Verdi-Oper zur Festspielzeit

Dresdner Studenten inszenieren „Falstaff“

Giuseppe Verdis letzte Oper „Falstaff“ ist ein verwirrendes Stück, dessen Libretto (Arrigo Boito) auf William Shakespeares „Die lustigen Weiber von Windsor“ basiert. Mitten im Verdi-Jahr 2013 wollen die Dresdner Hochschulen für Bildende Künste (HfBK) und für Musik (HfM) diese eher selten gespielte Oper in ihrer gemeinsamen Produktion am Kleinen Haus erneut zum Leben erwecken – und schlagen dank Shakespeare auch noch gekonnt einen Bogen zum diesjährigen Motto (Empire) der Dresdner Musikfestspiele (11.5.-2.6.), in deren Rahmen die Premiere am 25. Mai stattfinden wird.

Die Geschichte von „Falstaff“ ist schwer in ein paar Sätzen zusammenzufassen. Drei Handlungsstränge konkurrieren hier um die Aufmerksamkeit der Zuschauer. Jelena Josic (Foto: privat) kennt sich dennoch bestens mit dem Stoff aus. Aus dem Gedächtnis erzählt die Gesangsstudentin, worum es im „Falstaff“ geht. „Das Stück ist eine Kritik an der Gesellschaft und eher untypisch für Verdi, es ist sehr komplex, immer wieder gibt es inhaltliche Brüche“, sagt sie. Jelena Josic singt in der aktuellen Hochschulproduktion die Rolle der Nannetta, einer jungen Frau, die die Liebesheirat der gewinnbringenden Verkuppelung durch ihren Vater vorzieht. „‚Falstaff‘ ist musikalisch sehr anspruchsvoll, aber es macht große Freude, diese Figur zu erarbeiten“, erzählt Josic und sprüht spürbar vor Begeisterung.

Verdis Nannetta ist ihre erste große Rolle auf der Opernbühne. Zuvor hat die gebürtige Serbin, die derzeit im sechsten Semester an der HfM Gesang und Musikpädagogik studiert, bei den Hochschulproduktionen „Figaros Hochzeit“ und „Der Wildschütz“ im Chor mitgesungen. „Aber es ist ein ganz anderes Gefühl, jetzt eine Hauptrolle zu singen“, sagt sie. Seit November hat sich Jelena Josic intensiv auf diese Partie vorbereitet, musste einige Prüfungen an der Hochschule verschieben, um im März und April zweimal am Tag für die Premiere proben zu können. Die Teilnahme an einer solchen Opernproduktion im realen Theaterambiente ist jedoch eine große Auszeichnung für jeden Gesangsstudenten. „Es ist eine sehr gute Vorbereitung auf das spätere Berufsleben als Sängerin, ich habe dank Verdi unheimlich viel für mein Hauptfach gelernt“, sagt sie.

Es sei wahnsinnig reizvoll, ein solches Stück einzustudieren, das später im regulären Spielplan des Kleinen Hauses verankert sein wird, schwärmt die Studentin. Sechsmal soll „Falstaff“ von den Studenten aufgeführt werden. Wie immer bei den Dresdner Hochschulproduktionen zeichnet die HfM dabei mit Sängern und Hochschulsinfonieorchester für Regie und den musikalischen Teil verantwortlich, während Maske, Kostüme und Bühnenbild in der Hand der HfBK-Studenten liegen. „Das Publikum zahlt für die Vorstellungen, da muss alles passen, egal ob es einem an dem Abend gutgeht oder nicht“, sagt Jelena Josic – und man merkt, wie viel Herzblut sie in die Rolle gesteckt hat.

