Elektrisierende „Elektra“

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Furiose Eröffnung des Strauss-Jahres an der Semperoper

Das Strauss-Jahr ist eröffnet! Mit einer Premiere, die dresdnerischer kaum sein könnte. Einer selten umjubelten Premiere. Richard Strauss’ Oper „Elektra“ auf das Libretto von Hugo von Hofmannsthal feierte anno 1909 in der Semperoper umstrittene Uraufführung und ward nun in der Regie von Barbara Frey an gleicher Stelle zu neuem Leben erweckt.

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Neun Uraufführungen, aber keine Wohnung

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Wie Richard Strauss nach Dresden kam

Dem Wagner-Jahr folgt das Strauss-Jahr. Doch wer war Richard Strauss eigentlich? Und was verbindet ihn mit Dresden? Eine Spurensuche.

Richard Strauss, eigentlich Richard Georg Strauss, wurde am 11. Juni 1864 in München geboren und gehört – nicht zu verwechseln mit dem Walzer-Johann – zu den großen deutschen Musikern der ausklingenden Spätromantik. Anders als Richard Wagner hat Richard Strauss jedoch niemals in Dresden gelebt. War die hiesige Hofkapelle für Wagner eine musikalische „Wunderharfe“, so soll Strauss die Stadt und ihre Oper als „Dorado“ für Uraufführungen bezeichnet haben.   

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Musikalischer Jahresauftakt

Neujahrskonzerte in Dresden – ein Überblick

Prosit Neujahr heißt es in Dresden nicht nur um Mitternacht, sondern auch in den Konzertsälen. Denn was die Wiener können, kann Elbflorenz (Foto: Staatsoperette/Stephan Floß) schon lange. Wo es zum Jahresauftakt singt und klingt, zeigt elbmargarita im ersten Beitrag des Jahres 2014 in der Übersicht:

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Zurück zum Idealismus

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Matthias Spaniel leitet ab Januar die TU bühne

Er nennt sich selbst am liebsten „Theatermacher“. Dabei ist Matthias Spaniel (Foto: PR/Volkmar Knoch) Dramaturg, Regisseur und Pädagoge in einem. Ab Januar 2014 wird er offiziell von Andreas Mihan die künstlerische Leitung von „die bühne – das Theater der TU Dresden“ übernehmen. Für den 33-Jährigen ist das auch eine Rückkehr in seine Heimatstadt Dresden, aus der er vor 15 Jahren zunächst zum Studium der Germanistik nach Hamburg aufbrach.

Diese Saison sei noch eine Übergangsspielzeit, die er zusammen mit Andreas Mihan gestalte, sagt Matthias Spaniel – und er sei froh darüber, dass der Wechsel so fließend funktioniere. Vor fünf Jahren, gleich nach seinem Studium, hatte er sich schon einmal um die Stelle des bühnen-Leiters beworben. Damals noch ohne Erfolg. „Das war gut so“, sagt Spaniel heute, inzwischen habe er viele Erfahrungen als „Theatermacher“ sammeln können, fühle sich nun qualifiziert genug für den Job. Spaniel inszenierte in den vergangenen Jahren unter anderem an der Theaterfabrik Gera, dem Theater der Künste Zürich und dem Theater Rudolstadt, wo er in der Spielzeit 2009/10 als Schauspieldramaturg engagiert war. Er ist darüber hinaus Mitbegründer des ersten Thüringer Seniorentheaterfestivals „Ruhestörung“, das 2013 eine zweite Auflage erlebte.

Nun will er sich also dem jugendlichen Bühnennachwuchs widmen. Wenn man ihn fragt, warum es ihn zu dem kleinen Amateurtheater an Dresdens großer Universität zieht, antwortet er gerade heraus: „Die Studenten spielen alle ehrenamtlich mit dem Ziel, gutes Theater zu machen. Es ist ein großer Idealismus in dem Ensemble spürbar, den habe ich an professionellen Theatern oft vermisst.“ Bereits 2009 erarbeitete Matthias Spaniel an der bühne die Stückentwicklung „heimatEN“. Da lernte er den Verein mit derzeit zirka 30 aktiven, häufig wechselnden, Mitgliedern zum ersten Mal kennen.

