Verkleidungsspiel unter Kafkas Deckmantel

„Verwandlung/en/“ als Jubiläumsstück an der bühne der TU Dresden

Die bühne – das Theater der TU Dresden feiert in dieser Saison ihre 60. Spielzeit. Sie blickt zurück und in die Zukunft. Zum Jubiläumswochenende versammelten sich die „bühnis“ von damals und heute bereits im Oktober zu einem großen Fest im Weberbau. Teil dieses wilden Auftakts in eine ganz besondere Spielzeit waren auch zwei Premieren (Fotos: PR/Mathias Kammerer), in denen die Geschichte des Studententheaters an Dresdens Universität feierlich mit eingewoben ist.

So bietet Kafkas „Verwandlung“ in der Regie von Philipp Boos allenfalls die klassische Folie zu einem Stück, das sich  eher als Rückschau und Erfahrungsaustausch zu jenen theatralen „Verwandlung/en/“ versteht, die junge Darsteller an der bühne nunmehr seit 60 Jahren fast unverändert beschäftigen. Mit Peter Börke, Mascha Geringer, Martin Gonschorek, Maximilian Helm, Matthias Hofmann, Uta Hofmann, Marina Jugel, Manfred Kammer und Hagen König stehen hier vor allem „bühnis“ früherer Generationen vereint auf der Bühne und suchen zunächst im Taschenlampenlicht nach dem Anfang. „Was ist mit mir geschehen?“ Die Grundfrage in Kafkas „Verwandlung“ stellt sich hier eher als Frage eines Schauspielers, den das Theater immer wieder zu etwas macht, das er eigentlich nicht ist. Die tiefe Sinnkrise, die Fragen der verfehlten Kommunikation mit der Familie – bei Kafka vor allem mit dem Vater – können in dieser Adaption freilich nicht so tief berühren, wie im Original.

Verwandlungen an der TÜR bühne Dresden

Statt dessen gibt es zwei Väter, die Szene des Erwachens wird mehrfach wiederholt. In Tonbandberichten, die immer wieder zwischendurch eingespielt werden, berichten die Darsteller über ihre ganz persönlichen Erinnerungen, die sie mit der TU-Bühne verbinden. Alle verwandeln sich von Zeit zu Zeit, sodass die Verwandlung auf dem Theater hier nur als Teil der persönlichen Entwicklung aufflammt. Musik und Bewegung wechseln, zwischendrin serviert das Ensemble auch Fetzen aus Kafkas Text.

Der taugt hier allenfalls als Ausgangspunkt, erweist sich aber nicht als tragend, weil er nicht konsequent umgesetzt wird. Nach und nach werfen sich alle Darsteller in ihre Kostüme (in Zusammenarbeit mit der Züricher Hochschule der Künste), die jeweils mit einem ganz realen Erinnerungstück an ihre Zeit bei der bühne gestaltet sind. So greifen Spiel und Wahrheit ineinander, wie oft am Laientheater. Das Publikum wird Zeuge eines Spiels mit der Zeit, mit Theaterstoffen und persönlichen Lebensläufen, die sich dahinter verbergen. Es bleibt aber letztlich Gast in einer musealen Rückschau auf 60 Jahre Theatergeschichte an der TU Dresden, an dem Kafka allenfalls eine Nebenrolle spielt. Nicht mehr und nicht weniger.

„Verwandlung/en/“ wieder am 11./12./13.11., 20.15 Uhr

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