Verdi liege ihr nicht zuletzt auch deswegen am Herzen, weil sie sich in ihrem Heimatland Serbien viel mit der italienischen Gesangsschule beschäftigt habe. Dass die Dresdner Musikhochschule sie schließlich aufgenommen hat, betrachtet die junge Sängerin als großes Geschenk. „Ich habe sofort nach der Aufnahmeprüfung gemerkt, dass ich hierher möchte“, erzählt sie begeistert und gesteht, dass sie für Dresden dann sogar eine Bewerbung in Wien sausen lassen hat. Die Premiere der Verdi-Oper während der Dresdner Musikfestspiele ist der erste Auftritt in einem so großen, offiziellen Rahmen für die Studentin. „Ich bin jetzt schon aufgeregt und freue mich wahnsinnig auf diesen Abend“, verrät sie so voll Enthusiasmus, dass man ihr am liebsten um den Hals fallen möchte.

Linktipps: www.musikfestspiele.com und www.hfmdd.de

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Ein Hauch von Sommer

Dresdner Schloss-Spaziergänge

Es grünt so grün an den Elbhängen – und nicht nur da. Ob Mensch oder Froschkönig, am Wochenende bekamen alle schon mal den lang ersehnten Hauch von Sommer zu spüren. Bei einem Spaziergang an den Elbschlössern entpuppen sich dabei märchenhafte Landschaften, die ganz viel Lust auf mehr machen. (NC)

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Hörbar der Stasi auf der Spur

„Radioortung – 10 Aktenkilometer Dresden“

Orange Kopfhörer auf den Kopf. Den Blick auf ein Handy gerichtet und im gemütlichen Schritt durch die Stadt. Hier und da einfach stehen bleiben und gespannt dem O-Ton lauschen. „Radioortung – 10 Aktenkilometer Dresden“ am Kleinen Haus ist ein spannendes Hörspiel über die Stasi in Dresden. 50 Betroffene kommen in diesem Rimini-Projekt, das von Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel auf die Beine gestellt wurde, zu Wort und erzählen von ihren Geschichten von Überwachungen, Ausweisungen, Verhören und Anwerbungsversuchen. Aber es werden auch immer wieder Funksprüche und Telefonate hörbar oder Akten verlesen.

Etwa zehn Kilometer Aktenlängen, die im Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde in Dresden lagern, wurden für die Projekt aufgearbeitet und werden nun auf interessante wie auch unterhaltsame Weise dem Publikum präsentiert. Per GPS-Handy und Kopfhörer wandert der „Zuhörer“ durch die Stadt. Trifft er auf einer der 120 aktustischen Blasen, geht automatisch der Ton an und eine Stimme berichtet von ihren Erlebnissen, die gerade mit diesem Ort und der Stasi verbunden werden. Yves Zirke zum Beispiel spricht vor dem Polizeipräsdium von seiner versuchten Anwerbung eines inoffiziellen Mitarbeiters (IM) im spärlich beleuchteten Keller des Gebäudes und dem beklemmenden Gefühl, dass er hier nicht wieder heil rauskommt.

Die „Radioortung“ ist wie ein Stadtrundgang und eine Schnitzeljagd zugleich, zielstrebig läuft man auf die verstreuten Punkte – wie Hygienemuseum, ehemaliges Rudolf-Harbig-Stadium oder die Untersuchungshaftanstalt der Stasi auf der Bautzener Straße  – in der Stadt zu und ist immer auf der Suche nach der nächsten Blase. Es ist aufregend. Und bewegend zugleich. Es wird jede Menge Wissen vermittelt, ohne dabei nüchtern oder gar langweilig zu klingen. Eine moderne Art, Zeitgeschichte geschickt zu präsentieren.

Foto & Text: Janine Kallenbach

„Radioortung“ ist noch bis 7. Juni 2013 zu hören. Unter der Woche zwischen 16.00 – 22.00 Uhr und am Wochenende zwischen 12.00 bis 16.00 Uhr und 17.00 und 22.00 Uhr.

