In der Harmonie der Bewegung

Resümé der ersten Langen Nacht der Theater

Die erste „Lange Nacht der Dresdner Theater“ ist laut Informationen der Veranstalter ein voller Erfolg gewesen. Über 6500 Theaterenthusiasten haben am vergangenen Samstag (12.5.) die Stadt bevölkert und insgesamt 20 000 Eintrittskarten sind an den einzelnen Spielstätten über die Schalter gewandert.

Viel gäbe es von dieser wunderbaren Theaternacht (Fotos: A. Baumgarten) zu beschreiben, so loben und zu erwähnen, doch von allen Veranstaltungen war eine besonders faszinierend und anregend. „Die Unterbrechung. Ein Radioballet“ stand in Hellerau auf dem Plan und gerade die einigermaßen nebulöse Ankündigung im Programmheft trug dazu bei, ausgerechnet diese Veranstaltung auszusuchen.

Am Einlass bekamen die Gäste einen Radioempfänger mit Kopfhörern ausgehändigt und schon dieser Umstand hätte als Hinweis dienen können, dass diese Veranstaltung wohl nicht der allgemein üblichen Vorstellung von Ballet entsprechen sollte. Tatsächlich hat die Gruppe „Ligna“, die die Veranstaltung konzipiert hat, ein besonderes Experiment im Sinn gehabt: Ausgehend von den Choreographien des ungarischen Tanzlehrers Rudolf von Laban sah das Konzept vor, dass die Besucher selbst ein Teil eines so genannten Bewegungschores werden sollten.

Als Phänomen ihrer Zeit wurde diese Form der gemeinschaftlichen Bewegung schnell von den Nationalsozialisten vereinnahmt und geriet nach dem Ende des Dritten Reiches so schnell in Vergessenheit, wie sie aufgekommen war. Im kulturellen Gedächtnis geblieben sind vor allem die monumentalen Choreographien der Olympischen Spiele des Jahres 1936, die Laban vorbereitet hatte und die seither zu einem Sinnbild für den Wahn vom Herrenmenschen geworden sind.

Über Radiompfänger bekamen die in drei Gruppen eingeteilten Gäste synchronisierte Anweisungen, aber auch die Hintergrundinformationen zu Laban und seinem Wirken: „Bewegen Sie sich frei im Gelände. Machen Sie dabei jeweils drei kurze und dann einen langen Schritt. Bilden Sie einen großen Kreis; achten Sie darauf, dass Sie nicht mehr als eine Armläge von den Personen links rechts von Ihnen entfernt zu stehen. Machen Sie einen Schritt nach links, noch einen, noch einen. Schwingen Sie ihre Arme nach jedem dritten Schritt nach links, nach wieder drei Schritten nach rechts.“

Wer das liest, kann sich vorstellen, wie sich die Gesichtsausdrücke der Menschen von Staunen, über Unglauben hin zu beschämtem Lachen veränderten. Einige gingen sofort, doch die meisten blieben. Auch die älteren Damen im Ausgehkostüm, die hippen Jugendlichen, die Kinder und Päärchen. Auf der Wiese hinter dem Festspielhaus tanzten dann also etwa 100 Menschen Ringelreihen, legten sich ganz nach Anweisung auf den Rasen und lachten oder bildeten große, sich bewegende Figuren. Und es war schön; ein faszinierendes und berührendes Erlebnis.

Denn wider alle Erwartungen bildete sich eine Art Gemeinschaftsgefühl, man lachte zusammen und die Gesichter um einen her wurden offener, freundlicher. Am Ende blieb man nicht nur belustigt und beschwingt sondern auch sehr nachdenklich zurück. Zu einer Gruppe zu gehören, sich mitreißen zu lassen, an der Gemeinschaft teilzuhaben ist eben doch ein menschliches Grundbedürfnis. Wie schnell das Gefühl von Gemeinschaft entsteht und wie einfach es ist, Menschen über dieses Gefühl zu den ungewöhnlichsten Handlungen zu verleiten macht nachdenklich und betroffen.

