Der Dresdner Cellist Jan Vogler startet 24-Stunden-Streaming-Konzert mit seinen Musikerkollegen aus New York City
Not macht nicht nur erfinderisch, sondern auch kreativ. So ist der Onlinestream zum Ersatz fürs Liveerlebnis geworden, seit aufgrund von COVID-19 Konzerthäuser und Theater geschlossen bleiben müssen. Dresdens berühmtester Cellist Jan Vogler (Foto: PR/Marco Grob) allerdings streamt nicht nur, er vernetzt dabei auch, zunächst einmal seine Künstlerfreunde und Kollegen aus New York – bald vielleicht schon Musiker auf der ganzen Welt.
Chilly Gonzales rockt nach 17 Jahren wieder in Dresden und begeistert im ausverkauften Kulturpalast
Moment mal, was ist denn das? Ja, richtig gesehen! Normalerweise betritt bei den Dresdner Musikfestspielen kein Künstler die Bühne im Pyjama und auch nicht im seidenen Morgenmantel. Natürlich nicht! Einer wie Chilly Gonzales aber, der darf das. Der Pianist ist dafür bekannt, die schwarz-weißen Tasten seines Instruments als lebendes Gesamtkunstwerk zu bespielen – warum sollte das in Dresden auch anders sein?
Brandt Brauer Frick Ensemble rockt die Reithalle Dresden
Mit einem neuen Konzept in einer neuen Location wollen die Dresdner Musikfestspiele in diesem Jahr besonders junges Publikum erreichen: Die Reihe „Classical Beats“ verwandelt den guten alten Konzertsaal in eine lebendige Partylocation – und bringt klassisches Instrumentarium in backsteinerne Diskotempel auf der Straße E. Wie gut das funktioniert, zeigte sich zur Premiere am Sonnabend (7.5.) mit dem Brandt Brauer Frick Ensemble (Foto: PR/Oliver Killig) in der Reithalle Dresden.
Unter dem Motto „Sound & Science“ kooperieren die Dresdner Musikfestspiele seit 2014 in einem noch recht jungen Projekt mit der TU Dresden. Die Idee dazu sei Musikfestspielintendant Jan Vogler und TU-Rektor Hans Müller-Steinhagen bei einem Glas Wein gekommen, erzählen die beiden immer wieder gern. „Wir wollen damit Türen aufstoßen, für beide Seiten – die Musikfestspiele und die Universität“, erklärt Jan Vogler das Anliegen. Es sei keine Forschungsarbeit, sondern eher ein Experiment, vielmehr ein Angebot, ergänzt Hans Müller-Steinhagen.
Es gibt Abende, für die liebt man die Dresdner Musikfestspiele einfach, weil sie ganz besondere Konzerterlebnisse schenken, nach denen man in Dresden sonst wohl vergeblich suchen würde. Das Pekka Kuustisto Projekt am Sonntag (24.5.) im Kleinen Haus war genau so ein Abend. Eine Mischung aus Lichtperformance, Ballett und musikalischer Virtuosität, die ihresgleichen sucht, so innovativ, dass sie in ihrer Faszination schwer zu beschreiben ist, doch ein Abend, der sicher noch lange im Gedächtnis haften bleiben wird.
Klingt Musik im Norden anders als im Süden? Können die Elemente Feuer und Eis vielleicht sogar eine Komposition beeinflussen? Mit diesen Fragen stimmte eine Diskussionsrunde im Musik Café der Leipziger Buchmesse heute (12.3.) auf die diesjährigen Musikfestspiele in Dresden ein. Der finnische Musikwissenschaftler Prof. Dr. Tomi Mäkelä, der Hornist Prof. Thomas Hauschild und Moderator Dr. Michael Kube
Boheme-Künstler sorgen für musikalische Hochspannung an der TU Dresden.
Musikfestspiele in der Hochspannungshalle der TU
Die Chemie hat sofort gestimmt, sagt Hans Müller-Steinhagen, Rektor der Technischen Universität Dresden (TUD). Ihm und Jan Vogler, dem Intendanten der Dresdner Musikfestspiele, sei schon nach dem zweiten Glas Wein klar gewesen, dass sie etwas zusammen machen wollen. Das erste Ergebnis dieser neuen Kooperation, die in Dresden nun exzellente Wissenschaft mit hochwertigen Konzerten verbinden soll, war gestern (26.5.) unter dem Titel „Musikalische Hochspannung“ auf dem Campus zu erleben – und ebenso experimentell wie faszinierend anzuhören und -schauen.
