Die Bohéme 2020 der Dresdner Musikfestspiele zeigt sich so stimmig und sinnlich wie nie
Ein Projekt wie die „Bohème 2020“ habe er sich als junger Cellist auch gewünscht, gesteht Jan Vogler, der Intendant der Dresdner Musikfestspiele, vorab: Ganz frei zu sein, eine Performance kreieren zu dürfen, die unabhängig vom oft erbarmungslos mahlenden Räderwerk des Kulturbetriebs wachsen kann, ist wohl der Traum eines jeden Künstlers. Im Rahmen seines Klassikfestivals (Foto: PR/Oliver Killig) eröffnet Jan Vogler mit „Bohème 2020“ daher seit 2014 jedes Jahr einer anderen Gruppe von ausgewählten Jungstars aus Kunst, Musik und Tanz einen solchen kreativen Freiraum.
Und so trafen Ende April bereits zum dritten Mal sechs junge Künstler in Dresden zusammen, die sich vorher allenfalls dem Namen nach kannten: Zwei Wochen lang wohnten die Tänzerin Maelle Dufour (F), der Choreograf Romain Rios (F), Theatermalerin Anne Kern (D), Sound-Desinger Joscha Baltes (D), Videokünstler Robin Thomson (GB) und die Pianistin Danae Dörken (D) hier zusammen unter einem Dach – und hatten Zeit, sich kennenzulernen und dabei ihren eigenen Auftritt für die Dresdner Musikfestspiele zu proben. Vorgaben der Festivalleitung gab es – wie schon bei den ersten beiden Bohème-Projekten – keine und damit wurde die Präsentation des Ergebnisses am 8. Mai im Deutschen Hygiene-Museum Dresden für Publikum wie Beteiligte abermals zu einem Abend der Überraschungen.
Dieses Mal ganz besonders im positiven Sinne, denn die jungen Künstler präsentierten eine erstklassige Aufführung, der man durchaus noch ein paar weitere Vorstellungen gewünscht hätte. Noch nie war die Performance der „Bohème 2020“ so stimmig, so sinnlich, so poetisch wie in diesem Jahr. In einer fesselnden Kombination aus Tanz, Klaviermusik, Sound, Videokunst und Malerei gelang es den sechs Künstlern, eine phantasievolle Geschichte von Liebe und Schmerz, Abschied und Wiedersehen zu erzählen. Freilich lag der Fokus dabei in erster Linie auf den beiden Tänzern Maelle Dufour und Romain Rios, die als Darsteller dieser Geschichte gleichsam den roten Faden für die verschiedenen Kunst-Elemente webten.
Klassische, handgemachte Malerei von Anne Kern und die moderne Videotechnik Robin Thomsons standen sich als Rahmen für diese tänzerische Handlung ebenso gegenüber wie das klassische Klavierspiel von Danae Dörken und die am Computer weiterentwickelten Sounds von Joscha Baltes. In dieser klugen Komibination ihrer Stilrichtungen erzählten die sechs die vom Abschied geprägte Geschichte eines jungen Paares. Mittels Sounddesgin, Stummfilmelementen und Malerei verliehen sie ihrer Story wirkungsvoll Tiefe, brachten so auch mehrere Dimensionen von Zeit und Gefühl ins Spiel. Viel zu schnell schien die phantasievolle Performance nach nur 45 Minuten zu Ende – gern hätte man länger diesem abwechslungsreichen, fesselnden Spiel beigewohnt, sich in Assoziationen verloren und genossen.
*Die Autorin dieses Beitrags ist Pressereferentin der Dresdner Musikfestspiele, der Artikel entstand dennoch (so wie alle auf dieser Seite) unentgeltlich und unabhängig von dieser Aufgabe.