Warum sind nicht mehr Leute gegangen? Warum bin ich nicht gegangen? Warum habe ich mitgemacht? Warum hat es mir gefallen? Das sind Fragen, die sich der ans oftmalige bloße Konsumieren gewöhnte Theaterbesucher wohl stellen mochte. „Die Unterbrechung“ zeigt einmal mehr, was moderne Theaterkunst leisten kann. Sie weist über sich hinaus, lässt den Besucher allein mit seinen Fragen zurück und bewirkt damit, dass er auch nach dem Theaterbesuch weiter reflektiert, nachdenkt und nachfragt. Die Antworten muss er dann selbst finden.

Annett Baumgarten

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Hoffnungsschimmer für Aidspatienten

Das Tal der Superhirne, Teil III

In Dresden wird seit jeher gefragt, geforscht und entdeckt. Allein die Technische Universität meldete 2011 rund 120 Patente an – und ist damit bundesweiter Spitzenreiter. Doch auch an den anderen Hochschulen und Instituten der Stadt köchelt es in den Erfinderstübchen. www.elbmargarita.de stellt in einer losen Serie DDner Entdeckungen vor:

Eine hoffnungsvolle Nachricht flatterte 2007 von Dresden aus durch die Republik, als es Forschern am hiesigen Max-Planck-Institut erstmals gelungen war, das Aids-Virus aus dem Erbgut menschlicher Zellen herauszutrennen und so unschädlich zu machen. „Unser Ansatz ist, soweit ich das einschätzen kann, bislang der erste erfolgreiche Versuch, Zellen, die mit dem HI-Virus infiziert sind, zu heilen“, sagt Dr. Frank Buchholz, Leiter der fünfköpfigen Forschergruppe am Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden (MPI-CBG). Etwa fünf Jahre lang hatten die Dresdner Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Hamburger Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunologie (HPI) geforscht, bis ihnen dieser Durchbruch gelang. Das Besondere daran: Bisherige Aids-Therapien zielen vor allem darauf ab, den Ausbruch der Krankheit zu verhindern beziehungsweise möglichst lange hinauszuzögern. Der Ansatz der Dresdner Wissenschaftler jedoch zielt auf die Heilung schon infizierter Patienten ab. Er sei deshalb auch ein ganz anderer Ansatz als beispielsweise Versuche zur Immunisierung gegen Aids, so Buchholz.

Um das HI-Virus aus den DNA-Zellen gleichsam herausschneiden zu können, züchteten die Molekularbiologen mithilfe der Evolution ein spezielles Enzym: Sie gingen dabei von einem ursprünglichen, bereits bekannten Enzym aus, das nur bestimmte DNA-Sequenzen erkennt und schneidet. „Wir haben daraus ein Enzym gezüchtet, das das HIV-Erbgut erkennt und gezielt entfernt“, sagt Buchholz. In über 120 Generationen züchteten die Forscher so schließlich das HIV-spezifische Enzym Tre heran.

Auf Basis dieser Ergebnisse haben die Dresdner Wissenschaftler in den vergangenen vier Jahren nun weiter geforscht. „Wir haben das Enzym weiterentwickelt und ein zweites Enzym hergestellt, das fähig ist, auch einen anderen HIV-Stamm zu erkennen“, erklärt Buchholz. „Seit etwa zwei Jahren führen wir zudem Experimente in Tiermodellen durch, die sehr vielversprechend ablaufen“, so der Wissenschaftler. Vor allzu früher Euphorie warnt Buchholz dennoch: „Unser Ansatz könnte zwar Menschen heilen, die HIV positiv sind, aber bis dahin ist es in der Wissenschaft noch ein langer Weg.“

Nicole Czerwinka

(erschienen in SAX 02.12., Seite 10/11)

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Dresden bleibt wach

Theater der Stadt laden zur 1. langen Nacht

Was heute die „Nachtwanderung“ für die Dresdner Studenten ist, könnte bald auch die in diesem Jahr erstmals stattfindende „Lange Nacht der Dresdner Theater“ für Theaterenthusiasten aus Stadt und Umland werden. Schon lang im Vorfeld wurde die Veranstaltung allerorts beworben und nicht nur Besucher sehen gespannt dem neuen kulturellen Großereignis am 12. Mai entgegen.

