„Offtracks“ lädt zu sechs Konzerten ein
Dresden ist in diesem Sommer um ein Kultur-Festival reicher. Vom 3. bis zum 8. Juli lädt das erste „Offtracks – Festival für Musik und multimediale Kunst“ einem Text von Uwe Tellkamp folgend an sechs verschiedenen Orten entlang der Straßenbahnlinie 11 zu sechs Konzerten ein, die jeweils mit Lesungen, Filmvorführungen, Ausstellungen und Tanz gepaart sind.
Die Idee stammt von acht Jazzstudenten der Dresdner Musikhochschule „Carl Maria von Weber“ (HfM). Ein Seminar zum Thema Musikmanagement motivierte die jungen Jazzer vor etwa eineinhalb Jahren dazu, ihr eigenes Konzept für ein Festival für Dresdner Nachwuchskünstler auf die Beine zu stellen. „Eigentlich wollten wir das Ganze recht kurzfristig organisieren, aber wir haben schnell gemerkt, dass die Veranstaltung Hand und Fuß haben muss, wenn wir sie in Dresden etablieren wollen“, sagt Musikstudentin Katharina Lattke, die für das Offtracks-Festival und den seit März als dessen Träger fungierenden gleichnamigen Verein die Pressearbeit übernommen hat.
Sie war es auch, die dann im Internet auf die Kurzgeschichte „Der Schlaf in den Uhren“ stieß, mit der der Dresdner Autor Uwe Tellkamp im Jahr 2004 den Ingeborg-Bachmannpreis gewann. „Wir haben damals gezielt nach einer Geschichte gesucht, uns dabei mit regionalen Künstlern auseinandergesetzt und diesen Text von Tellkamp gefunden“, sagt Lattke. Tellkamps Erzählung handelt von einer Straßenbahnfahrt durch Dresden. In bildhafter Sprache erzählt der Autor darin, „wie die Straßenbahn in den Schienen schlenkerte und Funken stoben, wenn sie, von der Haltestelle Leipziger Straße kommend, vor dem Bahnhof Neustadt um die Ecke bog, die rotweiß gestrichene tschechische ‚Tatra‘-Bahn“. Die Erzählung folgt dieser Bahn die Bautzner Straße hinauf, bis zum jenem Stadtviertel, das Tellkamp in der Kurzgeschichte wie auch seinem berühmten Dresden-Roman zum „Turm“ stilisiert.
Diese literarische Bahnfahrt haben die acht Musikstudenten zum Grundgerüst ihres Festivalkonzepts gemacht. Schließlich schlängelt sich die Straßenbahnlinie 11 bis heute – wenn auch nicht mehr im rotweißen Tatra-Kleid – die Bautzner Straße entlang. „Wir haben den Text intensiv und mehrfach gelesen und mit den Bildern der einzelnen Stationen gearbeitet“, sagt Lattke. Entsprechend der Atmosphäre im Tellkamp-Text haben die jungen Organisatoren sich nicht nur die sechs Spielstätten – vom Sputnik bis zum Lingernerschloss – entlang der Linie 11, sondern auch die jeweils dort auftretenden Künstler gesucht. So wird das Festival am 3. Juli im Sputnik am Neustädter Bahnhof starten, wo der junge Schlagzeuger Demian Kappenstein zusammen mit der Choreografin und Tänzerin Valentina Carbo den ersten Abend mit Matineecharakter gestaltet. „Wir wollten beim Festival auch das Thema Zeit behandeln, weil es im Text einen großen Raum einnimmt, die Künstler haben das mit ihren eigenen Ideen dann jeweils weiterentwickelt“, so Lattke.
Die Straßenbahnlinie 11 bildet dabei nicht nur die Verbindung zwischen den einzelnen Stationen, sie ist zugleich ein sinnbildlicher Zeitstrahl, der alle Konzerte Tag für Tag, Station für Station miteinander verknüpft – stets unter dem Motto: „Sechs Tage, sechs Stationen, sechs Blickwinkel auf die Themen Zeit und Raum.“ – Ein ausgefeiltes Konzept für ein junges Festival, das vom Dresdner Amt für Kultur- und Denkmalschutz sicher nicht ohne Grund gefördert wird.
Die auftretenden Künstler sind dabei so verschieden, wie die Spielstätten selbst. Im Jazz- bis Popbereich, von Soloschlagzeug bis Vocalensemble, bewege sich der musikalische Stil beim Offtracks-Festival, sagt Lattke. Ergänzt wird dies beispielsweise durch Malerei, Performance, Film und Installationen junger Künstler aus Dresden. Entstanden seien diese Ideen ganz studentisch überwiegend im freundschaftlichen Austausch mit anderen Künstlern, ausgegoren dann meist bei Selbstgekochtem und langnächtlichen Diskussionsrunden am heimischen WG-Küchentisch.
Inzwischen werben neben der Webseite, ein eigens für „Offtracks“ entwickeltes Logo und eine Postkarte (Foto: PR/Jessica Struch) in der Stadt für die Veranstaltung – ebenso wie das Programm entstanden sie mithilfe eines soliden Kontaktnetzes zu anderen Studenten, Absolventen und Künstlern. Über die Internetplattform „Startnext“ werben die jungen Organisatoren für ihr Projekt zusätzlich Spenden ein. Und selbst Uwe Tellkamp, dem die Gruppe irgendwie rein zufällig in der Stadt mal begegnet sei, zeigte sich angetan von ihrem Vorhaben, berichtet Katharina Lattke stolz.
Ob das Offtracksfestival auch nach der Erstausgabe 2012 noch einmal stattfinden wird, ist allerdings derzeit nicht sicher. Es kommt wohl auch darauf an, wie viele Dresdner den Schienen der Linie 11 bei der Premiere vom 3. bis zum 8. Juli am Ende dann tatsächlich folgen werden.
(erschienen in DNN vom 02.07.12)
Linktipp: www.offtracksfestival.de
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