen und räkeln sich puppenhafte Frauen mit Federbüschen und langen, transparenten Röcken. In ihrer Mitte der Prinz, in blauem Hemd und einer merkwürdigen, aus schwarzem Spitzenstoff gefertigten Hose (Kostüm: Daniela Selig). „Kann sein, ich habe euch wirklich geliebt“, lamentiert er, doch nun ist Emilia das Objekt seiner Begierde.

Sie scheint sich dem prunkvollen Rausch auf diesem glänzenden Schloss schnell zu ergeben, lässt sich vom Prinzen ihr Hochzeitskleid nehmen und den nackten Körper mit goldener Farbe einpinseln. Anders ist da die Gräfin Orsina (Karina Plachetka) gestrickt, die bisherige Geliebte des Prinzen. Nur sie kann seinen tentakelhaften Anziehungskräften offenbar entfliehen, während Emilia und selbst ihre Eltern machtlos bleiben. Tom Quaas und Christine Hoppe nimmt man das besorgte, auf den Ruf und das Wohl der Tochter bedachte Elternpaar gern ab. Hoppe ist dabei eher die selbstverlorene Lady, während Quaas als polternder, aufbrausender, am Ende aber doch hilfloser Vater auftritt.

In den letzten Szenen ähnelt das Schloss dann plötzlich einer Art Fotomodell-Schmiede, die Spiegel werden kurzzeitig zu Schaufenstern, in denen sich eine eigentlich tote bunte Welt bewegt, gruselig und faszinierend zugleich. Und Lea Ruckpauls Emilia ist jetzt nicht mehr zerbrechlich oder ungestüm, sondern eher verzweifelt. Hin und hergerissen zwischen der Verführungskunst des Prinzen und dem Kampf um Freiheit bittet sie ihren Vater – und hier wird es richtig berührend –, ihr das Leben zu nehmen.

Nach gut zwei Stunden senkt sich der Vorhang über dem tausendfach inszenierten Trauerspiel. Bei aller Sinnesverführung durch die Bühnenspiegelbilder bleibt nach dem aus heutiger Sicht völlig unverständlichen Ende dennoch ein verblüfftes Fragezeichen: Warum tötet ein Vater seine Tochter? Gerade darin liegt aber vielleicht die Stärke dieser Inszenierung, dass sie Andeutungen gibt, die Raum für (auch heutige) Interpretationen lassen, jedoch niemals so konkret wird, dass Lessings Text leidet.

Lessings „Emilia Galotti“ am Schauspielhaus Dresden, wieder am 07.10., 16.10., 14.11., 26.11., 28.12., 08.01. und 15.01., jeweils 19.30 Uhr

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Verführerischer Zigeunertanz

Bizets „Carmen“ erobert die Semperoper

„Die Liebe ist ein wilder Vogel“, singt „Carmen“ in der gleichnamigen Oper (1875) von Georges Bizet und meint damit wohl vor allem sich selbst. Wild und freiheitsliebend ist diese Carmen, die zwei Männer liebt, dabei aber auch ein Inbegriff des Weiblichen ist – verführerisch, leidenschaftlich, emotional, sexy  und durchtrieben. Bizets Werk, das heute zu den am häufigsten aufgeführten Opern des internationalen Repertoires gehört und dessen Melodien jedem irgendwie bekannt sind, erobert nun in einer Inszenierung von Axel Köhler als Neuproduktion (Premiere am 28.9.) die Bühne der Dresdner Semperoper.

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