Dresden funkelt durch die Adventszeit

1000 Funkel – die Weihnachtserlebniswelt

Es tut sich was auf der Cockerwiese gegenüber der VW Manufaktur. Nein, nicht da wo Sarasani sein Zelt stehen hat, sondern dort wo einst Joe Cocker zu DDR-Zeiten ein legendäres Konzert gab. Seit letzter Woche sind riesige weiße Zelte mit roter Spitze in die Höhe (Foto: J. Kallenbach) gewachsen. Funkelstadtchef Dirk Grünig und seine Mannschaft bauen dort seine Idee einer einmaligen Weihnachtserlebniswelt auf. „Hier wird die Weihnachtszeit so sein, wie wir sie uns erträumen, voller Poesie statt Hektik“, so Grünig. Es ist eine Vision mit einem verzauberten Märchenwald, einer sprechenden Eiche, Waldwichteln und einer echter Eisprinzessin. Im Hafen mit einem sieben Meter langen Schiff sollen es sogar Abenteuer erlebbar sein.

Nach sechs Jahren Planung wird die Funkelstadt am 25. November bis zum 30.Dezember ihre Pforten öffnet und die Menschen auf einer Fläche von 15000 Quadratmetern mit beheizten Zelten und einer riesigen Freifläche anlocken. Über Hundert Künstler, ausgewählte regionale Händler und mehr als 150 Shows sollen die Menschen faszinieren, überraschen und verzaubern. Als Veranstalter zeichnet sich die Wunderräume GmbH verantwortlich, für die künstlerische Umsetzung das bekannte Helmnot Theater.

Es ist ein gewaltiges Projekt. Doch Grünig ist von dessen Erfolg überzeugt und scheut den Vergleich zum traditionsreichen Striezelmarkt nicht. Er plant für die Zukunft. „Wir wollen mit 1000 Funkel lang ein Dresden bleiben und in der Stadt Neues mitschaffen. Aber dies entscheiden letzten Endes die Dresdner und natürlich auch die Sachsen mit ihrem Interesse und Besuch.“

Janine Kallenbach

Linktipp: www.1000funkel.de

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Trübe Zeit für Zauberinnen

Händels „Alcina“ an der Semperoper

Georg Friedrich Händels Oper von der Zauberin „Alcina“ wird in der Inszenierung von Jan Philipp Gloger zu einer hochaktuellen Tragödie (Foto: Semperoper/Matthias Creutziger) umgeschrieben. Um das 1735 noch zur Konvention gehörende Happy-End erleichtert, erzählt das Musikdrama an der Semperoper die Geschichte der lebensfrohen Zauberin „Alcina“, die mittels ungezwungen gelebter Leidenschaft brave Ehemänner wie Ruggiero in ihr Reich des Genusses entführt. Als dessen Frau Bradamante daraufhin ins ungezügelte Reich der Alcina vordringt, um ihren Gatten zurückzuerobern, sieht der sich zwischen den gegensätzlichen Lebensentwürfen beider Frauen hin- und hergerissen.

Vor mächtigen weißen Wänden, die auf der Bühne im Takt von Händels lebhafter Musik tanzen (Bühne: Ben Baur), entspinnt sich dabei ein ebenso sehens- wie hörenswertes Opernerlebnis, das – mit Ironie und Witz gespickt – berührt und viel Raum zum Nachdenken lässt. Amanda Majeski brilliert als Alcina, verleiht der Figur gleichfalls selbstbewusste wie nachdenkliche Züge und kann das Publikum in den schmerzerfüllten Partien des zweiten Teils als traurige, verwandelte Zauberin schließlich gänzlich erobern. Nadja Mchantaf (Morgana) und Simeon Esper (Oronte) geben sanglich wie darstellerisch ein durch und durch überzeugendes Pärchen auf der Bühne und auch Elena Gorshunova gehört zu den großen Stimmen des Premierenabends.