 

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Junge Kerle und alte Kisten

TU Dresden lädt zu den 2. Campus Classics

Blitzblanke Karossen und röhrende Motoren standen heute zwischen den alten Backsteinfassaden am Kerncampus der Technischen Universität Dresden (TUD) im Mittelpunkt. Anlässlich der zweiten Auflage der „Dresden Campus Classics“, einem Oldtimertreffen von Studenten, Absolventen und Universitätsangehörigen, rollten dabei rund 50 alte Kisten hinter dem Hörsaalzentrum an. Dort präsentierten sich die verschiedenen Fahrzeuge – die überwiegend von Angehörigen der Fakultät Maschinenbau stammen – und ihre Fahrer eine Stunde lang, bevor sie um 11 Uhr zur großen Ausfahrt aufbrachen und zuvor gemeinsam im Schritttempo über den Campus rollten.

Fotos & Text: Nicole Czerwinka

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Dresden tanzt in den Frühling

Erste Tanzplattform Sachsen in Hellerau

Sachsens freie Tanzszene ist vielfältig, kreativ und lebhaft. Wer das nicht glaubt, der kann sich auf der ersten Tanzplattform Sachsen am 3. und 4. Mai im Festspielhaus Hellerau selbst davon überzeugen. Zwei Abende lang führen dort zehn ausgewählte Produktionen von freien Tänzern, Choreografen und Kompanien aus Sachsen einen komprimierten Querschnitt des zeitgenössischen Tanzes im Freistaat vor Augen. Auswählt wurden sie von einer vierköpfigen Jury aus Theaterleuten und Journalisten, die aus insgesamt 45 Bewerbungen jene zehn Choreografien wählte, die in ihrer Unterschiedlichkeit am besten vom Stand des zeitgenössischen Tanzes in der sächsischen freien Szene zeugen. Zu sehen sein werden dabei unter andrem Nora Schott, Golde Grunske (Foto: PR/Marlies Kross), Hermann Heisig, Cindy Hammer und Johanna Roggan.

Die Idee für eine solche Plattform hatte Dieter Jaenicke, der Künstlerische Leiter des Festspielhauses schon lange. Als im Februar 2012 die alle zwei Jahre an wechselnden Orten stattfindende Tanzplattform Deutschland vier Tage lang in seinem Haus gastierte, zeigte sich einmal mehr, wie groß das Interesse des Dresdner Publikums am Tanz wirklich ist – ganze 25 der 33 Veranstaltungen waren ausverkauft. Und weil die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen am 3. Mai 2013 zum ersten sächsischen Fachtag Tanz ebenfalls ins Festspielhaus nach Hellerau einlädt, ist die Gelegenheit für ihn nun doppelt günstig, direkt im Anschluss daran eine Tanzplattform nur für Sachsen zu starten.

Das Dresdner Publikum bekommt dabei einen Dresdner Tanzfrühling von nie dagewesener Intensität serviert. Denn kaum ist die bereits im Kulturkalender der Stadt etablierte Tanzwoche (19.-29.4.) zu Ende, wird dieser auch schon mit dem Fachtag Tanz und der ersten Tanzplattform Sachsen um zwei weitere Formate im Zeichen der freien Tanzszene ergänzt. Diese gedeiht in Sachsen besser als im Rest Mitteldeutschlands, wächst aber meist am kulturellen Rande in den Großstädten wie Dresden und Leipzig, ansatzweise auch in Chemnitz, sagt Boris Michael Gruhl, der Vorsitzende des Landesverbandes der freien Theater in Sachsen. Mangels Vernetzung in festen Vereinsstrukturen haben es freie Tänzer, Choreografen und Kompanien jedoch vergleichsweise schwer, breitenwirksam auf sich aufmerksam zu machen.

So ist die erste Tanzplattform Sachsens in Verbindung mit dem Fachtag Tanz nicht nur ein zusätzliches Angebot für Publikum, sondern gleichsam auch eine landesweite Bestandsaufnahme der freien Tanzszene. In vier Workshops werden mit Tänzern, Theaterleuten, Choreografen, Wissenschaftlern sowie Vertretern von Kultur- und Bildungseinrichtungen die Arbeits- und Produktionsbedingungen in der freien Szene, Projekte im öffentlichen Raum, Vermarktungsstrategien sowie Potenziale, Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten ausgelotet. Zudem bekommen städtische Netzwerke wie das TanzNetzDresden auch die Möglichkeit, über den lokalen Tellerrand hinauszublicken und wiederum mit anderen zu kooperieren – damit die nächsten Frühjahre in Dresden weiterhin so tanzvielfältig erblühen wie dieses.

