Frühlingserwachen in der Herderhalle

Schüler in Pirna bringen ihr eigenes Musical zur aufführung

Ein, zwei, drei, vier – die Schüler des Herdergymnasiums marschieren im Takt durch die Halle. Es ist keine militärische Übung, sondern die Probe für die aktuelle Musicalaufführung der Schule, die hier gerade stattfindet. Der Dresdner Jazzsaxophonist und Musikmanager Philipp Schoof gibt den Takt an. Seit zwei Jahren hat er die musikalische Leitung zu dem Projekt inne, Regie führen die Deutschlehrerinnen.

Die Musicalinszenierungen am Herdergymansium sind in Pirna schon eine Art kulturelle Institution, in diesem Jahr bringen die Schüler bereits zum 9. Mal ihre eigene Produktion auf die Bühne. Vor zwei Jahren war es „Peter Pan“ (Fotos: privat), dieses Mal ist die Wahl auf Duncan Sheiks Musical „Spring Awakening“ nach dem gleichnamigen Drama von Frank Wedekind gefallen.

Gespräche mit Eltern und Lehrern

Für Schüler im Alter 14 bis 19 Jahren ist das kein einfacher Stoff. Das Stück erzählt vom Erwachsenwerden, Sexualität und Homosexualität werden dabei recht offen auf der Bühne angesprochen. Vielleicht ist es das gewagteste Stück überhaupt, das in den vergangenen Jahren an der Schule inszeniert wurde. Nicht jedem hat das gefallen. „Im Vorfeld gab es viele Gespräche mit Lehrern, auch mit Eltern. Es war schwierig, sie von dem Stück zu überzeugen, obwohl die Schüler von Anfang an interessiert waren“, sagt Philipp Schoof. Er hat das Musical auch deswegen ausgewählt, weil es von der Besetzung her auf die Schülergruppe passte und musikalisch nicht zu anspruchsvoll ist. „Wir haben trotzdem manches für uns angepasst, mit den Schülern zusammen unser eigenes Libretto erstellt“, sagt er.

Junge Darsteller wachsen über sich hinaus

Etwa 100 Schüler aus den Klassen 8 bis 12 sind an der Inszenierung beteiligt, nicht nur als Sänger und Solisten, sondern auch als Musiker, Bühnenbauer oder Tänzer sind sie in die Aufführung involviert. Die Proben laufen seit über einem halben Jahr. Es herrscht eine lockere, und dennoch konzentrierte Atmosphäre in der Turnhalle. Philipp Schoof spornt seine jungen Darsteller mit humorvoller Strenge zu Höchstleistungen an. „Wir verlangen den Schülern viel ab“, sagt er. Doch das gemeinsame Proben weckt den Ehrgeiz der Einzelnen, es schweißt die Gruppe zusammen. Manch einer der jungen Sänger ist bei den Aufführungen schon über sich selbst hinausgewachsen.

Peter Pan Herdergymnasium Pirna

Die 17-Jährige Lilly Rödel hat schon im „Peter Pan“ vor zwei Jahren die Hauptrolle gesungen. Damals kämpfte sie gerade mit einer Therapie gegen das Stottern. „Ich wusste damals nicht, ob ich nochmal mitmache, aber jetzt es einfacher“, sagt sie heute ohne zu Stottern. Als vor einem Jahr das Casting für die neue Musicalaufführung an der Schule startete, wollte sie dann doch wieder dabei sein. Auch dieses Mal ist sie in einer Hauptrolle besetzt worden. Sie spielt die Wendla bei Wedekind, ein Mädchen, das langsam erwachsen wird, ohne über Sex und Kinderkriegen aufgeklärt worden zu sein. In dieser Rolle muss sie aus sich herausgehen, auch Intimes auf der Bühne zeigen. „Ich finde es nicht schlimm, wenn man im Schauspiel Dinge tut, die man normalerweise nicht tun würde“, sagt Lilly Rödel. Für ihre Rolle hat sie zweimal die Woche drei Stunden Probe für Gesang und Schauspiel, zusätzlich zum normalen Schulalltag. „Klar ist es schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen, aber man muss dem Musical die Priorität geben, das darf man nicht nebenbei laufen lassen“, sagt sie.

Erotik mit einem Augenzwinkern verpackt

In den Endproben werden die Ergebnisse dieser langfristigen Arbeit dann in der Herdehalle wie ein Puzzle zusammengesetzt. Mit einer Akribie, die fast schon als semiprofessionell bezeichnet werden kann. Jeder weiß, wo sein Platz ist. Zusammen mit Philipp Schoof und den Lehrern wird dann an den Stellschrauben gedreht. Die Inszenierung ist peppig, die Kostüme schwingen im 60er Jahre-Stil, erotische Anspielungen werden oft mit einem Augenzwinkern verpackt. Wie das beim Publikum ankommt, wird sich heute Abend (5.3.) in der Premiere zeigen. Insgesamt 8 Vorstellungen gibt es bis zum 12. März, jeweils 19 Uhr in der Herderhalle – mehr als die Hälfte der über 400 Plätze pro Abend sind bereits ausverkauft.


Info: „Spring Awakening“ am Herdergymnasium Pirna, Premiere am 5. März, 19 Uhr, weitere Aufführungen bis 12.3., Karten für alle Vorstellungen ab 8.3. an der Abendkasse

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