Der einsame Schnösel aus der Stadt

Tschaikowskis „Eugen Onegin“ beschließt die Saison an der Semperoper Dresden

Er ist der Macho, der Unnahbare, der sich allen gesellschaftlichen Regeln widersetzt. Ein Mann, der sich in Rebellion flüchtet, unfähig, etwas anderes als sich selbst zu sehen. Am Ende jedoch wird „Eugen Onegin“ (1878) in Piotr Iljitsch Tschaikowskis Lyrischen Szenen nach einem Roman von Alexander Puschkin dann doch noch ganz weich – und kämpft. Er kämpft um Tatjana, eine Frau, die ebenso wie er am Rande einer Gesellschaft steht, in der Gewohnheit als Ersatz für Glück gilt – und er verliert. Was für ein Stoff und was für Musik, die Tschaikowski geschrieben hat, um Angst, Liebe, Sehnsucht und Hass vor der Folie einer öden Epoche ohne Heroen in poetische Klänge zu gießen. Kein Wunder, dass dieses eigentlich unspektakuläre und doch so berührende Werk zu den Schlagern der Operngeschichte zählt. Die Semperoper Dresden (Fotos: PR/Jochen Quast) hätte jedenfalls kein besseres finden können, um die diesjährige Saison zu beschließen.

Weiterlesen

Lieder, die zu Tränen rühren …

Sempersoiree rückt das Amerikanische Kunstlied ins Rampenlicht

Ellen Rissinger ist Amerikanerin und Vocal Coach an der Semperoper Dresden. Zusammen mit anderen Kollegen aus Amerika und Deutschland organisiert sie am 19. März, 20 Uhr die Soiree „Beautiful Child of Song“ über das Amerikanische Kunstlied. Wie es dazu kam, erzählt sie im Interview:

Weiterlesen

Kleine Meerjungfrau macht Lust auf mehr

Dvoráks „Rusalka“ an der Semperoper

Regisseur Stefan Herheim bescherte den Dresdnern zur Premiere von Dvoráks „Rusalka“ an der Semperoper am Samstag (11.12.) einen zauberhaften Abend. Der Norweger und mehrfache Regisseur des Jahres (Opernwelt) zog die Zuschauer dabei von der ersten Minute an in das Geschehen vor berauschender Kulisse (Heike Scheel, Foto: Matthias Creutziger) hinein.

Der Stoff der kleinen Meerjungfrau wird bei ihm zu einer bilderreichen Erzählung, die sich vor allem im Spannungsfeld zwischen martialischer Männlichkeit und weiblicher Verführungskunst bewegt. Da wird die Nixe schon mal zur Hure, das Meer zum Großstadtbild umgedeutet – und doch verliert die facettenreiche Inszenierung nie ihren Ursprung, bleibt bei aller modernen (Um-)Deutung doch immer Bühnenmärchen.

Während Herheim die Vorzeichen von Hans Christian Andersens tragisch-schöner Geschichte verkehrt, indem er den Fokus auf den Wassermann, anstatt auf die Nixe legt, erscheint diese – ganz im Sinne der Psychoanalytik des 20. Jahrhunderts – als die Überfrau aus (unterbewussten) männlichen Wunschträumen, jene Nutte also, als die Rusalka zu Beginn und Ende des Stückes in Erscheinung tritt. Es geht, das ist nur unschwer zu erkennen, um das Begehren und gegenseitige Vernichten der Geschlechter.

Herheim, ohnehin nicht für abstraktes Minimaltheater bekannt, bringt diese Spannkraft des modernen Märchens in farbigen Bildern, mit allen Mitteln der Opernkunst auf die Bühne:

Weiterlesen