Mit „Herr Lehrer, Fräulein Lustig schwänzt“ erklimmt das Boulevardtheater den Gipfel des frivolen Humors
Chaos im Lyzeum: Da will Schuldirektorin Ernestine Schnickenfittich eine Mädchenschule mit Niveau eröffnen und dann macht ihr ausgerechnet die freche Tochter des Landrats einen Strich durch die Rechnung. Die hält sich natürlich an keine zuchtvolle Regel – und serviert bald barbusig den idealen Stoff für die dritte frivole Komödie am Boulevardtheater Dresden. Der Rezension sei an dieser Stelle daher ganz ernsthaft folgende Warnung vorangestellt: Wer nackte Tatsachen auf der Theaterbühne ablehnt, sollte dem Stück „Herr Lehrer, Fräulein Lustig schwänzt“ (Fotos: PR/Robert Jentzsch) lieber fernbleiben.
Genau richtig ist hier hingegen, wer deftige Komödien mag und das Gehirn für zweieinhalb Stunden gern mal auf Standby setzt. Denn der Text aus der Feder von Clemens Wolkmann spart wahrlich nicht mit Frivolitäten. Im Gegenteil: Er ist gut gewürzt mit eindeutig zweideutigen Wortspielerein, welche die eher lasche Handlung zum saftigen Schlagabtausch aufpeppen: Vom genussvollen Aperol-Spritz bis hin zur obligatorischen Blaskapelle leuchtet Wortmann alle, aber wirklich alle Untiefen des flachen Humors bis in den letzten Winkel aus. In der Regie von Jürgen Mai wird daraus immerhin ein unterhaltsamer Abend mit allerhand Nackedeis.
Zwar braucht das Stück eine Weile, bis es in Fahrt kommt. Doch muss man dieser Inszenierung eines lassen: Das junge Ensemble hat wirklich Charme. Caroline Scholze gibt die ehrgeizige, aber höchst überforderte Schulleiterin Ernestine Schnickenfittich inklusive akrobatischer Einlage mit einer großen Portion Humor. Andreas Köhler liefert als schleimiger Gernegroß Nico Gailer (mit a-i!) das passende Pendant. Und Franziska Langer darf als pummeliges Naivchen Fritzi Schlecker vor allem zum Schluss richtig aufdrehen.
Alice Erk zeigt in der Titelrolle der frechen Göre Lisa Lustig ordentlich Sexappeal. David Müller kann als stotternder Trottel Kuno Graf von Kleber mit tatkräftiger Hilfe der ollen Archäologin Liliane Leutheuser-Schnarrenthal (Ulrike Mai) bald seine Sprachstörung überwinden und Dennis Winkelmann kommt als Hauptbrandmeister Freddy Funke gehörig in Fahrt. Einzig Jürgen Mai droht in der Doppelrolle von Kunibert Graf von Kleber und Herzog von Niesbach-Wurzelheim im wilden Trubel etwas unterzugehen.
Doch am Ende ist das gar nicht so entscheidend. Denn erst, als (fast) alle Beteiligten nackt über die Bühne hüpfen, bekommt das Publikum, was es offenbar wollte: Ein turbulentes Klassentreffen in der schulischen Sauna. Sauna? Genau! Schließlich handelt es sich hier um eines der frivolen Stücke an Dresdens buntestem Theaterhaus. Schon vergessen? Ein „Lehrstück über die Ausbildung junger Menschen“, wie es zu Beginn noch einführend heißt. Und das hat dann ja doch irgendwie Hintersinn. Denn die lieben Schüler können immer nur so gut (oder schlecht) sein wie ihre großen Vorbilder. In diesem Fall immerhin mit Happy End!
Info: „Herr Lehrer, Fräulein Lustig schwänzt“, Boulevardtheater Dresden, wieder am 17. bis 25. September und 20. bis 25. November