Vom Theater im Hörsaal des Weberbaus wurde die TU-bühne in 60 Jahren zur Institution
Die bühne – das Theater der TU Dresden wird 60 Jahre alt und feiert das vom 21. bis 23. Oktober mit einem großen theatralen Wochenende (Fotos: PR/Maximilian Helm) im Weberbau. Zum Auftakt der Jubiläumsspielzeit erklären der künstlerische Leiter Matthias Spaniel und der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Felix Tritschler, wie das jüngste Ensemble Dresdens dabei auf 60 Jahre zurück- und in die Zukunft blickt.
Die bühne wird 60. Habt ihr noch Erinnerungen daran, wie alles begann?
Geht so. Unser Archiv gibt zwar einige Schätze her, aber die Anfänge in den 50ern sind recht dünn mit Quellen abgedeckt. Was uns überliefert wurde ist, dass etwa 1954 Eberhard Sprink von der TH Dresden beauftragt wurde, den dramatischen Zirkel des studentischen Kunstensembles zu betreuen. Sprink war hauptberuflich Dramaturg am heutigen Staatsschauspiel. Es folgten szenische Rahmenprogrammpunkte bei Feiern der TH. 1956 gab es dann erstmals ein eigenständiges Abendprogramm, was von unseren Vorgängern als Gründungsjahr betrachtet wird. – Jüngst wurden uns jedoch ein Programmzettel und eine Aufführungsempfehlung für Schulen zugespielt, die einen Hinweis darauf geben, dass es schon 1933 eine „Studentenbühne Dresden“ gegeben haben muss. Wie es mit dieser Studentenbühne in Nazi-Deutschland und Weltkrieg weiterging und was ihr voranging, sehen wir als spannende Forschungsaufgabe an.
Wie feiert man einen solchen Geburtstag mit einem Ensemble, das im Schnitt noch nicht mal halb so alt ist? Kann man da überhaupt zurückblicken?
Ja, natürlich kann man zurückblicken. Wir müssen das ja nicht im Detail für die letzten 60 Jahre machen, sondern nur für zehn davon. Schließlich wurde ja schon 50. Jubiläum gefeiert. Allein in den letzten zehn Jahren ist so viel an der bühne passiert, dass ein genauer Blick auf diese Zeit mit seinen Akteuren und Stücken lohnt.
Ein so aktives Laientheater an einer Technischen Universität, das ist auf den ersten Blick schon ungewöhnlich. Wie habt ihr euch so lange am Leben erhalten?
In erster Linie ist das der Technischen Universität Dresden zu verdanken, welche die rechtliche Vorgabe, dass den Studierenden die kulturelle Teilhabe zu ermöglichen ist, vorbildlich erfüllt. Neben der bühne gibt es ja drei weitere Kulturgruppen, welche ebenfalls Unterstützung von der Hochschulleitung erhalten. Finanziell und als geldwerte Sachmittel. Dann spielt hier aber auch die enorme Lust am Theater der vielen Menschen eine Rolle, die immer wieder ihre Ideen und ihre Tatkraft an die bühne gebracht und so unser Theater zu mehr als nur einem Spielort gemacht haben, sondern eben auch zu einem erweiterten Wohnzimmer, Spieleparadies, Lampenkabinett und Festsaal.
Matthias, Du wolltest bei Deinem Dienstbeginn 2013 das Theater mehr mit der Uni vernetzen. In wiefern ist das schon geglückt?
Ich denke, wir sind da auf einem sehr guten Weg und versuchen diese engere An- und Einbindung auf verschiedenen Ebenen: Da sind zuerst die großen Projekte wie „China Tower“ (2015) und „come to go“ (2016), die sich explizit mit hochschul- und stadtrelevanten Themen wie Internationalisierung auseinandersetzten. Aber auch szenische Lesungen in der Tiefgarage der Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften und Shakespeare im botanischen Garten gehören dazu. Ebenso geht die theatrale Talkshow PROF(s)ession im November zum 10. Mal über die Bühne und unsere professionellen Schauspielkurse erfreuen sich noch größerer Beliebtheit, wie man an den Wartelisten erkennt. Aber auch von Seiten der Hochschule gibt es eine Annäherung: So schmücken wir für das neue Studienjahr Titel- und Monatsseiten des Uniplaners, werden von Professoren für Kooperationen angefragt und auch bei den noch laufenden Verhandlungen mit dem Kanzler drückt sich die wohlwollende Unterstützung seitens der TU nicht nur in Zahlen aus.
Nur ganz subjektiv aus eurer Perspektive vom Weberbau aus betrachtet: Wo nehmt ihr euren Platz in der reichen Dresdner Kulturlandschaft ein?
Links vorne, neben dem Schuhkarton. In der bühne sehen wir den Grund, nach 20 Uhr noch auf dem Campus der TU sein zu dürfen. Wir wollen anspruchsvolles Theater machen, das nicht nur vom Herzblut seiner Akteure lebt, sondern auch von einer großen Themenfreiheit ohne Intendanten-Master-Plan für die nächsten zwei Jahre und von einer hohen Aktualität der verhandelten Themen lebt.
Matthias: Die bühne kann ein sehr lebendiger Ort des Austauschs sein, bei dem auch über den Tellerrand geschaut wird: Schließlich spielen und schauen bei uns nicht nur Studenten aller Fachbereiche der TUD zu, sondern es treffen junge Menschen unterschiedlicher Herkunft aus Deutschland aufeinander. Theater als sozialer Interaktions- und Begegnungsraum ist also an der bühne keine kulturpolitische Floskel, sondern Tagesgeschäft und darauf können wir durchaus stolz sein – gerade in diesen Zeiten …
Zum Schluss die Muss-Frage: Was erwartet uns alle am Jubiläums-WE?
Krawall & Remmidemmi? Kommt auf die Gäste an! Am Freitag (21.10.) um 18 Uhr geht es erst mal feierlich zur Sache. Am Abend folgen gleich zwei Premieren: „Verwandlungen“ (nach Kafka) nimmt ehemalige bühnis aus fünf Bühnenjahrzehnten mit zu der Frage, wie wir uns auf der Bühne aber auch im Leben verwandeln und was uns zum Spielen bringt. In der zweiten Premiere „Amateur – der Schauspieler“ begegnen wir dem Prototypen des bühnen-Amateurschauspielers und ergründen seine Motivation zu spielen. Am Samstag ist dann sozusagen Klassentreffen der bühne und abends wieder Theater mit einem Gastspiel der Truppe Spielbrett. Im Anschluss gibt es eine große Feier mit der Band „Jeder Song hat ein Nachspiel“. Und am Sonntag folgt auf den Brunch am Vormittag ein Auftritt der Freien Spielkultur und die beiden Premierenstücke. Alle Veranstaltungen sind an diesem Wochenende gegen Spende frei – wir wollen schließlich ein Fest feiern.