Die Universität stellt dem Studententheater Räume zur Verfügung und finanziert die Stelle des Leiters. Der Rest – immerhin rund 80 Vorstellungen pro Spielzeit – wird allein dank der Leidenschaft der Mitglieder am Leben gehalten. Nur etwa ein Drittel der „bühnis“, wie Spaniel seine Schützlinge nennt, landen irgendwann tatsächlich im professionellen Theaterbetrieb, die anderen verfolgen die verschiedensten Fachrichtungen bis ins Berufsleben weiter. „Hier spielt niemand, weil er damit Geld verdienen muss, wir haben dadurch auch eine Art Freiraum, das reizt mich“, sagt er. Und als Spaniel in der charmant-chaotischen Kaffeeküche der bühne zwischen Keksen und Programmzetteln auch noch erzählt, dass er seinen gut bezahlten Job als Dozent an der Züricher Hochschule gern gegen das kleine Theater in Dresden eintausche, glaubt man ihm das aufs Wort.

Als künstlerischer Leiter möchte er die TU bühne stärker mit dem Universitätsbetrieb vernetzen. So gebe es beispielsweise in der Lehrerausbildung der TU derzeit noch kein Theatermodul, das wolle er anregen. „Auch die Wahrnehmung der bühne an der Uni ist noch eine Baustelle. Wir wollen nicht die neue OFF-Bühne für Dresden werden, aber eine feste Instanz an der Universität“, sagt er. Sein Ziel: Jeder Student soll wissen, dass es die bühne gibt. Die Öffnung des Theaters zur Stadt außerhalb des Campus sei erst der zweite Schritt.

Noch in dieser Spielzeit möchte er eine Inszenierung an einem anderen Ort auf dem Campus realisieren. Insgesamt werde er dem bisherigen bühne-Konzept mit vier großen und unzähligen kleineren – meist von professionellen Regisseuren geleiteten – Produktionen aber treu bleiben. „Wir haben nicht den Planungsvorlauf eines Stadttheaters, dafür können wir viel spontaner auf Ideen aus dem Ensemble reagieren“, so Spaniel. „Als Student kann und sollte man auch mal unbequem sein“, findet er – und möchte seine bühnis dazu sogar ermutigen, wenn er im Januar in die Arbeit an dem Studententheater startet.

Nicole Czerwinka

Nächste Vorstellungen die bühne: „The Holy Shit – die Weihnachtsshow der bühne“, am 22.12., 20 Uhr im Projekttheater

Linktipp: www.die-buehne.tu-dresden.de

(Foto: PR/Volkmar Knoch)

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Humorvolles Weihnachts-Chaos

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„Hilfe, die Herdmanns kommen!“ am tjg

Die Herdmanns sind lotterig, rotzig, einfach unzähmbar. Die Sprösslinge dieser ungeliebten Familie kennen schließlich nicht einmal die Weihnachtsgeschichte. Wie um Himmels Willen soll denn das traditionelle Krippenspiel ablaufen, wenn die schlimmste Familie in der Kleinstadt nun auch hier die Hauptrollen an sich reißt? Das Theater junge Generation beschert mit dem turbulenten Werk „Hilfe, die Herdmanns kommen“ von Barbara Robinson (übersetzt u. bearbeitet von Nele und Paul Maar) einen vorweihnachtlichen Theaterspaß mit Pfiff. Regisseur Taki Papaconstantinou inszeniert das humorvolle Familienstück so schwungvoll, dass man nach knapp zwei Stunden Aufführungszeit am liebsten sitzen bleiben und weiterschauen möchte.

Von Anfang an fesseln die „Herdmanns“ die großen wie kleinen Zuschauer hier mit Musik, Witz und einer rasanten Erzählweise. Auf der mit nackten Weihnachtsbäumen bestückten Bühne (Ulrike Kunze) zeigt sich die gesamte Bandbreite kleinstädtischer Spießigkeit: Die Schauplätze wechseln vom elterlichen Wohnzimmer mit Couch, Teeküche und Christbaum, in vorweihnachtliche Straßen mit Bettlern, Musikern und Baumverkaufsstand, bis ins warme, sonst Herdmann-freie, Kirchenschiff. In selbigem laufen die Proben für das Krippenspiel dieses Mal etwas turbulenter ab als sonst. Doch Mutter Barbara (Susan Weilandt) hat sich ehrgeizig vorgenommen, in Vertretung einer kranken Nachbarin das beste Krippenspiel aller Zeiten zu inszenieren.