Nicole Czerwinka

Linktipp: http://www.hellerau.org/aktuelles/2013/tanzplattform-sachsen-am-3-und-4-mai/

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Ein Dieb in der Weißen Gasse

Vergessene Orte: Der Gänsediebbrunnen

Er ist einer der schönsten Brunnen der Stadt. Im Sommer bietet er für Dresdner und Touristen eine kleine Oase zum Entspannen. Und auch sonst fügt er sich harmonisch in das Bild. Der Gänsediebbrunnen in der Weißen Gasse.

Die Bronzefigur mit einem jungen Burschen, der zwei Gänse am Schopfe packt, wurde 1878 von Robert Diez als Standbild geschaffen. Die Figur wurde 1878 mit der „Großen goldenen Medaille“ auf der internationalen Kunstausstellung in München ausgezeichnet. Der Brunnenunterbau ist vom Architekten Bernhard Paul Weidner. 1880 wurde der Brunnen dann auf dem Ferdinandplatz eingeweiht. Dort überstand die Figur auch den Zweiten Weltkrieg. 1961 zog der Brunnen in die Weiße Gasse um, wo er seitdem zu finden ist. In den Jahren 1991/92 wurde er außerdem rekonstruiert.

Robert Diez wurde am 20. April 1844 in Pößneck (Thüringen) als Sohn des hiesigen Bürgermeisters Emil Diez geboren. 1863 begann er an Dresdner Akademie der Künste zu studieren und war ab 1867 ein Schüler von Johannes Schilling, der unter anderem die Brühl’sche Terrasse gestaltete.

Seit 1873 begann Diez selbstständig zu arbeiten und wurde Ehrenmitglied der Dresdner Akademie (1881). Später war er Professor der Kunstakademie und Geheim-Rat der Stadt Dresden. Neben der Figur des Gänsediebes hat er auch das Bismarck-Standbild in der Seestraße und die Zwillingsbrunnenanlage „Stille Wasser und Stürmische Wogen“ am Albertplatz konzipiert.  Eine Kopie seiner Standfigur hat er auch seiner Heimatstadt Pößneck geschenkt. Der dazugehörige Brunnen wurde 1936 gestiftet.

Zu guter Letzt noch eine kleine Anmerkung zum Gänsedieb selbst: Angeblich soll das der junge Thomas Plattern (1499-1582) sein, der spätere Rektor der Lateinschule in Basel, der sowohl Hebräisch an der Universität in Basel lehrte als auch Griechisch. 1512 besuchte er kurzzeitig die Dresdner Kreuzschule als fahrender Schüler. Für das Abschlussessen mit seinem Schulleiter soll er zwei Gänse gestohlen haben.

Foto & Text: Janine Kallenbach

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Unbequemer Wüstling

„Baal“ an den Landesbühnen Sachsen

„Ihr müsst euch besaufen!“, sagt Baal zu Johannes und dessen Freundin Johanna, um sich wenig später mit ihr auf seiner eigenen Matratze zu suhlen (Foto: PR/Detlef Ulbrich). Als er nichts mehr von ihr wissen will, steigt sie schließlich ins Wasser – und die nächsten Mädels landen in Baals Bett. „Baal“, die Geschichte vom zügellosen Wüstling, dem Leidenschaftsgetriebenen, das Jugendwerk Bertold Brechts, feierte am 19. April in einer Inszenierung von Arne Retzlaff umstrittene Premiere an den Landesbühnen Sachsen.

