L’Orfeos Begegnung mit dem Bären

Die Opernklasse der Musikhochschule zeigt unter neuer Leitung ein „Duell“ verschiedener Zeiten

Der große rote Vorhang im Kleinen Haus hebt sich und entblößt ein enges Zimmer mit zwei Stühlen, Tisch und einem Fenster. Probenbeginn für die Opernklasse der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden (HfM). Unter dem Titel „Duell“ feiert hier am Sonnabend (22.4.) ein Doppelabend Premiere, der ganz verschiedene Klangwelten zusammenbringt: Im ersten Teil treffen Ausschnitte aus Monteverdis Oper „L’Orfeo“ (Foto: Stephan Floss) und einige seiner Madrigale auf Neukompositionen von Studenten der HfM, bevor dies im zweiten Teil mit Dominick Argentos selten gespielter Kammeroper „Der Bär“ von 1957 kombiniert wird. Eine ungewöhnliche Wahl.

Die Idee stammt von Prof. Susanne Knapp, seit September 2022 Leiterin der Opernklasse der HfM und im Sommersemester zum ersten Mal Regisseurin für deren Jahresproduktion am Kleinen Haus. „Monteverdi war der Ausgangspunkt für die Produktion, Liebe und Krieg sind die Schlüsselthemen“, erklärt sie – und schon im Gespräch kurz vor Probenbeginn wird klar: Die gebürtige Rügenerin geht mit klarem Konzept und einer Vision für die Studenten an die Arbeit. Über 20 Jahre lang war sie als freie Regisseurin unter anderem in Hamburg, Berlin und Frankfurt am Main engagiert, hatte in den vergangenen Jahren zudem bereits mehrere Lehraufträge. Die Leitung der Opernklasse bringt sie nach Dresden zurück, wo sie 1995 am Landesgymnasium für Musik ihr Abitur machte.

„Wir haben lange gesucht, um das richtige Stück für die Studierenden zu finden“, sagt sie. „Der Stoff muss attraktiv sein, singbar und für das Orchester gut händelbar.“ Während der Probe führt Susanne Knapp die Studenten mit Ruhe und klaren Zielvorgaben durch die Inszenierung. „Beide Stücke behandeln im Grunde das gleiche Thema: Es geht um Mann und Frau, den Kampf um die und in der die Liebe. Bei Monteverdi bewegen wir uns eher im abstrakten Raum, bei Argentos wird es dann konkreter“, sagt sie.

Über ein Jahr lang hat Susanne Knapp zusammen mit den Studenten der Hochschule für Bildende Künste Dresden am Bühnenbild für die jährliche Kooperation gefeilt. Vier Kompositionsstudenten der HfM haben eigene Musikstücke geschrieben, die mit Elementen von Monteverdi und Argentos eine Verbindung zwischen den Madrigalen und den Ausschnitten aus „Orfeo“ und „Der Bär“ schaffen. Diese musikalische Brücke wird auch in den Bildern aufgegriffen.

Die verschiedenen Klanguniversen vom Barock bis in die Gegenwart übereinzubringen ist eine Herausforderung, die Susanne Knapp den jungen Sängern und dem Hochschulsinfonieorchester der HfM gern zumutet: „Die Studenten waren von Anfang an mit viel Begeisterung und Offenheit dabei. Theater ist immer eine Begegnung mit dem Unbekannten“, sagt sie.

In der Probe wirkt das Spiel schon recht reif, gerade ist „Der Bär“ an der Reihe. Im Vergleich zum Monteverdi sei dieser Teil mehr konkret bis komisch, während der erste Teil eher atmosphärisch angelegt ist. „Monteverdis Kosmos ist größer, eine Art einsame Scholle im Meer, während wir im ‚Bär‘ ein enges Zimmer sehen, in dem die Witwe wohnt“, erklärt Susanne Knapp. Die Welten beider Stücke verschmelzen so an dem Abend zu einer szenischen Gesamtkomposition, in der auch die Zuschauer sich und ihre Zeit wiederfinden können.

Info: „Duell“ am Kleinen Haus des Staatsschauspiels, Premiere am 22. April, 19.30 Uhr, weitere Aufführungen am 23.4., 27.4., 7.5., 13.5., 14.5., 21.5. und 25.5.

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