„Der kleine Horrorladen“ an der Staatsoperette
„Der kleine Horrorladen“ eröffnete im Januar in Leuben und lockt seither Publikum jeden Alters in die Staatsoperette Dresden. Giorgio Madia hat das schwarzhumorige Musical hier bei seinem Regiedebüt in der Stadt in eine herrlich kunterbunt-schrill-schräge Inszenierung verpackt, sodass die witzige Geschichte von der fleischfressenden Pflanze Audrey II zu einer mitreißenden Show gedeiht. Das auf einem Film von Roger Corman aus dem Jahre 1960 basierende Stück, welches Broadway-Librettist Howard Ashman und Komponist Alan Menken 1982 für die Musicalbühne entdeckten, ist damit nun auch in Elbflorenz angekommen.
Mittelpunkt ist ein wenig erfolgreicher Blumenladen, irgendwo in New York, dem der tollpatschige Mitarbeiter Seymour (Foto: PR/Kai-Uwe Schulte-Bunert) fast zufällig zu großer Aufmerksamkeit verhilft. Seine fleischfressende Pflanze Audrey II – benannt nach Seymours Kollegin Audrey, die er gern erobern würde – ist eine seltene Eigenzüchtung und lockt bald allerhand interessierte Kundschaft in das Geschäft. So wird Seymours und Aurdeys Chef Mr. Mushnik schließlich reich, Seymour selbst berühmt – Audrey II dabei jedoch immer größer und hungriger auf frisches Menschenfleisch, was wiederum dazu führt, dass bald nicht mehr jeder, der den Laden betritt, auch lebend wieder heraus kommt.
Auf der geschickt eingesetzten Drehbühne (Ausstattung: Cordelia Matthes) gedeiht das hintersinnige Musical zu einem entzückenden, in grellen Neonfarben schimmernden Abendprogramm. Die eher typenhaften Figuren scheinen wie aus dem prallen Leben gegriffen. Da ist der pickelige, schüchterne Versagertyp Seymour (Marcus Günzel), dem man seinen Überraschungserfolg mit Audrey II ebenso gönnt, wie die Liebe zu Audrey I, der allerdings zum Opfer dieses vermeintlichen Selbstläufers wird. Da ist sein strenger Chef Mr. Mushnik (Elmar Andree), der Seymour kurzerhand adoptiert und zum Teilhaber des Geschäftes macht, damit er ihm nicht mitsamt dem gewinnbringenden Pflänzchen verschwindet.
Und da ist natürlich Seymours Schwarm Audrey (Johanna Spantzel), die mädchenhaft von einem Haus mit Garten mit Mann und Kindern träumt, sich allerdings an den sadistischen Zahnarzt Scrivello (Bryan Rothfuss) verschwendet, welcher wiederum für herrlich krude Szenen in dem Stück sorgt. Ihr aller Schicksal wird auf einmal von Wachstum und Hunger einer Pflanze bestimmt, die immer größer und gieriger wird. Die Entwicklung von Audrey II vom süßen Knuddelpflänzchen zur fast bösartigen Riesenbestie gelingt hier dank dem Puppenspieler Dirk Neumann und Frank Felicetti, der Audrey II eine gruselige Stimme verleiht, höchst amüsant. So bekommt das Stück mit jeder neuen Forderung der Pflanze spürbar mehr Schwung.
Am Pult der „Little Band of Horrors“ steht Peter Christian Feigel, der die Fäden der Musicalpartien souverän in der Hand hält. Einzig die deutsche Übersetzung scheint manchmal – wie so oft in solchen Fällen – nicht ganz so überzeugend. Doch dafür entschädigen der Schwung und Bilderreichtum der Inszenierung mit wechselnden auch optischen Eindrücken. Als pfiffiges Trio und Reminiszenz an die Entstehungszeit der Geschichte setzt Madia zudem Elisabeth Markstein, Julia Steingaß und Tamara Wörner als drei Ladys im 60er Stil ein, die gleichfalls als schlaue Erzählerinnen oder in die Handlung integrierte Kommentatorinnen auftreten.
Wenn „Der kleine Horrorladen“ am 11. und 12. März (je 19.30 Uhr) also endlich wieder in Leuben öffnet, sollte man sich nicht scheuen, der gefräßigen Audrey II mit der ganzen Familie einmal Hallo zu sagen – und sich zwei Stunden mit Musicalhits und bunten Blumen auf der Bühne verzaubern lassen.
„Der kleine Horrorladen“ an der Staatsoperette Dresden, weitere Termine: 11.3., 12.3., 10.4., 11.4., 3.6., 4.6., jeweils 19.30 Uhr
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