Begleitet von der Sächsischen Staatskapelle, unter der Leitung von Rainer Mühlbach, wird das Ganze schlussendlich zu einer runden Inszenierung, die auch kleine Farblosigkeiten im ersten Teil leicht vergessen lässt.

Nicole Laube

(erschienen in Hochschulzeitung „ad rem“ vom 02.11.11

Dresden, Semperoper wieder am 4.11., 10.11., je 19 Uhr

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Dresden wird zur Weihnachtsstadt

Aufbau des Striezelmarktes startet

Bei strahlendem Sonnenschein und spätherbstlichen Temperaturen um die 10 Grad hat der Aufbau des 577. Striezelmarktes (Fotos: N. Laube) begonnen. Bereits am Morgen starteten die fleißigen Helfer mit dem Aufbau der Pyramide. Parallel dazu wird an der Beleuchtung und den ersten Dekohäusern gebastelt. Am 07. November wird zudem die Fichte auf dem Altmarkt anrollen.

Auch an anderen Stellen in der Dresdner Innenstadt weihnachtet es schon kräftig. So hängen in der Altmarktgalerie bereits die ersten Weihnachtsgirlanden, während das „Winterdorf“ am Postplatz via Facebook die Tage bis zur Eröffnung zählt. Es wird vom 25. November bis zum 23. Dezember täglich zwischen 10 und 22 Uhr geöffnet sein und auf das Fest einstimmen. Wer so lange nicht mehr warten mag, der kann jedoch ab dem 23. November beim mittelalterlichen Adventsspektakel im Stallhof ein paar Weihnachtsgefühle (bis 23.12.) erhaschen. Der Striezelmarkt wird am 24.11. um 16 Uhr seine Tore öffnen und Dresden dann täglich (10-21 Uhr) bis zum Heiligen Abend (14 Uhr) wieder mit Leckereien und einem bunten Programm die Vorweihnachtszeit versüßen. Vom 25. November an können die Dresdner und ihre Gäste auf der anderen Straßenseite über den Weihnachtsmarkt an der Frauenkirche schlendern. Fehlt eigentlich nur noch das Glühwein-Wetter …

Nicole Laube

 

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Wird Dresden doch noch Weltkulturerbe?

Gartenstadt spekuliert auf Titel

Zwei Jahre ist es nun her, dass dem Dresdner Elbtal – dank Brückenbau – der Titel UNESCO-Welterbe aberkannt wurde. Doch die Dresdner lassen sich davon nicht unterkriegen. Jetzt startet der Stadtteil Hellerau einen neuen Versuch. Wie der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) meldet, habe eine Initiativgruppe, der Unternehmer und Bürger angehören, die Bewerbung um den UNESCO-Welterbetitel bereits im Sächsischen Innenministerium abgegeben.

Hellerau sei ein“Laboratorium einer neuen Menschheit“ und damit wohl auch weltkulturerbeverdächtig. Immerhin habe das schon 1912 der französische Schriftsteller Paul Claudel gewusst. Die Landesregierung wird jedoch erst im Juni 2012 entscheiden, welche sächsischen Weltkulturerbe-Berwerber auf die nationale Vorschlagsliste wandern. Es bleibt also trotz oder wegen der Brücke am Waldschlösschen spannend! (NL)

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Neubau für Spitzenforschung

Exzellente Biomedizin unter modernem Dach

Das DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien – Exzellenzcluster (CRTD) – der Technischen Universität Dresden hat eine neues Dach über dem Kopf. Das Gebäude wurde vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement innerhalb von drei Jahren errichtet und bietet der Dresdner Biomedizin-Forschung nun beste Bedingungen – die auch in der Exzellenzinitiative von Vorteil sein können. Schließlich ist das CRTD ein wichtiger Bestandteil der Dresdner Bewerbung. „Spitzen-Forscher benötigen Spitzen-Forschungsbedingungen. Mit dem heutigen Tage dürften diese gegeben sein und die Attraktivität unseres Biotechnologie-Standortes steigen“, sagte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU)  bei der Einweihung des Neubaus in der vergangenen Woche.