Musikfestspiel-Auftakt mit der Staatskapelle Berlin
Die Dresdner Musikfestspiele 2014 sind eröffnet. Zum Auftakt gab die Staatskapelle Berlin (Foto: PR/Holger Kettner) am Freitagabend (23.5.) ein furioses Konzert in Semperoper. Auf dem Programm zum Start für den 37. Festspieljahrgang standen, noch fern vom diesjährigen Motto „Goldene Zwanziger“, zunächst drei wegweisende Werke der beiden just jubilierenden Stadtkinder, Richard Wagner (1813-1883) und Richard Strauss (1864-1949).
Schummeratmosphäre herrscht in der Sektfabrik auf Schloss Wackerbarth, als dort am Donnerstag (23.5.) ausnahmsweise nicht edel perlende Sachsentropfen, sondern wohlgewählte Worte im Rampenlicht stehen. Im Rahmen der Musikfestspiele Dresden las der schottische Schriftsteller und Journalist Martin Walker (Foto: PR/Bastian Schweitzer) zusammen mit seiner deutschen Hörbuchstimme Johannes Steck fünf Ausschnitte aus seinem Kriminalroman „Femme fatale. Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police“ (die deutsche Version erschien just im Diogenes Verlag). Dieser spielt, wie schon die vorherigen Teile der Reihe, in einer ländlichen Gegend Frankreichs, welche die idyllische Radebeuler Weinbergumgebung auf dem edlen Schloss passgenau widerzuspiegeln scheint.
Walkers Lesetour führt ihn – so erzählt er mit rollendem schottischen Akzent in verblüffend gutem Deutsch – jedes Jahr im Mai nach Deutschland und startet 2013 nun im weinseligen Ambiente. Der Saal, in dem sonst Wackerbarths Sektflaschen abgefüllt werden, ist dabei erstaunlich gut besucht – obwohl bei dieser Musikfest-Lesung tatsächlich keine Instrumente aufspielen. Wie sich in der gut einstündigen Veranstaltung jedoch zeigt, schwingen Walkers wohlgewählte Worte im englischen Original ebenso wie in der deutschen Übersetzung mit eigener Musikalität. Das knisternde Vokabular des Schotten offenbart sich auch in den von ihm groß gestikulierend vorgetragenen Textstellen, erschwert allerdings deren Verständlichkeit, denn die englischen Ausschnitte werden nicht noch einmal übersetzt. Nahtlos schließt sich daran Johannes Steck – mehrfach preisgekrönt für seine Hörbuch-Interpretationen von Ken Follett und Simon Beckett –, welcher der deutschen Version der Erzählung raustimmig und mit unaufgeregt präziser Betonung Leben einhaucht.
Angeregt durch Walkers langjährige Arbeit als politischer Journalist handeln seine Romane um Polizeichef Bruno von beschaulichen französischen Landschaften, humorvollen Liebesgeschichten und knallharten Kriminalfällen. Ähnlich, wie man es von den Skandinaviern kennt. So geht es in „Femme fatal“ um den Fall einer schönen Frau, die nackt, aber tot in einem Kanu auf einem der glasklaren Flüsse rund um das verschlafende Dörfchen Périgord herumtreibt. Ein wohl satanisches Tattoo auf ihrem Körper stellt den Polizisten ebenso vor ein Rätsel, wie die undurchsichtigen Finanzflüsse am Rand dieser lauschigen französischen Ufer und das Verhalten seiner Geliebten Isabelle. Das alles verpackt Walker in farbige Beschreibungen, die in der deutschen Version ebenso treffsicher schillern wie im Original, und wohl den eigentlichen Reiz seines Werkes ausmachen. Gewürzt mit vielen Anekdoten und Hintergründen aus vorherigen Teilen der Romanreihe gedeiht dieser Abend schließlich zu einer gelungenen Melange aus englisch-deutschem Lesungsdialog mit französischem Schauplatz inmitten der Radebeuler Weinlandschaft. Nicht mehr und nicht weniger.