Gar nicht so einfach, denn die Herdmanns schleichen, springen und schlurfen als düstere Punkbande (Foto: PR/Klaus Gigga) durch die Szene. Sie sind gefürchtet bei den Kindern der Stadt, rücksichtslos und brutal. Doch während der Proben verblüffen sie plötzlich mit ihrer anarchischen und tiefsinnigen Interpretation der Weihnachtsgeschichte. Dass diese am Ende nicht nur im Stück im Stück, sondern auch ganz real im Theatersaal zum Erfolg wird, mag einerseits der Vorlage voller Wortwitz und Ironie zu verdanken sein. Papaconstantinou würzt diese zudem mit reichlich  amerikanischen Weihnachtsschlagern (Musik: Bernd Sikora, Stefan Bormann), zart gestreuten Sitcom-Elementen und einem starken Schauspielensemble.

Seine Inszenierung besitzt schlichtweg Pep, besticht durch detailreiche Bilder und schafft mit der liebevollen Gestaltung mühelos Weihnachtsatmosphäre. Besonders Susan Weilandt (als Mutter), Eric Brünner (als Vater) und Marc Simon Delfs (als Sohn) sowie die drei Herdmanns (Nadine Boske, Charles Ndong und Marja Hofmann) überzeugen dabei von der ersten bis zu letzten Minute mit ihrem humorvollen Spiel. Allein die amerikanischen Weihnachtslieder scheinen sich nicht so recht auf der Dresdner Bühne einzufügen und könnten bei dem einen oder anderen für Ernüchterung sorgen.

Zur Vorstellung am vergangenen Sonnabend (14.12.) schien das jedoch nicht der Fall zu sein. Der tobende Schlussapplaus inklusive lauter Bravo-Rufe hielt auch der Gesangszugabe stand – und vor allem das kleine Publikum zeigte sich dabei genauso fröhlich ausdauernd wie in der Vorstellung.

Nicole Czerwinka

„Hilfe, die Herdmanns kommen“, am Theater junge Generation, wieder am 16.12., 12 Uhr; 17.12., 18.12. und 19.12., je 9 Uhr und 12 Uhr; 20.12., 10 Uhr; 21.12., 16 Uhr; 22.12., 11 Uhr und 16 Uhr; 23.12., 11 Uhr; 26.12., 27.12., je 16 Uhr

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Verschwunden im Eismeer

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„Das Kind der Seehundfrau“ an den Landesbühnen

Sphärischer Gesang erklingt auf der Studiobühne der Landesbühnen Sachsen. Eine Melodie wie aus einem fernen Land kündet – ähnlich einer Ouvertüre – von dem, was hier gleich erzählt werden soll. In der Regie von Klaus-Peter Fischer erwacht das alte Inuit-Märchen „Das Kind der Seehundfrau“ als musikalisches Theater für Kinder (ab 8 Jahren) nun zu neuem Leben.

Die Geschichte (Foto: PR/Hagen König) handelt von dem Eskimojungen Oruk, der bis zu seinem siebten Lebensjahr unbeschwert mit Vater und Mutter in einer kleinen Fischer-Hütte am Eismeer lebt. Als seine Mutter plötzlich krank wird, lüftet sich jedoch schon bald ein lang gehütetes Geheimnis seiner Eltern. Denn Oruks Mutter ist eigentlich ein Seehund. Vor der Hochzeit musste sein Vater versprechen, ihr das Seehundfell nach sieben Jahren zurückzugeben, damit sie wieder ins Meer zu den Seehunden gehen kann. Fischers Inszenierung erzählt diese nachdenkliche Geschichte von Liebe und Trennung auf behutsame Weise und hält gekonnt die Waage zwischen traurigen und humorvollen Momenten.

