Die internationale Sprache

Projekt Д überwindet die Grenze zu Russland durch Kunst

Der Kultur aktiv e. V. initiiert zusammen mit dem Verein artderkultur in diesem Jahr erstmalig das Projekt BMECTE:GEMEINSAM, bei dem ein freundschaftlicher Austausch zwischen Deutschland und Russland über Musik stattfinden soll. In 14 Städten, von Wladiwostok bis in den Ural, werden über drei Wochen fast 30 Konzerte in Hochschulen und Clubs veranstaltet. Projekt Д (Projekt D), eine von Dresdnern eigens gegründete Band – aus Martina Stoye (Gesang/Akkordeon), Stefan Herrmann (Gesang/Gitarre) und Wilhelmine Schwab (Gesang/Violine) (v.l., Bild: PR) – verbreitet stellvertretend die kulturelle Botschaft: Musikalisch, und auch literarisch.

Wie kam es zu der Idee, bei euren Konzerten in Russland deutsche Kurzgeschichten vorzutragen?

Stefan Herrmann: Eine musikalisch untermalte Lesung ist ein guter Konsens. Die Universitäten konnten wählen, ob sie zum Beispiel Vorträge im Programm haben wollten, aber sie entschieden sich für die Literatur. Die deutschen Sprachkenntnisse sind bei den Studenten – auch in der Germanistik – oft noch nicht sehr vertieft, dazu kommt, dass der Unterricht dort noch sehr traditionell stattfindet, sodass ein künstlerisches Programm eine tolle Ergänzung dazu bildet. So kann man die Sprache in einem lockeren Rahmen lernen. Wir fragten uns dann, welche Texte wir mitnehmen könnten, und kamen auf Moritz7 und die Phrase4.

Stehen die Werke in einem politischen Kontext?

Martina Stoye: Eigentlich gar nicht. Unsere Musik vereint mehrere Epochen und Stile, so wie traditionellen Folk und Liedermacherei. So überwinden wir auch nationale und mentale Barrieren.

Die Inhalte der Kurztexte sind ganz bunt gemischt, wir wollten einfach frische aktuelle Literatur einbringen.

Wilhelmine Schwab: Es geht eher darum, die andere Kultur besser kennenzulernen, also auch einen Einblick in ihren Alltag oder ihre Besonderheiten zu erhalten. Die Geschichten von Moritz7 und der Phrase4 behandeln lustige, ebenso wie nachdenkliche Themen. Es sind kleine Details aus dem täglichen Leben, manchmal aber auch schön zugespitzt. Da geht es ums Altern, um Kinder, um Weihnachten … und sogar um völlig abstruse Fragen, das kann ganz verrückt sein, beängstigend oder auch alltäglich. Eben so vielseitig wie unsere Lieder!

Und wie sehen die Veranstaltungen in der Praxis aus?

Stefan Herrmann: Wir nehmen pro Autor zwei Texte mit auf die Reise, die von befreundeten Muttersprachlern übersetzt werden; im Projekt gibt es sehr viel ehrenamtliche Arbeit. Der Vortrag findet dann zweisprachig mit musikalischer Untermalung statt. Anschließend soll es auch Raum für den Gedankenaustausch geben.

In der ursprünglichen Förderung des Projekts waren aber nur zwei Künstler vorgesehen …

Martina Stoye: Das stimmt, in der Finanzierung von BMECTE: GEMEINSAM war nur ein Duo eingeplant. Wir wurden ausgewählt, weil wir mit deutschen Texten singen und uns dem slawischen Sprachraum auch persönlich verbunden fühlen – aber wir hatten uns nun einmal zu dritt beworben. Also wollten wir die Reisekosten des dritten Bandmitglieds, zumindest zu zwei Dritteln, über ein Crowdfunding mit dem Namen „Ein Trio nur zu zweit?“ abdecken. Unser Ziel erreichten wir sogar schon nach vier Tagen, doch die Aktion bei Visionbakery läuft trotzdem noch weiter und wir erhalten viel Unterstützung aus dem Kreis Dresden, aber auch überregional und aus dem russischen Raum.

Wilhelmine Schwab: Die Leute hier sind auch der Grund, weshalb wir uns entschieden haben, im Vorfeld schon ein Programm gemeinsam mit den Autoren zu präsentieren.

Warum versteht ihr eure Band als „Projekt“?

Wilhelmine Schwab: Wir kommen eigentlich aus zwei verschiedenen Bands, den Ukrainiens und Baran Butz. Wir kannten uns aber schon länger und hatten gerade zusammen Musik gemacht, als wir auf die Ausschreibung stießen, also dachten wir uns: Spielen wir doch für einen abgesteckten Zeitraum gemeinsam und schauen, was sich ergibt. Zusammen mit einem kyrillischem Buchstaben entstand dann der Name – vielleicht steht er ja für Dresden …

Also geht ihr nach der Tour wieder eigene Wege?

Martina Stoye: Wir würden gerne Ende des Jahres, wenn wir wieder da sind, eine Art Reisebericht machen, eine Veranstaltung, bei der wir von der Tour erzählen und Teile des Programms vorstellen. Die Texte könnte man dann auch hier auf Russisch lesen, vielleicht wird es sogar ein gedrucktes Büchlein geben …

Weshalb ist die Initiative aus eurer Sicht so wertvoll?

Stefan Herrmann: In Deutschland gibt es generell eher wenig Fördermittel für den kulturellen Austausch mit Russland. Bei BMECTE:GEMEINSAM steht nicht nur die Musik im Mittelpunkt, es geht darum, Leute zu erreichen und im Ausland zu zeigen, dass es hier mehr gibt als das, was man im Fernsehen sieht. Dazu wollen wir unseren Beitrag leisten. Die Menschen in beiden Ländern lassen sich nicht auseinander reden, Musik ist eine internationale Sprache, die Menschen verbindet und jedem eigen ist.

Termintipp: Am 5. Oktober 2015 gestalten Projekt D gemeinsam mit der Autorenlesebühne Phrase4 (http://phrase4.de/) einen literarisch-musikalischen Abend, 20 Uhr in der Veränderbar.

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