Das Konzept scheint tatsächlich ein wenig an der studentischen Kneipennacht orientiert zu sein. Mit dem Kauf eines Tickets (der Vorverkauf läuft seit dem 20.5.) erwirbt der Besucher nicht nur den Anspruch, ohne weitere Kosten an allen Veranstaltungen des Abends teilzunehmen, sondern auch mit der Linie 8 und eigens eingesetzten Shuttlebussen die einzelnen Veranstaltungsorte anzusteuern. Zwei der  Veranstaltungen kann man fest buchen, für alle weiteren Programmpunkte gilt: Frühes Kommen sichert die besten Plätze.

Dafür hat man aber auch die sprichwörtliche Qual der Wahl: an 24 Spielorten, vom kleinen Off-Theater bis zur Semperoper finden im Halbstundentakt über 60 Aufführungen, Improvisationen und Performances statt.

Wer danach noch kann, dem sei die anschließende Abschlussparty mit Felix Räuber und Christian Friedel im Schauspielhaus (Foto: A. Baumgarten) ans Herz gelegt. Wann hat man den sonst die Gelegenheit, selbst einmal auf den „Brettern, die die Welt“ bedeuten zu stehen?

Annett Baumgarten

Linktipp: http://lange-nacht-der-dresdner-theater.de/

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Die Tragik eines Nachmittags

„Treffen am Nachmittag“ am Societaetstheater

Es beginnt im Dunkel. Moderne Stühle stehen um einen Glastisch. Ein alter Mann setzt sich, bedient eine Fernbedienung, Knacken, Rauschen, das Licht wechselt die Farbe. Er stellt sein Hörgerät ein. Musik ist zu hören, dann der Polizeifunk, wieder Musik. Plötzlich klingelt es. Das Licht geht an, er öffnet die Tür. Eine gepflegte Dame tritt ein. Sie hat sich schick gemacht, trägt ein rotes Kleid mit Schal, hohe Schuhe und sieht sich um, setzt sich schließlich. Die ersten Minuten von Henning Mankells „Treffen am Nachmittag“ vergehen am Societaetstheater Dresden ganz ohne ein Wort. Danach herrscht dafür ein umso rauerer Ton zwischen den beiden Hauptfiguren. Sie sind 60 Jahre verheiratet, 23 davon getrennt (oder waren es schon 24?) und eigentlich immer noch ein schönes Paar. Die Beiden wissen, dass sie alt sind – und dennoch, oder gerade deshalb, will sie nun die Scheidung.

Das ursprünglich als Rundfundhörspiel konzipierte Kammerstück des Schweden Henning Mankell hat es in sich. Feinsinnig zeichnet der durch seine Wallander-Krimis international populär gewordene Autor darin das Profil eines ergrauten Liebespaares, das die Probleme des Lebens eigentlich längst gelebt und verziehen haben sollte. Doch die beiden reden erst jetzt miteinander – und wie! Wortgefechte, die von Seitensprüngen bis hin zu Inkontinenz und Tablettenkonsum allerlei traurig-komische Geständnisse enthüllen. Mankells Text strotzt vor Ironie. Er erzählt in subtiler Weise von den Unwägbarkeiten der Liebe, ebenso wie von den Unzulänglichkeiten der Liebenden, deren tiefe Zuneigung zueinander trotz des gelegentlichen Hasses aufeinander nie endet. So ein Text braucht, wenn er auch auf der Bühne funktionieren soll, vor allem eines: sehr gute Schauspieler.

Für die deutsche Uraufführung am Theater hat sich Regisseur Andreas Pirl daher zwei Koryphäen erster Güte auf die Bühne geholt. Irma Münch (geboren 1930), war bis 1990 Mitglied des Schauspielensembles des Deutschen Fernsehfunks der DDR und mit dem Schauspieler Hans-Peter Minetti verheiratet, spielt den weiblichen Part. Und Hermann Beyer, der (1943 geboren) am Societaetstheater zuletzt in „Totentanz“ zu sehen war und als Schauspieler bis heute in zahlreichen Fernsehproduktionen mitwirkt. Den beiden nimmt man das alte, frustrierte bis einsame Ehepaar (Foto: PR/Detlef Ulbrich) gern ab. Sie harmonieren zusammen, optisch ebenso wie beim Spiel. Das jedenfalls lässt sich an vielen Stellen der Uraufführung schmerzlich erahnen.