Dies gelingt nicht zuletzt aufgrund der Kompositionen, die der Musiker Jan Heinke für diese Aufführung schuf, so hervorragend. Das Orchester, das er zusammen mit Thomas Tuchscheerer (Celesta) und Demian Kappenstein (Percussion) bildet, vereint teils ungewöhnliche Instrumente aus Schrott, die ein wenig wie ein Sammelsurium in einem Kuriositätenladen wirken – ein Sammelsurium mit 1000 Klangfarben, versteht sich. Da funktioniert ein seltsamer Schlauch als Flöte, ein paar Regenrohre werden zu einer Art Didgeridoo verschraubt und Bürsten dienen als Geräuschmacher auf der Pauke. Nicht zu vergessen Heinkes Stahlcello aus unterschiedlich langen Edelstahlstäben, einem metallischen Resonator, gespielt mit einem Bogen aus Bambus und Angelschnur.

Die Töne, die aus diesem exotischen Orchester strömen, machen zwar das ganze Spektrum arktischer Kälte hörbar, sind dabei aber weit harmonischer und weicher, als die optische Beschreibung der Instrumente vielleicht ahnen lässt. Die Musik wirkt wie eine zweite Erzählebene in dem Stück. Fast schon filmmusikalisch unterstützt sie die Handlung mit Klängen, Geräuschen oder einzelnen Liedern. Sie fängt traurige Momente mit hellen Tönen auf, erzeugt Spannung mit Klängen und verschafft dem Erzählten dank ihres großen Geräuschspektrums eine zusätzliche Tiefe. So wird es auch den kleinen Zuschauern im Saal nie langweilig.

Raffiniert ist auch das Bühnenbild (Ausstattung: Irina Steiner): Drei Stühle symbolisieren Kanus und Eskimohütte. Ein großes blaues Tuch auf dem Boden dient als kuscheliges Bett oder wogendes Meer. Auch dank geschickter Lichtregie (Beleuchtung: Elke Häse) sorgt diese reduzierte Ausstattung für einprägsame Bilder. In der kleinen, gemütlichen Kammerkulisse wechseln Sängerin Stephanie Krone und Schauspieler Grian Duesberg die Rollen von Mutter, Vater, Oruk und dessen Freundin. Krone überzeugt hier nicht nur stimmlich als reife Seehundfrau und junger Backfisch, während Duesberg die brennende Verzweiflung des Vaters und die kindliche Unbeschwertheit Oruks mitreißend transportiert.

So entstehen wirklich berührende Momente, in denen die Weite der arktischen Eiswelt tatsächlich aufzutauchen scheint – und mit der ganzen Poesie dieses nachdenklichen, hierzulande bislang eher unbekannten Märchens aus der Arktis die Herzen der Zuschauer im Nu erobert und wärmt.

Nicole Czerwinka

„Das Kind der Seehundfrau“ an den Landesbühnen Sachsen, wieder am 16.12., 10 Uhr; 18.12., 10 Uhr; 22.12., 15 Uhr; 23.12., 15 Uhr in Radebeul u. am 12.2.14, 10 Uhr im Theater Meißen

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Es singt und klingt mit Styropor

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Jördis Lehmann gestaltet das „Plastische“ am Theater

Am liebsten würde sie in ihr Atelier ziehen. „Zu Hause habe ich Werkzeug, hier habe ich Werkzeug, das ist anstrengend!“, erklärt Jördis Lehmann (Foto: Josefine Gottwald). Die Diplom-Designerin mit Schwerpunkt Theaterplastik hat sich vor zehn Jahren mit einer Kommilitonin unter dem Namen „Werk 2“ selbstständig gemacht – und das, obwohl beide eine Zusage von der Leipziger Oper hatten.

Ihr erster Kunde bestellte einen riesigen schwimmenden Gartenzwerg, erinnert sie sich. „Wir haben gesagt, wenn der nächste Auftrag wieder so deprimierend wird, hören wir auf!“ Heute fertigt sie Kostüme, Puppen und Kulissen für fast alle Theater in Dresden, und die Werkstatt in der Erlenstraße ist mittlerweile viel zu klein geworden. Zwischen Büsten und Ölgemälden stapeln sich Eimer und Farben, Nadel und Faden, aber auch Messer und Meißel, Reste von Schaumstoff, Bauschaum und Styropor.