Die Gesamtkosten für den hochmodernen Neubau, der den Komplex des Bioinnovationszentrums in der Dresdner Johannstadt abschließt, belaufen sich auf 48,6 Millionen Euro. Der Freistaat Sachsen inklusive TU Dresden tragen davon rund 26 Millionen Euro, während der Bund sich mit rund 15 Millionen Euro beteiligt. Über sieben Millionen Euro wurden über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bereit gestellt. Bis zur Fertigstellung des Gebäudes hatten die Forscher des CRTD übergangsweise in anderen Laboren und Büros auf dem Biotechnologie-Campus gearbeitet.

Das 2006 gegründete Zentrum für Regenerative Therapien Dresden der TU ist das bisher einzige DFG-Forschungszentrum und Exzellenzcluster in Ostdeutschland. Ziel des CRTD ist es, das Selbstheilungspotenzial des Körpers zu erforschen und völlig neuartige, regenerative Therapien zu entwickeln. Die Forschungsschwerpunkte des Zentrums konzentrieren sich auf die Hämatologie und Immunologie, Diabetes, neurodegenerative Erkrankungen sowie Knochen- und Knorpelersatz. Zurzeit arbeiten sechs Professoren und elf Forschungsgruppenleiter am CRTD. Sie sind in ein interdisziplinäres Netzwerk von über 80 Laboren aus sieben verschiedenen Institutionen Dresdens eingebunden. Das Zentrum bietet  heute mehr als 270 Arbeitsplätze.

Der Direktor des CRTD, Prof. Michael Brand, sieht den CRTD-Neubau als einen weiteren Leuchtturm der Biomedizin, der Dresdens internationale Forschungsgemeinschaft Biopolis ergänzt: „Im eigenen Haus können nun das erste Mal alle 17 CRTD-Forschungsgruppen unter einem Dach forschen und lehren. Die Wege verkürzen sich, was interdisziplinäres Zusammenarbeiten ebenso erleichtern wird wie beispielsweise die gemeinsame Nutzung der Technologien.“ (NL)

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Kunst kennt keine Grenzen

Tschechisch-Deutsche Kulturtage starten

Mit Musik, Film, Puppentheater, Kabarett und Literatur starten die 13. Tschechisch-Deutschen Kulturtage vom 26. Oktober bis zum 13. November ein buntes, interkulturelles Programm in Dresden, Ústí nad Labem und der Euroregion Elbe/Labe. Insgesamt 73 Veranstaltungen laden dabei zum fröhlichen Kulturaustausch ein.

Musikalisch wird das Festival am 26. Oktober auf tschechischer Seite in Teplice eröffnet: Die Nordböhmische Philharmonie Teplice konzertiert unter der Leitung des Rektors der Dresdner Musikhochschule, Prof. Dr. Ekkehard Klemm. Stipendiatinnen der Brücke/Most-Stiftung und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes Bonn übernehmen die Soloparts im Konzertprogramm. In Dresden wird das Konzert am 11. November an der Hochschule für Musik zu hören sein.

Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft Dresden-Ostrava sind die Fotoausstellungen „Ostrava“ des tschechischen Fotografen Viktor Kolá?s ab 26. Oktober in der Dreikönigskirche und „Selbstportraits aus Ostrava“ von Dita Pepe, einer in Ostrava lebenden Fotografin, ab 3. November im Sächsischen Staatsministerium der Finanzen zu sehen.

Während der Shuttle-Lesung „Prager Nacht“ am 29. Oktober werden die Besucherinnen und Besucher zu einem literarisch-dokumentarischen Streifzug durch Dresden eingeladen. Zwei Busse bringen das Publikum an zwölf ausgesuchte Leseorte. Dort tragen 13 professionelle Schauspieler zum Ort passende Kurztexte szenisch vor. Vom 20. bis 26. Oktober werden bei der 1. Tschechischen Filmwoche zudem hochkarätige Filme in den Dresdner Kinos Thalia und Programmkino Ost gezeigt.