Denn ganz sicher gelänge es den beiden Schauspielern, die pfiffigen, oft frechen und schonungslos ehrlichen Dialoge mit viel Humor und Spielfreude auf der Bühne erlebbar zu machen. Von der nötigen Lockerheit und erfahrener Routine ist bei der Uraufführung am 13. April allerdings nicht viel spürbar. Es scheint eher wie verhext. Immer wieder verheddert sich Hermann Beyer in allzu offensichtlichen Texthängern. Mehrfach fordert er die Souffleuse auf, ihm den Text laut vorzusagen und bringt den Spielfluss damit unangenehm ins Stocken. Improvisiert er auch anfangs noch selbstbewusst über seine Unsicherheiten hinweg, so drohen diese am Ende die gesamte Dramaturgie zu sprengen. Auch Irma Münch wird dadurch immer wieder zur Improvisation gezwungen, was sie jedoch souverän und tapfer meistert.

So bleibt zum Schluss nur eine leise Ahnung davon, dass in Beyer ein grandioser Schauspieler steckt, der an diesem Abend nur einfach nicht in Gang kommen will. Stattdessen wird er auf traurige Weise zu eben jener vergesslichen Figur, die er eigentlich spielen soll. Am Ende bibbert das Publikum mehr mit ihm als mit dem eigentlichen Stück. Das ist schade.

Nicole Czerwinka

„Treffen am Nachmittag“ am Societaetstheater Dresden wieder am 14.4. 20 Uhr sowie am 18.5. und 19.5. jeweils 20 Uhr.

 

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Die Leuchttapete an der Wand

Das Tal der Superhirne, Teil II

In Dresden wird seit jeher gefragt, geforscht und entdeckt. Allein die Technische Universität meldete 2011 rund 120 Patente an – und ist damit bundesweiter Spitzenreiter. Doch auch an den anderen Hochschulen und Instituten der Stadt köchelt es in den Erfinderstübchen. www.elbmargarita.de stellt in einer losen Serie DDner Entdeckungen vor:

Was sind eigentlich organische Halbleiter? „Das sind organische Kohlenstoffmaterialien, die ähnlich wie die bisherigen Halbleiter aus Siliziumkristallen in der Elektronik eingesetzt werden können, jedoch weit vielfältiger verwendbar und besonders energiesparend sind“, erklärt Professor Karl Leo von der Technischen Universität Dresden (TU). Leo erforscht organische Halbleiter an der TU schon seit den 90er Jahren. Gemeinsam mit Dr. Jan Blochwitz-Nimoth von der Novaled AG und Dr. Martin Pfeiffer von der Heliatek GmbH ist es ihm nun erstmals gelungen, organische Halbleiter für den Einsatz in verschiedensten Produkten entscheidend zu verbessern.

Die Wissenschaftler schufen die Basis für Anwendungen von Displays, Beleuchtung und Photovoltaik, die bis dato undenkbar waren. So können die organischen Halbleiter dank des Dresdner Forscherteams künftig die heute gebräuchlichen kristallinen Materialien wie Silizium mit neuen Nutzungsmöglichkeiten in der Elektronik ergänzen. „Man kann diese Leiter zum Beispiel transparent machen und in Gebäude und Fenster integrieren“, erklärt Professor Leo. Auch die Biegsamkeit der Halbleiter sei ein grundlegender Vorteil. So lassen sich die Materialien vergleichsweise einfach und kostengünstig zu Transistoren, Leuchtdioden oder Solarzellen mit ungewöhnlichen Eigenschaften verarbeiten: als dünne, biegsame und transparente Folien fast beliebiger Größe. Die Dresdner Forscher verbesserten die Effizienz organischer Leuchten und Lichtfänger zudem deutlich, indem sie die Kunststoffe darin mit bestimmten Fremdsubstanzen „spickten“. Sie entwarfen organische Leuchtdioden (OLED), die eine größere Lichtausbeute haben als Leuchtstoffröhren, was zum Beispiel für die Beleuchtung in Büros angewendet werden könnte.