Sie sagt, das Schönste an ihrem Beruf sei, dass man sich ständig für neue Probleme individuelle Lösungen einfallen lassen muss – dabei näht sie einem Hasen die Nase an. Das Studium der Theaterplastik gibt es nur in Dresden an der Hochschule für bildende Künste. Die wenigen Studenten, die durch die Eignungsprüfung kommen, lernen dort nicht nur Steinbildhauerei und Bronzeguss, sondern auch Fliesen legen und tapezieren.

Die Spezialität der Designerin sind Konstruktionen aus Peddigrohr, einem Rattan-ähnlichen Naturmaterial, das sich mit Heißluft biegen lässt. Daraus baute sie schon einen schwimmenden Drachen für die Zauberhafte Nacht der Nymphen in Moritzburg, der dann überraschend bei der Dresdner Schlössernacht wieder „auftauchte“.

Gerade in der Kostümplastik sind stabile Gerüste essentiell; ob ein Kleid mit Flügeln oder ein Pferd, in dem Menschen stecken – Jördis Lehmann kreiert alles, was über die Arbeit eines Schneiders hinausgeht. Haema wirbt mit plüschigen Blutbeutel-Maskottchen, die sie selbst entwickelt hat. Das letzte Kostüm war der Spion aus der „Hochzeit des Figaro“ für die Semperoper. Passenderweise musste das eine monströse Grüne Stinkwanze sein.

Dabei arbeitet sie immer unter Zeitdruck. Jetzt erweckt sie Puppen für „Das singende klingende Bäumchen“ zum Leben; zur Kostümprobe müssen sie ins Wechselbad. Wie im Märchen sind der Vorstellungskraft kaum Grenzen gesetzt: Die Praktikantin bemalt sechs Tauben, von denen vier fliegen und zwei Körner picken können, der verrückte Hase bekommt ein Geweih und der riesige Fisch auf Rädern soll über einen „See“ fahren.

Gebastelt hat Jördis Lehmann schon immer gern: Als Kind fand sie die Puppen in den Läden nicht so schön; von da an baute sie selbst welche – aus allem, was ihr in die Hände fiel. Eine von ihnen trug den Lieblingsschlafanzug ihrer Mutter. „Aber ich habe wirklich nur ein Stück vom Saum abgeschnitten!“, lacht sie.

 Linktipp: www.werk-2.biz

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Märchentheater statt Mattscheibe

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„Das singende, klingende Bäumchen“ im Wechselbad

Die Weihnachtsfeiertage wären ohne die legendären DEFA-Märchenfilme wohl nur halb so feierlich. Kein Wunder, dass Filmklassiker wie „Die Hexe Babajaga“ oder „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ nach der Mattscheibe oft die Theaterbühnen erobern. Auch „Das singende, klingende Bäumchen“ hat jetzt ein szenisches Pendant gefunden, in der Regie von Olaf Becker feierte dieses Märchen am Donnerstag (28.11.) Gastspiel-Premiere am Theater Wechselbad der Gefühle.

„Lehnt euch entspannt zurück“, ist hier die Aufforderung des Erzählers (Hans-Georg Pachmann) zu Beginn – und die darf durchaus ernst genommen werden. Denn was die Zuschauer in den folgenden zwei Stunden (inklusive 20-minütiger Pause) erwartet, ist bunt verträumte Märchenunterhaltung, ganz im Stile jener Produktionen gehalten, mit der die TW.O GmbH schon seit Jahren das Dresdner Publikum begeistert – als da wären „Die Hexe Babajaga“ Teil I bis IV oder der sommerliche „Spuk unterm Riesenrad“ auf dem Konzertplatz am Weißen Hirsch.

Beckers Inszenierung hält dabei gekonnt die Waage zwischen solider Schauspielkunst und kleinen, unterhaltsamen Showelementen, die wohl vor allem bei den kleinen Zuschauern für leuchtende Augen sorgen werden. So kommt der Prinz (Christoph Fortmann) hier zunächst auf einem herrlich lebensgroßen Papppferd daher, um schließlich die tausendschöne Prinzessin Tausendschön für sich zu erobern. Der König (Philipp Richter) freilich hätte gegen diesen Freier für seine Tochter nichts einzuwenden. Doch sein Prinzesschen (Stefanie Bock) ist eine mehr als verwöhnte Ich-will-ich-will-ich-will-Göre und fordert von ihrem Brautwerber zunächst das singende, klingende Bäumchen ein.