Giuseppe Verdis letzte Oper „Falstaff“ ist ein verwirrendes Stück, dessen Libretto (Arrigo Boito) auf William Shakespeares „Die lustigen Weiber von Windsor“ basiert. Mitten im Verdi-Jahr 2013 wollen die Dresdner Hochschulen für Bildende Künste (HfBK) und für Musik (HfM) diese eher selten gespielte Oper in ihrer gemeinsamen Produktion am Kleinen Haus erneut zum Leben erwecken – und schlagen dank Shakespeare auch noch gekonnt einen Bogen zum diesjährigen Motto (Empire) der Dresdner Musikfestspiele (11.5.-2.6.), in deren Rahmen die Premiere am 25. Mai stattfinden wird.
Die Geschichte von „Falstaff“ ist schwer in ein paar Sätzen zusammenzufassen. Drei Handlungsstränge konkurrieren hier um die Aufmerksamkeit der Zuschauer. Jelena Josic (Foto: privat) kennt sich dennoch bestens mit dem Stoff aus. Aus dem Gedächtnis erzählt die Gesangsstudentin, worum es im „Falstaff“ geht. „Das Stück ist eine Kritik an der Gesellschaft und eher untypisch für Verdi, es ist sehr komplex, immer wieder gibt es inhaltliche Brüche“, sagt sie. Jelena Josic singt in der aktuellen Hochschulproduktion die Rolle der Nannetta, einer jungen Frau, die die Liebesheirat der gewinnbringenden Verkuppelung durch ihren Vater vorzieht. „‚Falstaff‘ ist musikalisch sehr anspruchsvoll, aber es macht große Freude, diese Figur zu erarbeiten“, erzählt Josic und sprüht spürbar vor Begeisterung.
Verdis Nannetta ist ihre erste große Rolle auf der Opernbühne. Zuvor hat die gebürtige Serbin, die derzeit im sechsten Semester an der HfM Gesang und Musikpädagogik studiert, bei den Hochschulproduktionen „Figaros Hochzeit“ und „Der Wildschütz“ im Chor mitgesungen. „Aber es ist ein ganz anderes Gefühl, jetzt eine Hauptrolle zu singen“, sagt sie. Seit November hat sich Jelena Josic intensiv auf diese Partie vorbereitet, musste einige Prüfungen an der Hochschule verschieben, um im März und April zweimal am Tag für die Premiere proben zu können. Die Teilnahme an einer solchen Opernproduktion im realen Theaterambiente ist jedoch eine große Auszeichnung für jeden Gesangsstudenten. „Es ist eine sehr gute Vorbereitung auf das spätere Berufsleben als Sängerin, ich habe dank Verdi unheimlich viel für mein Hauptfach gelernt“, sagt sie.
Es sei wahnsinnig reizvoll, ein solches Stück einzustudieren, das später im regulären Spielplan des Kleinen Hauses verankert sein wird, schwärmt die Studentin. Sechsmal soll „Falstaff“ von den Studenten aufgeführt werden. Wie immer bei den Dresdner Hochschulproduktionen zeichnet die HfM dabei mit Sängern und Hochschulsinfonieorchester für Regie und den musikalischen Teil verantwortlich, während Maske, Kostüme und Bühnenbild in der Hand der HfBK-Studenten liegen. „Das Publikum zahlt für die Vorstellungen, da muss alles passen, egal ob es einem an dem Abend gutgeht oder nicht“, sagt Jelena Josic – und man merkt, wie viel Herzblut sie in die Rolle gesteckt hat.
Verdi liege ihr nicht zuletzt auch deswegen am Herzen, weil sie sich in ihrem Heimatland Serbien viel mit der italienischen Gesangsschule beschäftigt habe. Dass die Dresdner Musikhochschule sie schließlich aufgenommen hat, betrachtet die junge Sängerin als großes Geschenk. „Ich habe sofort nach der Aufnahmeprüfung gemerkt, dass ich hierher möchte“, erzählt sie begeistert und gesteht, dass sie für Dresden dann sogar eine Bewerbung in Wien sausen lassen hat. Die Premiere der Verdi-Oper während der Dresdner Musikfestspiele ist der erste Auftritt in einem so großen, offiziellen Rahmen für die Studentin. „Ich bin jetzt schon aufgeregt und freue mich wahnsinnig auf diesen Abend“, verrät sie so voll Enthusiasmus, dass man ihr am liebsten um den Hals fallen möchte.