René Geisler zeigt Baal hier als einen blassen, stoisch schmunzelnd am Mirko stehenden Popstar. Ein verwöhnter Sonderling, der vieles will und auf niemanden Rücksicht nimmt. Geisler gibt diesen, dem Dionysischen verfallenen, Baal als stets distanzierten Egoisten, dem alles egal ist, außer das eigene Vergnügen. Für die Lieder, die er ab und an – nur, wenn er Lust dazu hat, versteht sich – schmettert, zeichnet die Band MARY & THE HOLY BALLS verantwortlich, die im Hintergrund der welligen Lamellenwand auf der Bühne (Ausstattung: Stefan Wiel) für musikalische Würze sorgt. Und so säuft Baal sich durchs Leben, immer auf der Suche nach neuen Frauen, die ihn – so lange es ihm Spaß macht – dabei begleiten.

Zuletzt ist es Sophie, die Sandra Maria Huimann zunächst noch als stolze, sogleich aber den Reizen des smarten Baal erlegene Lady darstellt. Die am Ende dank Schwangerschaft und Trennung von Baal aber dennoch zum Untergang verurteilt ist. Und da ist da noch Ekard, der beste Freund des zügellosen Künstlers. Michael Berndt gibt diesen lebensfrohen, anfangs noch vernünftigen, bald aber doch von Baal, der mit ihm eine homoerotische Liebschaft beginnt, Verdorbenen mit Leidenschaft – bis Baal ihn schließlich ermordet und sich selbst im schwarzen Regen wiederfindet.

Da ist es vorbei mit dem zunächst gehuldigten Popstar, da will niemand mehr etwas von ihm wissen. Der Egoist zur miteiderregenden Fratze verzerrt. Eine Null, für die sich niemand länger interessiert. Das ausschweifende Leben kehrt sich in Selbstzerstörung um. Die edle Gesellschaft wendet sich nun brüskiert ab, zieht sich zurück hinter ihre buntbestrahlte Lamellenwand, bis die verbliebene Band Baals Selbstmitleid gänzlich übertönt. – Und im Stammhaus Radebeul haben die ersten aus dem Publikum diese Inszenierung bereits empört verlassen.

Warum, ist eigentlich nicht so ganz klar. Denn Baals Stationen, vom Salon übers Wirtshaus, eine Travestiebar bis hin zum Schlafzimmer, sind alle samt sehr ideenreich, witzig und vollgepackt mit Andeutungen umgesetzt. Die Stimmungen auf der Bühne wechseln in bunten Farben – ein vielfältiger Reigen aus Musik, Licht und gutem Schauspiel, bei dem immer wieder ein paar (auch vulgäre) Textausschnitte Brechts via Videoprojektion über die Kulissen flimmern. Theater hat an den Landesbühnen Sachsen wohl selten so viel Freude gemacht, wie in dieser Version von Brechts Jugendwerk, das hier vielleicht an vielen Stellen überzogen, dafür aber niemals langweilig wird.

Nein, bequem ist diese Inszenierung, die sich unzählige Freiheiten gestattet und dabei viel Raum zum Nachdenken lässt, ganz bestimmt nicht. Denn Retzlaff verzichtet in seiner letzten Inszenierung als Radebeuler Schauspieldirektor auf klare Wertungen, ebenso wie auf einen Mitleidsbonus für den wilden Antihelden Baal. Er setzt vielmehr auf die Phantasie seines Publikums, das hier frei nach Belieben Analogien ziehen darf – und auch kann.

Nicole Czerwinka

„Baal“ an den Landesbühnen Sachsen, wieder am 27.4., 19.30 Uhr im Stammhaus Radebeul, am 8.5., 19.30 Uhr im Theater Meißen und am 06.06., 19.30 Uhr im Stammhaus Radebeul

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Einmal Mount Everest und zurück

Dresdner gewinnt beim Treppen-Marathon

Die Radebeuler Spitzhaustreppe hat sich an diesem Wochenende (20./21.4.) in ein steiniges Sportgerät verwandelt. Der 9. Mount Everest Treppen-Marathon inmitten idyllischer Weinberge zählte anno 2013 rund 400 Teilnehmer. Knapp 70 davon nahmen in der Kategorie „Alleingänger“ teil, in der es darum geht, die 397 Stufen der Spitzhaustreppe binnen 24 Stunden ganze 100 Mal auf- und abzulaufen. Sieger war Heiko Lätsch aus Dresden, der mit einer Bestzeit von 14:46:09 Stunden ins Ziel lief. Dicht gefolgt von Frank Wittwer, ebenfalls aus Dresden, der in 14:48:35 Stunden 100 Mal die Treppe auf- und abging.