Manfred Wiemer, Leiter des Amtes für Kultur und Denkmalschutz, freut sich auf das Ereignis: „Im März 1971 wurde die Städtepartnerschaft zwischen Dresden und Ostrava besiegelt. Es ist eine lebendige Verbindung entstanden, von der viele Bereiche des öffentlichen Lebens beider Städte profitieren. Die Tschechisch-Deutschen Kulturtage gehören fest zum jährlichen Kulturkalender in Dresden.“ (NL)

Linktipp: www.tschechische-kulturtage.de

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Kuscheliges Kino im kühlen Herbst

19. Kinolino für Kinder, Eltern und Großeltern

Die Dresdner Kinos Schauburg, Programmkino Ost, Thalia, Kino im Dach (KiD) und Kino in der Fabrik (KiF) laden im Herbst alljählich zur fröhlichen Filmschau für Familien ein. Bereits seit neunzehn Jahren versüßen sie die Ferienzeit mit ausgewählten und kindgerechten Filmen.

So werden neben sechs Dresdner Premieren, wie der Eröffnungsfilm „Tom Sawyer“ von Hermine Huntgebruth, auch alte Filmklassiker, die die Eltern und Großeltern schon gerne gesehen haben, gezeigt. Da wäre zum einen „Winnetou und der Schatz im Silbersee“ oder „Der Zauberer von Oz“.

An zwölf Festivaltagen (20.10. bis 31.10.2011) gibt es 286 Veranstaltungen. Und da ist garantiert für jeden etwas dabei. Ein besonderes Schmankerle ist das erste Kinolino Spezial, wenn am 30.Oktober Charlie Chapins „The Kid – Der Vagabund und das Kind“ in der Schauburg läuft und am Piano von Andreas Grug begleitet wird.

Janine Kallenbach

Linktipp: www.kinolino.de

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Der Katastrophe auf der Spur

Autorin Kathrin Röggla im Societaetstheater

Das Societaetstheater Dresden lädt am Wochenende im Rahmen der Reihe Salon am Sonntag zu einem spannenden Gespräch ein. Zu Gast ist dabei am 23. Oktober, 11 Uhr, die Prosa- und Theaterautorin Kathrin Röggla (Foto: PR/Societaetstheater). Unter dem Motto „Alarm-Gestöber und Krisenstimmung“ wird sie sowohl an einer Gesprächsrunde teilnehmen als auch aus ihren Werken lesen und so quasi literarisch dem „Katastrophischen auf der Spur“ sein. Die Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung „Büchers Best“ organisiert und von Janina Müller moderiert.

Röggler ist sowohl als Prosaautorin („die alarmbereiten“, „wir schlafen nicht“) als auch durch ihre Theaterstücke („die unvermeidlichen“, „die beteiligten“) bekannt geworden. Sie produziert außerdem Radioarbeiten wie Hörspiele und akustische Installationen. Die Schriftstellerin ist unter anderem mit dem Nestroy-Autorenpreis für ihr Stück „worst case“ ausgezeichnet worden. In ihren Essays und literarischen Arbeiten hat sie sich eingehend mit den Phänomenen der Krise und der Katastrophe auseinandergesetzt.

Karten sind zum Preis von 5,50 Euro im Societaetstheater erhältlich. (NL)

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Wenn Phönix aus den Trümmern steigt

„Das steinerne Brautbett“ am Staatsschauspiel

Das Schauspielhaus ist zur Uraufführung „Das steinerne Brautbett“ nach dem Roman von Harry Mulisch (1958, für die Bühne eingerichtet von Regisseur Stefan Bachmann und Felicitas Zürcher) nicht ausverkauft. Anders als bei der „Turm“-Premiere vor einem Jahr interessiert sich kaum jemand für dieses Dresden-Drama, denn wohl kaum einer kennt dessen literarische Vorlage. Das ist erstaunlich, handelt sie doch von der konfliktreichen Begegnung zwischen Ursache und Wirkung, Täter und Opfer nach dem Angriff auf die Stadt im Zweiten Weltkrieg, bei dem es keine Gewinner, nur Verlierer gab. Der ehemalige amerikanische Bomber-Pilot Norman Corinth 1956 fliegt zu einem Zahnarztkongress ausgerechnet wieder in der Stadt ein, die er 1945 (mit) bombardierte: in Dresden. Der verhängnisvolle Kongress wird angesichts seiner Erinnerungen an den Krieg und den Begegnungen mit den Einheimischen schnell zur Nebensache – und bald ist klar, dass nicht nur die Mauern der Stadt seitdem in Trümmern liegen.

