Clair-Obscur fasziniert bei den Meisterkonzerten auf Schloss Albrechtsberg
Wenn ein Konzert mit dem Titel „Clair-Obscur“ überschrieben ist, klingt das zunächst geheimnisvoll. Im Falle des jüngsten Meisterkonzerts auf Schloss Albrechtsberg jedoch trifft das Wort „besonders“ den Charakter des Abends tatsächlich sehr viel besser. Denn Clair-Obscur meint hier nicht nur den Einsatz extremer Hell-Dunkel-Kontraste, sondern das gleichnamige Saxophonquartett, das an dem Abend vom ersten Ton an mit dynamischem Spiel und großem Einfallsreichtum begeistert.
Ausprobieren, um mit Klassikern der Kammer- und Orchestermusik den größtmöglichen Ausdruck zu erzielen, ist das Credo des sympathischen Ensembles, das vor 15 Jahren an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ zusammenfand und seither die Zuhörer in der ganzen Welt von den Sitzen reißt. Ob Klaviermusik, Streichquartette oder Oper, kaum ein Genre scheint vor den Arrangements der vier sicher. Mit großem Feingefühl für ihre Instrumente gelingt es ihnen, sich selbst saxophonfremde Klangfarben anzueignen und stilvoll in den Gefilden anderer zu wildern.
Auf Schloss Albrechtsberg entführen „Clair-Obscur“ nun auf eine vitale Wanderung quer durch verschiede Stile der Musikgeschichte, die so einige Überraschungen bereithält. In der Besetzung aus Sopran- (Jan Schulte-Bunert), Tenor- (Christoph Enzel), Alt- (Maike Krullmann) und Bariton-Saxophon (Kathi Wagner) fasziniert das Quartett zunächst mit Arrangements von Rossinis Suite aus „Der Barbier von Sevilla“ oder Mozarts Oboenquartett F-Dur. Diese Klassiker funkeln hier aber keineswegs im Dunklen, sondern erstrahlen mit neuen Facetten im Kronensaal. Im Handumdrehen verzaubern die vier das Publikum dabei mit erfrischenden Interpretationen sowie mit ihren charmanten Ansagen, die bisweilen die lockere Atmosphäre eines Jazzclubs aufflammen lassen.
Die virtuose Vitalität von „Clair-Obscur“ kulminiert mit Christian Biegais eigens für das Ensemble komponiertem „Quartet“ noch vor der Pause im Höhepunkt des Abends. Mit diesem Stück können die vier dem Spektrum ihrer Instrumente in brandenden Rhythmen freien Lauf lassen. Auch mit Philip Glass‘ Streichquartett Nr. 3 „Mishima“, das den repetitiven Stil der Minimal Music aufgreift, setzen sie starke Akzente, bevor es zum Abschluss mit dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns humorvoll zur Sache geht. Die Imitation der Tiere überlassen die Musiker nicht allein den Instrumenten, sie verleihen ihnen auch mit Gesten Lebendigkeit. Spätestens jetzt darf das Publikum nicht nur applaudieren, sondern auch von Herzen lachen!
Für den ebenso herzlichen Schlussapplaus soll es freilich mit einer Zugabe belohnt werden, die nicht minder überraschend daherkommt: „Clair-Obscur“ offenbart im Finale mit Astor Piazzollas feurigem Tango „Oblivion“ denn doch noch eine verrucht geheimnisvolle Facette. Sehnsuchtsvoller könnte ein spritziger Abend wie dieser wohl kaum ausklingen.