Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden widmen dem Maler Carl Lohse eine Ausstellung
Es ist ein expressiver Farbrausch, den Carl Lohse (1895–1965) in seinen Bildern heraufbeschwört. Kraftvoll und doch verletzlich blicken dem Betrachter seine Portraits entgegen. Auch Stadtansichten von Hamburg oder „Die kleine Stadt“ Bischofswerda, in der er ab 1919 einen wahren Schaffensrausch erlebte, malte Lohse in kräftigen Farbtönen mit dynamischem Pinselstrich. In einer Sonderausstellung im Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden kann man den lange unterschätzen Expressionisten bis zum 15. April 2018 näher kennenlernen.
Carl Lohse hat eine enge Beziehung zur Dresdner Kunstszene. Geboren in Hamburg, studierte er ab 1913 an der Akademie Weimar bei Albin Egger-Lienz und Fritz Mackensen. Früh ließ er sich von den Werken Vincent van Goghs inspirieren. 1915 ging er zum Kriegsdienst nach Nordfrankreich und erlebte die Schlachten an der Somme. Dort entkam er nur knapp dem Tod, geriet anschließend in englische Gefangenschaft. Als Lohse 1919 entlassen wurde, führte ihn sein Weg zunächst zurück nach Hamburg und von da aus ins sächsische Bischofswerda, wo er seine Frau Johanna Scheumann kennenlernte.
Die Zeit bis 1921 zählt zur ersten Schaffensperiode von Carl Lohse. Seine Werke zeichnen sich durch Vereinfachung und Abstraktion aus. 1920 nahm er an einer Ausstellung der Dresdner Sezession Gruppe 1919 in der Galerie Ernst Arnold teil. Eine weitere folgte im April 1921 in der Galerie Emil Richter: „Carl Lohse, dessen Gemälde und Zeichnungen in einer Sonderausstellung vereinigt sind, ist ein junger, aus Hamburg stammender Künstler, der nach Jahren der Kriegsgefangenschaft befreit ungeheure Kraftquellen aus sich strömen fühlt, die er in zwei kurzen Jahren malerisch explosiv entladen hat. […] Wie Wellen schäumen die aufgewühlten Farben hoch und erzeugen einen musikalischen Rausch von Prunk und Malersinnlichkeit“, urteilte damals der Rezensent Felix Zimmermann in den Sächsischen Neuesten Nachrichten.
Im Frühsommer 1921 kehrte Lohse in seine Heimatstadt zurück, wo er sich freischaffend und mit Gelegenheitsjobs durchzuschlagen versuchte. Mit dem Umzug nach Bischofswerda 1929 begann die zweite Schaffensperiode des Künstlers. In der Kunstausstellung Kühl folgte 1931 eine Personalausstellung mit Werken von Carl Lohse. Im Zweiten Weltkrieg übte er in Bischofswerda vor allem kaufmännische Tätigkeiten aus. Malstudien führten ihn immer wieder an die Ostsee. Die 1. Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung in Dresden 1946 läutet die dritte Schaffensphase des Künstlers ein. Seine Werke waren in Dresden, Bautzen und Görlitz zu sehen. Lohse, der den Zeugen Jehovas angehörte, versuchte sich in der DDR auch an Auftragswerken, die jedoch mit der Doktrin des Sozialistischen Realismus kaum vereinbar waren. Er starb 1965 in Bischofswerda.
Die aktuelle Ausstellung „Carl Lohse. Expressionist“ im Albertinum entstand in Zusammenarbeit mit dem Ernst Barlach Haus Hamburg und vereint erstmals in diesem Umfang Gemälde des Künstlers aus bedeutenden öffentlichen und privaten Sammlungen in Ost- und Westdeutschland. Sie spiegelt nicht nur den künstlerischen Werdegang Lohses wider, sondern zeigt einen Querschnitt seines Schaffens, der auch Zeichnungen und Aquarelle des Künstlers einschließt. Neben Landschaften, Darstellungen von Industrie- und Landarbeit sowie Städten und Küstenansichten verarbeitete Lohse zudem seine Kriegserfahrungen künstlerisch. Besonders ausdrucksstark ist jedoch die Vielzahl von Portraits, die er von Freunden und Bekannten, zum Beispiel von dem Schriftsteller Ludwig Renn, anfertigte und die im wilden Farbrausch oft eindrückliche Charakterstudien offenbaren.
Ausstellung „Carl Lohse. Expressionist“ im Albertinum Dresden, bis 15. April 2018