Der Prinz macht sich also auf die Suche, doch wäre das Märchen ja viel zu schnell zu Ende, wenn das Bäumchen gleich singen und die Geschichte ohne echte Bösewichte auskommen würde. So nimmt das Ganze seinen Lauf – und zieht mit vielen schönen Ideen, kleinen Späßen, nicht immer ganz sauber präsentierten Liedern (Musik: Andreas Goldmann), ein wenig Zauberei, romantischer Kulisse (Bühne: Anna Beck) und dem Charme aller Darsteller (Foto: PR/Robert Jentzsch) bis zum Ende in seinen Bann. So gibt etwa Philipp Richter einen wunderbar witzigen, tattrigen König und Andreas Reuther amüsiert als herzlich treudoofer Wachmann, der nie weiß, was er eigentlich tun soll.

Stefanie Bock ist eine Prinzessin, wie sie im Märchenbuch steht, und der man selbst als hartherzige Göre gern zuschaut. Christoph Fortmann dagegen gibt einen lebensfroh unbeschwerten Prinzen mit einem endlos guten Herzen, der sich nicht davon abbringen lässt, an das Gute in der kaltschnäuzigen Prinzessin zu glauben und damit wohl zum heimlichen Helden des Stückes wird. Und Peter Brownbill ist ein schaurig böser Zwerg, vor dem sich selbst große Zuschauer manchmal gruseln möchten. Als Vermittler in allen Lagen, wie ihn so ein Märchen eben braucht, hält auf der Bühne zudem Hans-Georg Pachmann in der Doppelrolle von Erzähler und Hofmarschall die Fäden der Handlung stets zusammen.

Am Ende, ja am Ende singt und klingt das Bäumchen dann schließlich doch. Begleitet von einem Fisch, einem Hasen, mehreren Tauben und allerlei Getier im herrlich bunten Märchenwald kann jetzt endlich Hochzeit gefeiert werden. Zur Premiere war dieses furiose Happy End vom tobenden Applaus der Zuschauer begleitet – und der wird sicher auch bei den nachfolgenden Vorstellungen (zu) recht üppig ausfallen.

Nicole Czerwinka

„Das singende, klingende Bäumchen“ im Theater Wechselbad der Gefühle, wieder am 4.12., 19.30 Uhr; 5.12., 6.12., 20 Uhr; 16.12., 17.12., 18.12., 19.12., 20.12., 19.30 Uhr; 21.12., 22.12., 23.12., 15 Uhr, am 24.12., 10.30/14 Uhr; 25.12., 26.12., 15 Uhr …

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Weihnachtsbühnenschau

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Wie Dresdens Theater die Adventszeit versüßen

Alle Jahre wieder, wenn Glühweinduft durch die Straßen weht und Winterfrost in die Nasen zwickt, zieht es die Welt in kuschelig warme Theatersäle. Dort steigen zur Weihnachtszeit Märchenfiguren aus der Vergessenheit empor, rütteln Melodien längst schlummernde Kindheitserinnerungen wach und lassen den Zauber des Jahresendes für ein paar wohlige Stunden lang Wahrheit werden. Was? Das glaubt ihr nicht? Dann schaut selbst, wie Dresdens Theater zur Weihnachtszeit funkeln:

Staatsschauspiel Dresden:

Am Staatsschauspiel Dresden versteckt sich dieses Jahr im Advent zum ersten Mal Erich Kästners „Klaus im Schrank“ und feiert samt seiner Familie ein verkehrtes Weihnachtsfest. Zudem treiben auch die drei Geister aus Charles Dickens „A Christmas Carol“ wieder ihr Unwesen im Palais im Großen Garten. Wer sich eines der beiden Stücke anschauen will, der muss jedoch schnell sein, die meisten Vorstellungen sind schon ausverkauft!

Landesbühnen Sachsen:

Dis Landesbühnen Sachsen bescheren zur Weihnachtszeit eine Qual der Wahl. Zum einen erobert hier die Musicalversion des Kultfilms „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ die Theaterbühnen, zum anderen wird hier wohl auch all jenen warm ums Herz, für die Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ zum Advent gehört wie Stollen und Lebkuchen. Zudem versüßt hier auch „Ox und Esel“, eine tierische Weihnachtsgeschichte von Norbert Ebel den Advent.

