In bester Gesellschaft

Das Musical „Company“ hinterfragt das Modell Ehe an den Landesbühnen Sachsen

Heiraten – oder lieber frei bleiben? Das ist die Frage, um die sich in Stephen Sondheims Musical „Company“ (1970) alles dreht. Das Stück nach dem Buch von George Furth hat vom Broadway aus längst die Welt erobert, ist hier jedoch kaum bekannt. An den Landesbühnen Sachsen (Fotos: Hagen König) bringt Sebastian Ritschel mit seiner Inszenierung des Werkes New Yorker Großstadtcharme nach Radebeul.

In der Hauptpartie des Robert glänzt Markus Schneider, der den 35-jährigen Freigeist als smarten Großstädter mit samtener Stimme gibt. Robert verführt die Frauen, kann sich aber für keine entscheiden: Nacheinander hüpfen Kathy (Julia Harneit), Martha (Anna Preckeler) und April (Kirsten Labonte) in sein Bett – und verschwinden ebenso schnell wieder im Dunst der Masse wie ein Fußgänger am Broadway.

Getrieben von der Hektik und der Anonymität Manhattans fällt es Robert schwer, seinen individuellen Lebensweg abzustecken. Selbst das Wünschen klappt nicht so recht: Keine Kerze auf der Geburtstagstorte will beim Pusten ausgehen. Die Überraschungsparty der Freunde endet in einem Reigen der Erinnerungen und Selbstreflexion.

Viele Beziehungen, aber ohne Idealmodell

Die Handlung des Musicals ist schnell erzählt und verblüffend heutig: Wie in einer Revue blättern sich Szenen vor Roberts Auge auf, die ihn an Erlebnisse mit seinen verheirateten Freunden erinnern. Zugegeben, das sind Szenen, die jedem eingefleischten Single das Fürchten lehren: Da sind zum Beispiel die schokosüchtige Sarah (Stephanie Krone) und der trockene Alkoholiker Harry (Michael König), die zwar oft aneinander vorbeireden, sich aber am Ende sprichwörtlich am Boden zusammenraufen.

Oder: Susan (Anna Erxleben) und Peter (Stefan Glause), die in ihrer schicken New Yorker Stadtwohnung als geschiedenes Paar glücklich zusammenleben. „Für mich ist ein Mensch erst richtig erwachsen, wenn er verheiratet ist“, sagt Jenny (Iris Stefanie Maier), während sie und ihr David (Andreas Petzoldt) kräftig am Joint ziehen, um sich im Rausch zu verlieren. Die glitzernde Lady Joanne (Patricia Hodell) indes würde ihren (zweiten) Mann Larry (Hagen Erkrath) für den jungen Robert glatt eine Nacht allein lassen.

Elf kurze Einakter statt ein Handlungs-Plot

Egal also, auf welche Beziehung Robert schaut, alle sind meilenweit entfernt von der Illusion Liebe. In ironischen Tönen stellt das Stück die Institution Ehe auf eine harte Probe. Stephen Sondheim verzichtete für sein Musical auf einen Plot, reiht lieber elf kurze Einakter aneinander. Leichtfüßig erzählt, huschen die Szenen vorbei wie eine bunte Show aus verschiedenen Sketchen. Robert als reflektierender Fixpunkt immer mittendrin.

Showrevue ins Schachbrett gebettet

Sebastian Ritschel setzt in der Inszenierung ganz auf den Showcharakter und stellt die verschiedenen Beziehungsmodelle humorvoll in Kontrast. Die Zeitlosigkeit symbolisiert er mit einer Schachbrettkulisse wie im Fernsehen, in der das Licht für verschiedene Stimmungen sorgt. Auch scheut er sich nicht, die typenhaften Figuren schonungslos zu überzeichnen und der Ironie die Bühne zu öffnen. So bleibt etwa die Hochzeit von Paul (Kay Frenzel) und seiner (beinahe) hektisch vorm Altar flüchtenden Braut Amy (Antje Kahn) lebhaft in Erinnerung.

Lebendige Ensembleszenen wechseln mit Dialogen, wobei letztere das Tempo vor allem zu Beginn stark drosseln. Die Musik verleiht dem Stück Schwung. Die Elbland Philharmonie Sachsen interpretiert die eingängigen Melodien unter der Leitung von Hans-Peter Preu mitreißend. Sie untermalen die Handlung geschmeidig in warmen Tönen. Allein die Textverständlichkeit leidet bisweilen am allzu schnellen Tempo, es mag auch an der deutschen Übersetzung (Michael Kunze) liegen. Gewöhnungsbedürftig ist zudem die Verstärkung durch Mikrophone, die in dem kleinen Saal im Stammhaus Radebeul oft zu laut ist. Obgleich das Ensemble mit starken Gesangs- und Schauspielkünsten überzeugt.

Schonungsloses Showstück mit brodelnder Ironie

Ob es ein Happy End gibt? Man weiß es nicht genau. Nur eines kann am Ende gesagt werden: Das Experiment ist geglückt. „Company“ ist gewiss keines der rührseligen Musicals mit seichter Handlung, sondern ein schonungsloses Showstück. Mit brodelnder Ironie behandelt es eine zeitlose Frage, die heute aktueller denn je erscheint: Was gibt uns die Ehe in einer Zeit, in der wir in der Fülle an Möglichkeiten schier ertrinken? Beantworten können wir uns diese Frage wohl nur selbst. Es schadet nicht, sich dabei der beißenden Ironie des Stückes ganz unbeschwert einen Abend lang hinzugeben.

„Company“ an den Landesbühnen Sachsen, wieder am 11., 8.12., 15.12.

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