Elektrisierender Abend mit Tschaikovsky, Mozart und Prokofjew beim Moritzburg Festival
Das Sahnehäubchen kam zum Schluss. Obgleich das Konzert beim Moritzburg Festival am 10. August (Foto: PR/Patrick Böhnhardt) mit einem ungeheuer lebendigen Mozart schon voller Energie startete und sofort in seinen Bann zog: Arnaud Sussmann, Annabelle Meare, Lawrence Power, Pauline Sachse und Li-Wei Qin setzen mit Mozarts Streichquintett B-Dur hier den lebhaften Auftakt für einen durch und durch elektrisierenden Abend.
Ganz ohne Umschweife lieferten sie sich im ersten Satz einen schlagfertigen Dialog der Stimmen, um im ungleich schwelgerischen, getrageneren zweiten Satz schließlich zu zeigen, wie präzise sie sich im Spiel zusammenfinden, fein abgestimmt, auf den Punkt. Im dritten Satz entfalten die fünf Musiker abermals ein facettenreiches Spiel, gestatten sich dabei jedoch stets genug Raum für Spontaneität, wodurch sie dem Stück große Frische und Lebendigkeit verleihen – und brillieren anschließend auch im vierten, noch lebhafterem Satz, unter den sie einen ungestümen, wilden Schlusspunkt setzen. Allererste Sahne!
Das gilt auch für die zweite Formation des Abends, in der sich die Violinisten Kai Vogler und Benjamin Beilmann mit Prokofjews Sonate für zwei Violinen in C-Dur zu einem elektrisierenden Vortrag zusammenfinden. Dieser Prokofjew ist eines jener Stücke, die präzise und klug gespielt sein müssen, damit man sie mag – und man mag ihn in dieser Kombination sofort! Vom ersten Ton an entwickeln Vogler und Beilmann den Sog des Stückes, lassen besonders die spitzen Töne in der kleinen Kirche prickelnd nieder rieseln wie eisige Schauer. So geht der erste Teil des Konzerts kontrastreich und äußerst vereinnahmend zu Ende.
Der eigentliche Höhepunkt jedoch folgt erst noch mit Tschaikovskys Streichsextett d-Moll, dem „Souvenir de Florence“, in dem Valeriy Sokolov, Annabelle Meare, Lawrence Power, Pauline Sachse, Jan Vogler und Narek Hakhnazaryan gar nicht erst damit liebäugeln, romantische Verklärtheit zu verströmen, sondern sofort südliche Leidenschaft lodern lassen. Rasant und lebhaft gestalten sie den Auftakt in dieses Stück, ziehen so vom ersten Moment an außerordentlich kraftvoll in ihren Bann. Ihre Interpretation steckt voller Energie und beeindruckt bei allem Tempo und allem spielerischen Risiko, das damit einhergeht, doch mit bestechender Brillanz. Bis zum Ende des ersten Satzes spielen sich die sechs dabei regelrecht in Ekstase, um auch anschließend eher wildromantische Leidenschaft, denn sehnsuchtsvolle Verklärung walten zu lassen. Immer kraftvoll im Ausdruck und dennoch klar artikuliert bahnt sich die russische Sehnsucht hier zielstrebig ihren Weg.
Nur kurz gewinnt sie von einer zarten Melancholie gestreift im dritten Satz schließlich die Oberhand, wenn Jan Vogler sein Cello in samtigen Tönen singen lässt, um kurz darauf mit dem Ensemble wunderbar zu verschmelzen. Lebendig, freudig und voller Leidenschaft klingt das Stück schließlich aus – und wirkt in diesem Live-Vortrag noch viel unmittelbarer, viel packender als auf der fast in identischer Besetzung eingespielten CD. Was auf diesen außerordentlichen Abend folgt, ist ein langer, herzlicher Schlussapplaus – und ein wohliger Nachklang, der auf dem Nachhauseweg noch enthusiastisch nachschwingt.