So viel Spaß kann Schule machen

Die Comödie spielt „Die Feuerzangenbowle“ in Farbe

Die schwarz-weiße Filmfassung der „Feuerzangenbowle“ (1944) von Helmut Weiss gehört zu jenen selten gewordenen Filmen, die genauso unvergesslich sind wie die eigene Schulzeit. Schließlich flimmerte der Streifen mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle noch über 50 Jahre später regelmäßig über die Mattscheiben, wurde so generationenübergreifend ein Renner. Jetzt, wo alte Komödien wie diese im Fernsehen rar werden, feiert die Geschichte in der Fassung von Wilfried Schröder auf der Bühne der Comödie Dresden nun Renaissance – und begeistert auch hier mit all den Schnapsideen, Streichen und charmantem Unfug, wie sie wohl nur die Schulzeit hervorbringen kann.

Die Geschichte vom Schriftsteller Pfeiffer, der sich auf ein Landgymnasium einschmuggelt, weil er selbst nur Privatunterricht hatte und nun das Leben auf der Penne kennenlernen will, erweist sich dabei als so zugkräftig wie eh und je und wird an der Comödie mit großem Aufwand in Szene gesetzt. Bühnenbildnerin Rita Richter hat dafür drei atmosphärisch starke Räume geschaffen: Das lauschige Zimmer des Männertreffens mit Feuerzangenbowle vom Beginn, einen riesigen Klassenraum, dem sie in Anlehnung an den Film ein zartes historisches Kolorit (Foto: PR/Robert Jentzsch) verpasst hat, und das Zimmer bei Frau Windscheid auf der rechten Seitenbühne, in das Pfeiffer als Schüler einzieht.

Es dauert gar nicht lang und die Schülerstreiche fliegen nur so über die Bühne. Ziel sind natürlich immer die Lehrer, deren herrlich typenhafte Darstellung so manchen wohl tatsächlich an den einen oder anderen Pauker von damals erinnert. Da ist zum Beispiel der lange Professor Cry (Michael Mienert), der – ebenso humorvoll wie im Film – in gebogener Haltung mit spitzer Nordzunge spricht und immer wieder „Szie szind albern, szetzen szie szich!“, gemahnt. Oder der lustige Professor Bömmel (Oliver Dupont), der in löchrigen Ringelsocken die Funktionsweise von „de Dampfmaischin’“ so eindrucksvoll erklärt, dass man sich gern daran erinnert. Gymnasial-Direktor Knauer mit Bart und Wuschelhaaren (Hans-Georg Pachmann) sorgt in diesem Kollegium dagegen versöhnlich für Frieden und Ordnung.

Regisseur Dominik Paetzholdt inszeniert hier sehr nah an der Filmvorlage, schafft es aber dennoch keinen bloßen Abklatsch zu servieren. Er kann sich dabei sowohl auf die soliden, zeitlos lustigen Figuren der Vorlage als auch auf ein äußerst starkes Ensemble verlassen. An dessen Spitze steht Volker Zack als schelmischer Johannes Pfeiffer, der alle Facetten seiner Rolle – vom beflissenen Schriftsteller bis hin zum vergnügten Schulrückkehrer – bestens auskostet. Er schafft es wunderbar, stilistisch zwar an Rühmanns Vorgabe anzuknüpfen, dabei aber trotzdem sich selbst treu zu bleiben. Seine Klassenkameraden haben es dagegen handlungsbedingt etwas schwerer, wirklich nachhaltige Akzente im Spiel zu setzen.

Florian Rast bleibt als ewiger Lausbub Rudi Knebel im Kopf, der immer wieder die bösesten Streiche anzettelt, in der Gang heute wohl als der Coole bezeichnet würde. Und Fabian Baecker bekommt als Musterschüler Luck immerhin im zweiten Teil einen großen Auftritt, bei dem er mit seinen Lehrern um die Ehre der Urheberschaft für das Schild „Schule heute wegen Bauarbeiten geschlossen“ kämpft. Michael Jäger hingegen kann als eitler Melworm nur ab und an mal das schwäbelnde Wort ergreifen und Philipp Richter ist als der dürre Depp Husemann eben einfach mit dabei, denn auch solche Kerle braucht ein ordentliches Schulkollektiv. Zusammen funktionieren die vier Herren Oberprimaner denn auch köstlich auf der Bühne, sorgen ohne billigen Klamauk, allein mit Spielfreude und altbekannten Bubenstreichen für reichlich Lacher.

Doch auch die beiden „Damen“ im Spiel müssen lobend erwähnt werden. Konrad Domann steht zwar am Ende als Oberschulrat auf der Bühne, begeistert allerdings zuvor mindestens doppelt so doll als üppig sächselnde Ersatzmutti Frau Windscheid, die Pfeiffer Asyl in ihrer Dachkammer gewährt, ihn und seine Schulkameraden dort überführsorglichst mit Malzkaffee, Bier und Kuchen verwöhnt und den Jungen ja ach zu gern an ihren dicken Busen drückt. Auch diese stark überzeichnete Figur würzt das Ganze vortrefflich humorvoll. Juliane Baldy ist dagegen tatsächlich die einzige richtige Frau im Spiel. Sie gibt bei ihrem Comödien-Debüt eine entzückende Eva Knauer, die als Direktorentochter die Herzen der Schüler erobert – und das von Pfeiffer letztlich für sich gewinnt.

„Die Feuerzangenbowle“ zündet also in Dresden auch auf der Bühne. Das Rezept ist fein gewählt und wird sicher auch jenen schmecken, die sich sonst vielleicht nicht unbedingt zum Stammpublikum der Comödie zählen –, denn: Selten hat der Schulalltag so süß und leicht geschmeckt wie in diesem Stück. Note eins, Prüfung bestanden! Und nun: „Szetzen Szie szich, bitte!“

„Die Feuerzangenbowle“ an der Comödie Dresden, heute (15.11., 19.30 Uhr) sowie vom 25.11. bis 7.12., 14.12. bis 16.12. und 30.12. bis 31.12. sowie im Januar

Linktipp: www.comoedie-dresden.de 

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