Dabei – und das ist symptomatisch für Mulisch – geht es um mehr als Dresden und seinen Mythos, sind es doch ebenso philosophische wie universelle Fragen, die hier behandelt werden. Vermeintlich klare Tatsachen der Geschichtsschreibung werden den Gefühlen und individuellen Erinnerungen ihrer Protagonisten gegenübergestellt und somit ein hochphilosophischer Denkprozess in Gang gesetzt. Antike Gesänge zeigen Erinnerungen und Rückblenden, verleihen dem Thema damit aber auch überzeitliche Bedeutsamkeit. Und dennoch bleibt die Bühnenaufführung anno 2011 strikt im Jahr 1956 – und in Dresden – verhaften.

Dabei ist die Inszenierung niemals nur ernsthaft, setzten Musik und Situationskomik an vielen Stellen gelungene Kontrapunkte – etwa zu den Videoprojektionen vom zerstörten Dresden. Wolfgang Michalek verleiht der Hauptfigur Corinth die nötige Fassade: seelische Gebrochenheit und Zweifel blinzeln da immer wieder hinter einem von Narben entstellten, eisernen Gesicht hervor. Es geht um politische Doktrin, um Proklamationen, die zeitweise als wahr galten und sich nach langer Zeit schließlich als falsch oder zumindest zweifelhaft herausstellen. Letztere sind längst nicht mit dem letzten Kriegsfeuer verloschen, wie Karina Plachetka in der Figur der Hella darstellt. Sie lässt sie im Spannungsfeld zwischen Vollweib und verbissen-verletzbarer Kommunistin erscheinen. Ahmad Mesgarha mimt vor allem Pensionsinhaber Ludwig romangetreu als zynischen Gastgeber im Schifferpulli. Insgesamt ein starkes Ensemble, in dem dank dem zeitlichen Abstand von über 50 Jahren auch an vielen Stellen die Ironie mitspielt.

Das alles geschieht in der Bühnenversion sehr textnah auf einer Gerüstkonstruktion (Bühne: Simeon Meier), die auffallend an die Turmkulisse erinnert, in diesem Fall allerdings vielmehr die seelische Leere der von der Geschichte gezeichneten Charaktere repräsentiert. Hella, jene Gästeführerin, die Corinth gleich am Flughafen in Empfang nimmt, bleibt dabei als personifiziertes Dresden nahezu omnipräsent. Die von ihr ausgehende Erotik ist hier kein billiges Stilmittel, sondern dem Roman getreu dargestellt, setzt Mulisch den Krieg darin doch auch mit dem Wahnsinn der Erotik in jenen Momenten gleich, in denen selbst das Verwerfliche erstrebsam wird.

So bringt Bachmann mit seiner Inszenierung von Mulischs Roman insgesamt starkes Theater auf die Bühne, in dem Text, Ensemble und Gestaltung eine überzeugende Symbiose bilden. Dem Zuschauer bleibt am Ende der fast drei Schauspielstunden viel Brot für Reflexionen, die Erinnerung an einen ebenso spannenden wie unterhaltsamen Abend – sowie die Lust, das Buch vielleicht doch zu lesen …

Mulisch „Das steinerne Brautbett“ im Großen Haus wieder am 08.10. und 20.10. jeweils 19.30 Uhr

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Pathos statt Politik

Verdis Maskenball an der Semperoper

„Mit der Demaskierung offenbart sich die Katastrophe – ein Mord geschieht auf einem Fest vor den Augen aller, die sich scheinbar sicher auf dem spiegelglatten Gesellschaftsparkett bewegen; jeder perfekt in seiner Rolle als Teil eines räderwerkartigen Systems. Dieses kollabiert, als das Getriebe ins Stocken gerät, hervorgerufen durch menschliche Regungen abseits eingeschliffener Bahnen“, säuselt der Einleitungstext zur aktuellen Verdi-Inszenierung auf der Opernwebseite verheißungsvoll.