Theater junge Generation:

Das Theater der jungen Generation (tjg) tischt zum Fest dieses Jahr die ebenso komische wie nachdenkliche Geschichte über die verrückte Familie Herdmann auf. Diese will in dem turbulenten Stück „Hilfe, die Herdmanns kommen!“ natürlich unbedingt beim Krippenspiel in einer Kleinstadt mitmachen, schnappt sich flugs die begehrtesten Rollen und sorgt dabei für allerlei Aufruhr bei den Nachbarn. Ob am Ende daraus noch ein friedliches Fest wird?

Theaterkahn:

Lustig wird es auch auf dem Theaterkahn. Hier verbünden sich Patrick Barlow, Peter Kube und Tom Quaas zur sogenannten Weihnachtskultkomödie „Der Messias“, in dem die Weihnachtsgeschichte mit vielen Überraschungen einmal ganz anderes erzählt wird als sonst. An den Tagen rings ums Fest lädt zudem ein Programm mit Geschichten Musik vom Michael-Fuchs-Trio zu besinnlichen „Weihnachten auf dem Theaterkahn“ ein.

Comödie Dresden:

Ein süßer Protagonist der Weihnachtszeit wird zur Hauptfigur des neuen Weihnachtsmusicals an der Comödie Dresden. Das Stück „Willie der Weihnachtsstollen“ stammt aus der Feder des Comödien-Intendanten Christian Kühn und erzählt die Geschichte von einem in der Backstube vergessenen Stollen, der sich auf eine abenteuerliche Reise über den Striezelmarkt begibt. Mit von der Partie ist dabei auch DSDS-Sternchen Lisa Wohlgemut in der Rolle von Krümel, dem Baisertörtchen.

Theater Wechselbad der Gefühle:

Das schöne Märchen „Das singende, klingende Bäumchen“ flimmert dieses Jahr zum Fest nicht nur über die Fernsehbildschirme. Im Theater Wechselbad erobert der DEFA-Märchenklassiker nun auch die Bühne und wird dort nicht allein Kinderherzen an den Festtagen erfreuen. Die Produktion stammt übrigens von den Machern von „Die Hexe Babajaga“ und „Spuk unterm Riesenrad“.

Societaetstheater:

Kein Theater, aber dafür umso mehr Weihnachten bescheren das Dresdner Societaetstheater und das Barockviertel im Advent. Beim Adventsgeschichtenkalender lesen stadtbekannte Dresdner im Barockviertel vom 1. bis zum 23. Dezember jeden Tag winterliche Märchen oder Weihnachtsgeschichten. Die literarischen Kalendertürchen öffnen sich jeden Tag um 18 Uhr an einem anderen Ort im Barockviertel. Glühwein, Gebäck und Kerzenschein inklusive.

Theaterhaus Rudi:

Weihnachtszeit ist auch im Theaterhaus Rudi gleich Märchenzeit. Hier sind Familien zu einer ganz besonderen Vorstellung von „Hänsel und Gretel“ eingeladen. Im Puppentheater mit Karla Wintermann steht außerdem „Frau Holle“ auf dem Programm und Katharina Randel inszeniert mit ihren Puppen das Märchen „Der Wolf und die sieben Geißlein“.

Projekttheater:

Heiliger Bimbam! Die Weihnachtsgeschichte soll gar nicht wahr sein? Die bühne, das Theater der TU Dresden, hinterfragt dieses Jahr in ihrer Weihnachtsshow „The Holy Shit!“, was wäre wenn. Zu sehen ist dieses freche, junge Theater dreimal im Dezember im Projekttheater Dresden – und ganz sicher wird dabei so manche lustige Wahrheit über das Weihnachtsfest entlarvt.

Semperoper:

Gleich dreifach märchenhafte Weihnachtsunterhaltung schenkt die Semperoper im Advent. Hier tanzt Peter Tschaikowskis Nußknacker-Ballett (Foto: PR/Costin Radu) kunterbunt über die Hauptbühne, während in Semper II „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ das kleine Publikum in seinen Bann zieht und „Hänsel und Gretel“ sich in der zuckersüßen Inszenierung von Katharina Thalbach aus dem Pfefferkuchenhaus der Hexe befreien.