„Wir stellen uns vor, dass die organischen Halbleiter später als großflächige Leuchten in verschiedenen Farben etwa wie eine Tapete an die Wand geklebt werden können“, sagt Leo. Auch durchsichtige dünne Solarzellen könnten künftig auf Autos oder Kleidungsstücken haften und Strom aus Sonnenlicht erzeugen. Für die Fertigung solcher Produkte haben die Forscher in Dresden eine erste Rolle-zu-Rolle-Anlage errichtet, die organische Elektronik-Bauteile auf eine dünne Unterlage druckt – ähnlich wie eine Zeitung auf Papier. Die patentierten Anwendungen werden inzwischen bereits in zwei ausgegründeten Unternehmen realisiert. Das Forschungsprojekt wurde im Dezember mit dem Deutschen Zukunftspreis 2011 ausgezeichnet.

Nicole Czerwinka

(erschienen in SAX 02.12, Seite 10/11)

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Vorhang auf, Licht an

Das Tal der Superhirne, Teil I

In Dresden wird seit jeher gefragt, geforscht und entdeckt. Allein die Technische Universität meldete 2011 rund 120 Patente an – und ist damit bundesweiter Spitzenreiter. Doch auch an den anderen Hochschulen und Instituten der Stadt köchelt es in den Erfinderstübchen. www.elbmargarita.de stellt in einer losen Serie DDner Entdeckungen vor:

Matthias Pinkert studierte von 2004 bis 2009 Produktgestaltung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW). Im Rahmen eines Seminar-Projektes – Ziel war es, neue, bedienungsfreundliche Produkte zu entwickeln – im siebten Semester kam ihm 2007 eine patentreife Idee. „Mir war schnell klar, dass ich mich dem Thema Licht zuwenden will“, sagt Pinkert. Er erinnert sich: „Damals waren die LED-Leuchten gerade ganz groß in Mode.“ Ein ganz normaler Vorhang habe ihn schließlich zu seiner Leuchte mit besonderem Lichtsteuerungsverfahren inspiriert.

Die aus einer langen Metallröhre auf vier Füßen stehende Lampe sieht auf den ersten Blick einfach nur futuristisch aus. Mit Hilfe von gardinenringartigen Metallringen kann das Licht damit je nach Bedarf entlang der Röhre „verschoben“ und somit genau da platziert werden, wo man es braucht.  „Das ist nicht nur praktisch, sondern auch besser für das Auge und sparsamer, denn die Lampe verbraucht natürlich nur da Strom, wo das Licht angeschaltet, also der Ringvorhang aufgezogen, wurde“, erklärt Pinkert.

Die Lampe funktioniert dank einer Vielzahl von aneinandergereihten LED-Lämpchen. Mithilfe der LEDs und einer Sensorik wird es möglich, die Ringe per Hand zu steuern und so das Licht per Vorhangprinzip auf- und zuzuziehen.

Pinkerts Idee überzeugte die Professoren, sodass er ein Patent auf seine Erfindung anmeldete und nach dem Studium ein zweijähriges Stipendium zur Entwicklung der Leuchte bekam. Zusammen mit einem Team von zwei Ingenieuren und zwei Kaufmännern entstanden ein Prototyp und ein Verkaufskonzept. Im vergangenen Jahr folgte dann die Gründung der Dresdner dreiplus GmbH unter Pinkerts Leitung.

Die Weiterentwicklung des Produkts für den Markt dauert derzeit noch an. Noch im Laufe dieses Jahres soll die Leuchte voraussichtlich in zwei Schienen vertrieben werden. „Wir wollen einerseits Design- und Wohnraumleuchten, zum Beispiel für Küchenzeilen, produzieren. Andererseits könnten die berührungslos steuerbaren Leuchten auch an Labore und Krankenhäuser verkauft werden“, so der junge Erfinder. Die Lampen sollen dann in Mittweida und Lauenstein hergestellt werden.