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Sternstunden der englischen Theaterszene

„Going Dark“ am Societaetstheater

Das Schöne an Theaterfestivals wie „szene: ENGLAND“ ist, dass sie Kunst aus anderen Ländern für ein paar Tage lang direkt nach Dresden holen. Und manchmal beschert das sogar wahrhafte Sternstunden: Sound & Fury’s „Going Dark“ jedenfalls kann getrost als Höhepunkt des diesjährigen szene-Festivals im Societaetstheater Dresden gehandelt werden.

Das gut einstündige Theaterstück entführt die Zuschauer zunächst in einen dunklen Bühnenraum. Dort nehmen sie – vom schummrigen Licht einer Taschenlampe begleitet – zunächst verwirrt Platz auf (zugegeben: recht unbequemen) Stühlen. Diese sind im Karee um die ebenerdige Bühne gestellt. Der Vorhang zum Vorraum schließt sich und kurz darauf lässt die Geräuschkulisse englischen Regen prasseln. Tom Espiner bestreitet diese gekonnt mit Klang und Lichteffekten ausstaffierte Stück anschließend im brillanten Alleingang.

Mit viel Hingabe spielt er den Wissenschaftler Max, der mit Leidenschaft in einem Planetarium arbeitet und sich alleinerziehend rührend um seinen Sohn Leo kümmert. Gekonnt wechseln die Szenen zwischen heimischen Familienplaudereien und seinen wissenschaftlichen Vorträgen unter projiziertem Sternenhimmel hin und her. Die Zuschauer sind in dem düstern Raum mittendrin in diesem philosophischen Spiel menschlicher Wahrnehmungen und tiefgründiger Erkenntnisse. „Wie weit kann der Mensch sehen?“, fragt Max in einem seiner Planetariumsvorträge zu Beginn des Stücks und erklärt, wie sich die Menschen seit Urzeiten am Polarstern orientiert haben. Noch ahnt man nicht, wie existenziell diese Frage später für ihn selbst, aber auch für die Zuschauer wird. Denn Max, der engagierte Vater und kluge Wissenschaftler, leidet an einer Krankheit, die ihn langsam erblinden lässt. Am Ende erkennt wer weder die Sterne noch seinen Sohn mehr mit bloßem Auge.

Es ist berührend und zauberhaft zugleich, wie Sound&Fury’s diese eigentlich tragische Geschichte im düsteren Bühnenraum mit Worten, Licht und Sounds für den Zuschauer gleichermaßen erlebbar machen. Eine Art von Theater, wie man sie in Dresden bislang kaum findet. Immer wieder wechseln die Szenen zwischen Privatleben und astronomischen Vorträgen hin und her. Der Zuschauer muss so ebenfalls abwechselnd in die Rollen des Beobachters und des Planetariumsgastes schlüpfen. Geräusche von lauten Autostraßen machen zwischendrin deutlich, wie Max mehr und mehr seinen Ohren vertrauen muss, weil sein Augenlicht schwindet. Auch wenn es ihm zunächst nicht gelingt, seinen Sohn – der übrigens nur via Tonband auftritt – über die Krankheit aufzuklären, weil er Angst hat, ihm damit die Unbeschwertheit zu rauben, machen seine Planetariumserklärungen deutlich, was gerade in ihm vorgeht. Max kleine Welt wird auf fantastische Weise mit dem großen Universum verknüpft, wenn er beispielsweise davon erzählt, dass die Wahrnehmung von Lichtspektren nur eine Illusion unseres Gehirns ist, dass alles, was unsere Augen sehen, im Kopf entsteht.

