Die Serkowitzer Volksoper mixt Goethe mit Mozart
Das Publikum erwartet sie schon längst, doch die Serkowitzer Volksoper spielt dieses Jahr erst Ende August, dafür aber erstmals regensicher in der Sommerwirtschaft Saloppe. Das aktuelle Stück „Die Entführung auf dem Jahrmarkt oder Mangelwirtschaft in Serkowitz“ vermixt einen Schwank von Goethe mit Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“, auch Spenden werden benötigt. Opern-Chef Wolf-Dieter Gööck (Foto: PR) sprach mit elbmargarita.de über die grassierende Angst vorm Theater, eierlegende Wollmilchsänger und Werkzeuge, mit denen sich selbst Goethe und Mozart verdaulich lassen.
Das aktuelle Stück der Serkowitzer Volksoper addiert Mozart mit Goethe, um in Summe sommerlich leichten Opernspaß zu bescheren. Kann das gut gehen?
Die einzige Gefahr hätte darin bestehen können, dass die beiden Herren sich wehren, aber das ist nach Lage der Dinge nicht zu erwarten. Übrigens wird zusätzlich noch Lessing zitiert; auch von ihm kam kein Einwand.
Was ist Ihnen bei der Stückkonzeption, wenn Sie die Ursprungswerke zuschneiden und neuordnen, besonders wichtig?
Unsere wichtigsten Werkzeuge sind Säge, Lötkolben und Akkuschrauber: zum Zerteilen der Stücke, zum Herstellen von überraschenden Querverbindungen und zum Zusammenschrauben der scheinbar weit entfernten Stücke. Gern greifen wir auch mal zur Axt, um überstehende Enden kurzerhand abzuhacken. Zum Schluss kommen dann spanabhebende Werkzeuge – die ganze Palette von der Raspel bis zur Diamantfeile.
Nach welchen Kriterien suchen Sie jedes Jahr die jungen Sänger an der Dresdner Musikhochschule aus?
Musiktheater verlangt natürlich, dass die Stimmfächer auf die Rollen passen und dass die Sänger in den Ensembles gut miteinander klingen. Und unsere Sänger sollten keine tönenden Säulen sein, wir erwarten lebendiges Spiel, gute Sprachverständlichkeit, Charme, Witz, Bescheidenheit, einen Hang zur Selbstaufopferung, Intelligenz, Schönheit, saubere Fingernägel … kurz: Wir suchen den eierlegenden Wollmilchsänger.
Dieses Mal ist die Bühne etwas kleiner, das Orchester besteht nur aus einem Mann, das Budget ist geschrumpft. Bedeutet diese Reduzierung im Umkehrschluss vielleicht sogar noch mehr Spaß im Ganzen?
Klar, wenn ein Stück das Wort „Mangelwirtschaft“ im Untertitelführt, muss man damit rechnen, dass die Leute an Mangelwirtschaft denken, das geht so weit in Ordnung. Aber im Zeitalter der Euphemismen sprechen wir lieber von „Konzentration“: Es gibt eine konzentrierte Bühne, dafür aber mit einem überdachten Zuschauerbereich, ein konzentriertes Ensemble, das auch auf diese Bühne passt, ohne an die Möbel zu stoßen; eine konzentrierte Ausstattung, die sich leicht auf- und abbauen und transportieren lässt, ohne dass wir jedes Mal drei Sattelschlepper mieten müssen. Wir werden mit diesem Stück, zum ersten Mal seit 2011, gastspieltauglich sein – die Welt soll endlich erfahren, wie Musiktheater in Serkowitz geht.
Das ganze Team bittet dieses Jahr auch via Startnext um finanzielle Unterstützung. Warum das?
Die erste geförderte Inszenierung haben wir 2012 auf die Bretter gebracht. Reichtümer gab es dabei nie zu verteilen, aber wir hatten ein paar Geldgeber, auf die wir uns in den Folgejahren verlassen konnten. Und das war dann wohl ein Fehler. Einer unserer verlässlichsten Partner hat in diesem Jahr abgesagt – was allerdings kein Qualitätsurteil sein muss, die Wege der Herren sind halt unergründlich. Andererseits wird ja auch erwartet, dass freie Gruppen nicht nur bei den Institutionen die Hand aufhalten, sondern selbst auf die Jagd gehen. Wir haben sogar bei mehreren Fleisch- und Wurstfabriken angeklopft, denn in unserem Stück spielen Bratwürste eine wesentliche Rolle – leider blieb dies ergebnislos. An dieser Stelle also der Hinweis: Gesucht wird ein Metzger, der gut im Fleisch steht und uns unterstützen möchte. Mit Würsten und Geld, wir sind da durchaus korrupt.
Momentan ist Startnext für viele freie Gruppen und Veranstalter ein Rettungsanker. Mancher Zuschauer wird sich vielleicht denken, man kann doch nicht überall Geld geben … Was würden Sie dem entgegnen?
Es ist gar nicht sinnvoll, sein Geld nach allen Seiten zu verteilen. Wir raten da dringend zur Konzentration auf das Wesentliche, also auf uns.
Warum sollten auch Opernmuffel unbedingt mal in der Serkowitzer Volksoper vorbeischauen?
Die Menschen haben mehrheitlich Angst vorm Theater. Angst, angelockt, abgezockt und dann entweder mit gequirltem Intellektualismus oder klebriger Langeweile übergossen zu werden. Oder beidem. Eine tiefsitzende Phobie, die noch einmal Unterphobien aufweist, von denen wiederum die Opernphobie am weitesten verbreitet ist. Dagegen hilft nur eins: gutes Musiktheater, musikalisch gut, originell, lebendig. Das ist genau das, woran wir arbeiten, und mithin eine vertrauensbildende Maßnahme, besonders für Opernmuffel.
Termintipp: Premiere „Die Entführung auf dem Jahrmarkt oder Mangelwirtschaft in Serkowitz“ am 30.8., 19.00 Uhr in der Saloppe Dresden, weitere Vorstellungen am 6., 13., 20. und 27.9., 19 Uhr