Nicole Laube

(erschienen in SAX 02.12, Seite 10/11)

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Freier Eintritt dank Kassensturz

Militärhistorik für klamme Geldbeutel

Manche Besucher im Militärhistorischen Museum haben sich in den vergangenen Tagen sicher schon ein bisschen gewundert. Nach der Eröffnung Mitte Oktober und der ersten Aufwärmphase bis Ende Dezember ist der Eintritt im Museum gegenwärtig noch immer frei. Und das soll er „bis auf Weiteres“, wie es aus der Pressestelle heißt, auch bleiben. Über die Gründe indes schweigt sich diese aus.

„Änderungen werden zeitgerecht über die Presse und auf unserer Homepage kundgetan“, hieß es heute auf Anfrage lediglich dazu. Kann sich die Bundeswehr das leisten? Sicher nicht. Aber wie www.elbmargarita.de aus zuverlässiger Quelle  erfuhr, sind wohl Probleme mit dem Kassensystem im Museum schuld an der unfreiwilligen Großzügigkeit. Immerhin, die Besucher und Dresdentouristen freut’s! (NL)

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„Dresden grüßt seine Gäste …“

Ein Erlebnisbericht zum 13. Februar

Seit Jahren nutzen Neonazis den 13. Februar, um das Gedenken an Krieg und Zerstörung für ihre Zwecke zu missbrauchen und einen der größten Aufmärsche Rechtsradikaler in Europa zu organisieren. Besonders nach den Krawallen vom letzten Jahr wurde heftig diskutiert, wie die Stadt und ihre Menschen sich gegen die Vereinnahmung dieses Gedenktages wehren können. Meinungen gibt es viele, Möglichkeiten auch.

Auch ich beteilige mich seit Jahren an den Protesten und auch den diesjährigen 13. Februar habe ich dick eingepackt auf den Straßen von Dresden erlebt.

Nachdem ich mich an einem Treffpunkt einer größeren Menge Gegendemonstranten angeschlossen hatte, war relativ schnell klar, wo ich den Rest des Tages verbringen würde: Die Straßenkreuzung vor dem World Trade Center war einer der beiden Blockadepunkte, die sich direkt auf der geplanten Demonstrationsstrecke der Rechtsradikalen befand. Umstellt von Polizeikräften harrten hier mehrere hundert Gegendemonstranten in der Kälte aus. Die Menschenkette fand etwa zeitgleich statt und entgegen der Annahme, dass das bürgerliche Dresden neben diesem symbolischen Akt des Protestes und des stillen Gedenkens an der Frauenkirche für aktiven Protest nichts übrig habe, gesellten sich hunderte der Teilnehmer der Menschenkette nach deren zu den Menschen an die beiden Blockadepunkte.

Das Bild, das sich dort bot, war vielfältig: Bunt verkleidete, tanzende Demonstranten neben parteifahnenschwenkenden Mitvierzigern, trommelnde Alternative neben Gruppen von Schülern, alte Menschen neben Jungen, Urdresdner neben eigens Angereisten. Überall schwebten pinke Luftbalons mit der Aufschrift „Dresden stellt sich quer“, Seifenblasen schwirrten durch die Luft, es gab Musik aus Lautsprecherwagen und von einer Liveband.

Stundenlang harrten die Leute hier in der Kälte aus, die Stimmung war fröhlich und entspannt; man half sich gegenseitig mit Decken und Getränken aus, über Liveticker und Durchsagen kam immer wieder die Meldung: „Durchhalten.“

Und tatsächlich bewirkten die beiden Blockaden eine erhebliche Verkürzung der geplanten Strecke. des rechten Fackelzuges; nicht mal ein Kilometer Strecke war mehr übrig geblieben: Jubel an den Blockadepunkten. Gefeiert wurde dann mit einer Abschlusskundgebung  auf dem Postplatz; mit erfrorenen Füßen und lauter Musik.

Kritiker mögen jetzt einwenden, dass angesichts der Opfer Dresdens und  angesichts des Leidens, das der Zweite Weltkrieg über Europa gebracht hat, ein lauter, bunter, fröhlicher Protest eine geschmacklose Entgleisung ist.