Hier hat die Tiefe des Stücks bereits einen Punkt erreicht, dem man sich nicht mehr entziehen kann. Die Intensität des Spiels, die Unentrinnbarkeit der schummrigen Bühnenatmosphäre, die Philosophie des Universums, das alles zieht so in seinen Bann, dass man längst nicht mehr darüber nachdenkt, ob man jedes der englischen Worte versteht. Denn schon ist der Zuschauer hier auf raffinierte Weise ein Teil des Stücks geworden und versteht gleichsam, ohne zu hören. Max ist nahezu erblindet, als er erzählt, mit wie vielen Stundenkilometern die Erde um die Sonne saust. Orientierung ist angesichts dieser Geschwindigkeit kaum möglich. Und Max, der mit der Krankheit kurzzeitig die Orientierung im Leben zu verlieren droht, erzählt: „Es gibt keine Fixpunkte im Universum, man muss sich selbst einen solchen Punkt suchen.“ Als Max auch diesen Vortrag abbrechen muss, weil seine Krankheit ihm die weitere Arbeit nicht ermöglicht, hat er seinen Fixpunkt dennoch gefunden. Zu Hause erklärt er seinem Sohn Leo endlich, was es für ihn bedeutet, nun blind zu sein. Sein Sohn stellt viele Fragen, bis die beiden hinaus in den Garten gehen – und der Regen wieder zu prasseln beginnt.

Ein beeindruckender Theaterabend, der sich vor allem durch das herausragende Zusammenspiel von Gestaltung und Darstellung auszeichnet, geht zu Ende – er wird in Dresden mit minutenlangem Applaus belohnt. So faszinierend kann fremde Schauspielkunst sein …

Nicole Czerwinka

„Going Dark“ am Societaetstheater noch einmal am 19.4., 20 Uhr

Fotos: PR/Edmund Collier (rechts)

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Tanz mit viel Heiterkeit

 Tanzwoche startet in Dresden

Mit über 40 künstlerischen Produktionen findet vom 19. bis 29. April 2013 die Tanzwoche Dresden statt. – Einmal im Jahr organisiert er das Spektakel. Und das seit 1991. Julius Skowronek ist der künstlerische Leiter der Tanzwoche und versucht diese ständig weiterzuentwickeln. „Ich habe mich im Laufe der Jahre bemüht, neue Tendenzen aufzuspüren und junge Künstler zu unterstützen. Gleichzeitig sind wir immer auf der Suche nach interessanten, internationalen Kompanien“, erklärt er.

Auch dieses Jahr ist dabei eine interessante Mischung entstanden. Einerseits sind Beiträge von bereits bewährten Gruppen vertreten, wie den Tanz-Komikern Veselé skoky aus Prag. Oder Uraufführungen von Paul Julius oder Gundula Peuthert. Andererseits geben Serien wie „kurz und gut“ neue Impulse. „Das ist ein Format, bei dem an einem Abend mehrere Stücke von Tänzern aus der freien Szene zusammengefasst werden“, beschreibt Skowronek. Diese Künstler hätten oft nicht die finanziellen Mittel, ganze abendfüllende Stücke selbst zu choreografieren. Meistens seien es Miniaturen, die bei ihrer Arbeit entstünden. „Das wird für alle ganz spannend, weil wir uns deren Beiträge nicht vorher anschauen. Viele sind erst im Entstehen begriffen und dann eine Art Zustandsschau“.

Ein besonderes Anliegen für Skowronek ist die Unterhaltung der Besucher. „Bei uns gibt es nicht so schwere Kost. Ein Grundelement, das sich dieses Jahr durch fast alle Produktionen zieht, ist die Heiterkeit. Und was kann einem Besseres passieren, als im Theater gut unterhalten zu werden?“ Dabei weißt er aber entschieden darauf hin, dass diese Form der Komik nicht mit platter Stand-up-Comedy gleichgesetzt werden darf.

Katrin Mädler

Linktipp: www.tanzwoche.de

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