Staatsoperette:

Die Staatsoperette Dresden setzt zum Jahresende ebenfalls auf den Zauber der Märchenwelt. Neben Humperdincks „Hänsel und Gretel“ kommt hier mit der „Weihnachtsgans Auguste“ ein weiteres typisches Weihnachtsstück unter den Baum. Und auch der „Zauberer von Oz“ spukt hier über die Bühne, um die Qual der Wahl perfekt zu machen.

Nicole Czerwinka

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Spiegelbild mit doppeltem Boden

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„Echo und Narziss“ an der bühne – eine Nachschau

Artikulations- oder kurz einfach A-Versuche sind in der Regel eher kleine Theaterproduktionen, mit denen die jungen Amateurschauspieler an der bühne, dem Theater der TU Dresden, sich in kurzen, aussagekräftigen Stücken in der Theaterkunst probieren. Die Ergebnisse sind etwa alle viertel Jahre zu sehen, fallen mal gelungen, mal krude oder verwirrend aus – und haben immer ein wenig Geheimtippcharakter in der Dresdner Theaterlandschaft.

Der jüngste A-Versuch mit dem Titel „Echo und Narziss“ (Foto: PR/bühne) jedoch scheint ein besonderes Exemplar seiner Art zu sein. Die griechische Sage um den an unstillbarer Selbstliebe erkrankten Narziss, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt, kommt hier in einer äußerst experimentierfreudigen Inszenierung von Fynn Schmidt und Annemarie Renker auf die Bühne. Immer wieder von einer hinter den Bühnenraum blickenden Videoaufnahme ergänzt, wird die diese mythologische Geschichte von dem zwölfköpfigen Ensemble mit sichtbarer Spielfreude hier in zwei Varianten gezeigt.

Noch bevor es losgeht, verwirren jedoch zwei Helfer das Publikum in der ersten Reihe noch schnell mit der Verteilung von Müllbeuteln. Wozu diese dienen, weiß niemand, auch am Ende dieses Theaterabends ist dieses Rätsel nicht gelöst. Bis dahin allerdings gibt es viel zu sehen, viel zu denken und kaum Platz für Langeweile. Versuch eins wird hier zu einer Art Vorerzählung. Ein Haufen weißgetünchter Menschen, die an blasse, noch zu modischer Schönheit zu formender Fotomodels erinnert, liegt kreuz und quer auf der Bühne – bevor sich daraus ein Chor erhebt, der die Geschichte von Narziss erzählt. Schnitt. Video. Auf der Leinwand schminken sich die Darsteller wieder ab. Musik.

Versuch zwei spielt nun in einer Art kitschigem Lusttempel, in dem Liebesgott Amor Narziss und die Waldnymphe Echo zu vereinen sucht. Hier fliegen nicht nur seine Pfeile, sondern auch Blütenblätter durch die Luft, werden Farben über die Bühne gekleckst, bunte Lampions von der Decke gelassen und die Geschichte von Echo und Narziss huscht zwischen all diesem bunten Pomp als überladenes Schauspiel über die Bühne. Der weiße Ernst des Anfangs wandelt sich jetzt in ein kindliches Treiben, in dem man Echos Tod übertrieben lautstark beweint, bevor sie sich wiederum aus dem Grab erhebt. Die Wandelbarkeit dessen, was die Menschheit als „schön“ bezeichnet, wird so als bitter komische Groteske auf der Bühne simuliert.

Seit langer Zeit schon habe die Truppe, die seit dem Theaterfestival „schnell und schmutzig“ unter dem Namen „Neues aus der Wundertüte“ auftritt, für diese Inszenierung geprobt – alles neben dem Studium versteht sich –, heißt es am Schuss. Aus einer Low-Budget-Produktion haben die Studenten mit pfiffigen Ideen und viel Herzblut eine ebenso beachtliche wie anspruchsvolle Aufführung gezaubert, die ein antikes Stück in moderne Formen verpackt und so für junges Publikum öffnet. Eigentlich schade, wenn diese Mühen nun im Archiv der bühnen A-Versuche verstauben müssten.

Nicole Czerwinka

Linktipp: https://die-buehne.tu-dresden.de/

Termintipp: die bühne „Gotham City I“, Premiere am 27.11., 20.15 Uhr

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