Moritzburg Festival verträumt bis leidenschaftlich
Als Kammermusikfestival mit familiärer Atmosphäre und hochkarätigen Künstlern hat sich das Moritzburg Festival in 23 Jahren einen Namen gemacht – und dieser Ruf strahlt sowohl beim Publikum als auch bei renommierten Musikern inzwischen weit aus. In rund 20 Konzerten konnte der künstlerische Leiter des Festivals Jan Vogler dieses Jahr rund 7500 Besucher begrüßen.
So war die evangelische Kirche in Moritzburg auch am letzten Festivalabend (traditionell gab es zum Abschluss am Sonntag an gleicher Stelle noch die Matinee) am Sonnabend (29.8.) gut gefüllt. Das Vorspiel dieses Abends oblag mit der französischen Pianistin Lise de la Salle und dem amerikanischen Bratschisten Kyle Armbrust gar einem jungem Liebespaar, das drei Jahre zuvor just hier in Moritzburg zusammenfand und sich nun an gleicher Stelle verlobte, wie Jan Vogler vorab verriet – auch das ein Beweis für die familiäre Festivalstimmung. Das Spiel der beiden war mit Brahms Viola-Sonate in f-Moll denn auch von einer ungeheuren Spritzigkeit und junger Spielfreude getragen. Als hätten sie diebischen Spaß daran, sich musikalisch zu necken und wiederum zu ergänzen, schenkten Lise de la Salle und Kyle Armbrust dem Abend auch mit ihrer Zugabe aus Prokofieffs „Romeo und Julia“ einen erfrischend lebendigen Auftakt.
Ein bisschen mehr von dieser ganz unbeschwerten Spielfreude hätte auch dem Hauptkonzert später gewiss noch etwas mehr Würze verliehen. Doch war das Programm mit Mendelssohn Bartholdys Andante in E-Dur und Scherzo a-Moll, Korngolds Klavierquintett E-Dur und Brahms Streichquintett G-Dur auch ungleich ernster und stilistisch zudem recht quer gestreut. Genau dieses Springen zwischen den Stilen und Epochen machte es dem Zuhörer nicht immer leicht. In einem verhältnismäßig kurzen Auftakt verliehen Vineta Sareika, Tim Vogler (Violine), Adrien La Marca (Viola) und Jan Vogler (Cello) den Stücken von Mendelssohn-Bartholdy mit ihrem energisch leidenschaftlichen Spiel zunächst eine flirrende Spannung, bei der es durchaus im Kirchengebälk knisterte.
Korngolds Klavierquintett im Anschluss war da schon deutlich ungefälliger, obgleich in allen seinen vielgestaltigen Teilen von Yura Lee, Mira Wang (Violine), Kyle Armbrust (Viola), Anssi Karttunen (Cello) und Oliver Triendl (Piano) sehr plastisch gezeichnet. In dieser lebhaft bis lyrischen Interpretation schillerte das Werk voller Kontraste in tausend Klang- und Stimmungsfarben durch den Kirchenraum, entfachte leidenschaftliche Feuer, um wenig später wieder in samtiges Zagen zu verfallen, entblätterte sich wie ein Buch, dessen Handlungsstränge sich wild kreuzen – eine einzige Herausforderung für jene, die da bis ins Letzte folgen wollen. Wobei die Interpreten doch immer mit dem Blick auf das große Ganze agierten, Übergänge erstaunlich flüssig, ohne Brüche gestalteten – und dafür großen Applaus ernteten.
Nach der Pause bildete dann Brahms Streichquintett Nr. 2 den gediegenen Abschluss für das Konzert. Kai Vogler, Henning Kraggerud (Violine), Yura Lee, Kyle Armbrust (Viola) und Anssi Karttunen (Cello) interpretierten das Stück ausgewogen zwischen vorwärtsdrängender Dramatik und verträumter Leidenschaft. Kai Vogler gab hier stilsicher den Ton an, ohne sich vom teils übersprudelnden Eifer seiner Mitspieler aus der Ruhe bringen zu lassen – und führte den Brahms so zu einem gelungenen Abschluss. Als Glanzlicht des Festivals in Erinnerung bleibt dennoch das Konzert am vorangegangen Samstag (22.8.), das mit Sicherheit zu den besten des Jahres zählt. Zudem muss auch das diesjährige Festival Orchester aus 39 sehr begabten Nachwuchsmusikern aus aller Welt für sein stimmiges Zusammenspiel unter Milan Turkovic sowie für die vielseitigen Ensembleleistungen bei der Langen Nacht der Kammermusik gelobt werden.
Im kommenden Jahr findet das Moritzburg Festival wieder etwas eher, vom 6. bis 21. August 2016, statt.