Dem möchte ich entgegensetzen, dass gerade die Vielfalt, die die Dresdner an diesem Tag an den Tag legen das offenbart, was diese Stadt für mich ausmacht.

Das stille Gedenken der Angehörigen am Heidefriedhof und das Kerzenmeer am Neumarkt zeugten von den Wunden, die in Dresden wohl nie ganz  verheilen werden. Die Menschenkette erzeugte ein eindrucksvolles Sinnbild für die Überzeugung der Nachgeborenen, dass die Stadt vor denen geschützt werden muss, die ihre Geschichte für ihre Zwecke vereinnahmen wollen. Auch die Menschen der Blockaden verfolgen dieses Ziel, denn eines ist klar: Dresden hält zusammen.

Annett Baumgarten

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Die gehässige Hedda

Ibsens „Hedda Gabler“ am Staatsschauspiel

„Der große Jammer dieser Welt ist, dass so viele Menschen nichts anderes tun als dem Glück nachzujagen, ohne es zu finden.“ (Henrik Ibsen)

Auf den ersten Blick könnte Henrik Ibsens „Hedda Gabler“ fast ein wenig an Effi Briest erinnern. Aber nur fast. Denn während die junge Effi ihrem zwar wohlständigen dafür aber allzu trögen Ehealltag per Affäre zu entkommen versucht, sieht Hedda gar keinen Ausweg aus der selbstgewählten Langeweile. Zwar ahnt Ibsens Protagonistin, dass das Leben mehr für sie hergeben könnte, doch ist sie nicht fähig herauszufinden, was davon sie genau haben will.

Regisseur Tilmann Köhler zeigt Hedda in seiner Inszenierung am Staatsschauspiel Dresden (Neufassung von Thomas Freyer) daher auch als modernen Überflussmenschen, der von allem zu viel hat, nichts mehr ernst nehmen kann und am Ende vor allem an sich selbst scheitert. Der Spiegel auf der Bühne (Karoly Risz) ist hier nicht nur raffinierte Kulisse, sondern wird gleichsam zum ironischen Selbstzweck – als Spiegel einer Gesellschaft, die im Überfluss ihrer Möglichkeiten zu ertrinken droht.

Ina Piontek lässt die schwierige Figur der frustriert gelangweilten, stur an ihrem Platz verharrenden Hedda Tesmann (geborene Gabler) dabei zu einem Menschen werden, den man irgendwie zu kennen glaubt. Anstatt die Tristesse mit dem chaotischen Lebemann Eilert Løvborg (herrlich verpeilt: Christian Erdmann) zu betäuben (der Effi-Weg), beginnt sie – unfähig, sich mit ihrem Alltag zu arrangieren, noch daraus auszubrechen – ein verhängnisvolles Machtspiel, das Løvborg schlussendlich ins Verderben stürzen wird. Christian Friedel gibt den Hedda-Gatten Jørgen Tesmann als Antifigur zu Løvborg phasenweise fast zu jugendlich, gewollt-komisch, mal naiv, immer aber lebensfroh, sodass die Figur weit weniger langweilig als ihr Ruf daher kommt.

Am Ende entspinnt sich auf der Bühne ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht, in dem sich Hedda als Außenseiterin ohne Lebenssinn entblößt. Das alles passiert auf witzig ironische Weise, entwickelt sich allerdings in der ersten Hälfte noch zu langatmig. Auch die von Ibsen bewusst angelegten Dreiecksbeziehungen zeigen sich in der Inszenierung nur in Andeutungen. Die tiefgreifende Psychologie des Originals ist nur noch schemenhaft erkennbar. So bleibt das Stück bis zum Schluss vor allem ein heiterer Spiegel der Gesellschaft, der in erster Linie von der schauspielerischen Leistung des Ensembles lebt. Für einen unterhaltsamen Theaterabend reicht das jedoch allemal.

Nicole Laube

(erschienen in Hochschulzeitung „ad rem“, vom 25. Januar 2012)

Dresden, Kleines Haus, wieder am 25.01.2012, um 19.30 Uhr und am 08.02.2012, 19.30 Uhr

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