Von solch hochaktuell-spannender Brisanz ist in der Inszenierung von Elisabeth Stöppler (Foto: PR/Matthias Creutziger) jedoch nichts zu erkennen. Hier geht es um Liebe, Gefühl, Pathos, anstatt um das Schwanken zwischen Hoffnung und Ausweglosigkeit – kaum verletzte Eitelkeiten, keine vermeintlich intakte Gesellschaft, die auf der hiesigen Maskenballbühne ins Wanken gerät. Dabei scheint wenigstens die Reduzierung eines eigentlich hochpolitischen Stoffes auf gefälligere Lesarten symptomatisch für Verdis Oper zu sein. Schließlich wurde dank Zensur bereits anno 1790 aus dem schwedischen König Gustav III. die eher belanglose Hauptfigur Riccardo, während Stockholm als Schauplatz gegen Boston weichen musste. Vielsagend, dass in Dresden – im Gegensatz zu anderen Opernhäusern – auch heute noch die politisch entschärfte Namensversion auf der Bühne regiert.

Für das Verständnis spielt es deshalb auch keine Rolle, ob Stöpplers „Maskenball“ nun auf modern-abstraktem Theaterparkett oder vielleicht gar im Hollywoodstudio (Bühne: Rebecca Ringst, Annett Hunger) tanzt: hier geht es schließlich um empfindsame Innerlichkeiten – die dem Komponisten allerdings eher Mittel als Ursache zum Zweck gewesen sein dürften – und wertvolles Potenzial der Handlung wird dabei vergeudet. So spiegelt die Bühne optisch nur wider, was die Inszenierung an Inhalt entbehrt: moderne Abstraktionskunst mit Bezug zum 21. Jahrhundert.

Spannende Interpretationsansätze sind kaum auszumachen. Gestalterisch dümpelt das Ganze vor sich hin, einige Sounddesign-Experimente wirken mehr störend als sinnvoll – und während die Bühne rauf und wieder runter fährt, das Licht mal bunt, mal düster scheint, ist der verräterische Mord eigentlich von Anfang an klar.

Langweilig wird es aber – und das wiederum ist das Gute an diesem „Maskenball“ – dennoch nicht. Servieren doch die Staatskapelle unter der Leitung von Carlo Montanaro und das Sängerensemble einen musikalischen Leckerbissen allererster Güte. Wookyung Kim als Riccardo ist dabei nur einer von vielen Stars des Abends. Der in Dresden immer wieder gern gesehene Tenor brilliert auch in dieser Inszenierung in allen Facetten, singt kraftvoll mit dem Orchester oder voller Gefühl in der Arie mit Majorie Owens (alias Amelia). Und auch Owens beherrscht die lauten und leisen Töne ihrer Rolle aufs Feinste, während Marco Vratogna den Renato bisweilen zwar kraftvoll, an vielen Stellen aber allzu gequält interpretiert. Mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit dagegen singt Carolina Ullrich die Hosenrolle des Oscar. Glasklar und unaufgeregt singt sie sich durch die Koloraturen ihrer Rolle und erobert so das Premierenpublikum im Sturm. Verdis Musik, ebenso spannungsvoll interpretiert von der Sächsischen Staatskapelle, wirkt mit diesem starken Ensemble an den richtigen Stellen kämpferisch, erregt und ergreifend bis dramatisch – Gänsehaut inbegriffen. So bleibt der Abend als außergewöhnliches Klangerlebnis in bester Erinnerung.

Semperoper Dresden, wieder am 03./06./09./12. Oktober 2011

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