Vom Rektorat aufs Rennrad

Ein Kaffee mit dem Ex – oder: Gibt es ein Leben nach dem Rektor?

Gut ein Jahr nach der per neuem Hochschulgesetzt diktierten Neuwahl fragte www.elbmargarita.de: Was macht eigentlich der frühere TU-Rektor Hermann Kokenge heute?

Lässig im Rollkragenpulli sitzt er an einem Ecktisch im Café „Alte Meister“ gegenüber der Semperoper und genießt seinen Milchkaffee. Rund sieben Jahre lang stand Hermann Kokenge als Rektor an der Spitze der TU Dresden. Seit sein Nachfolger Hans Müller-Steinhagen 2010 in das gewichtige Amt gewählt wurde, ist Kokenge als Leiter der Professur für Landschaftsarchitektur an das gleichnamige TU-Institut zurückgekehrt. Ein Schritt, der nach dem früheren Hochschulgesetz unabdingbar war. Denn, so erklärt der Ex-Rektor, Unirektoren waren demnach während ihrer Amtszeit lediglich von ihren Aufgaben in der Lehre beurlaubt. Ihre Professur indes blieb bestehen. So auch bei Herman Kokenge, der von 2003 bis 2010 die Geschicke der TU Dresden letitete.

„Das Leben geht auch nach dem Rektor-Dasein weiter“, sagt er und lächelt versonnen. Wehmut habe ihn bei dem Schritt von der Unleitung zurück in die Lehre nie befallen. „Es war am Anfang nur etwas ungewohnt, weil ich noch Tausend Dinge im Kopf hatte, die aber nun Aufgabe meines Nachfolgers waren“, so Kokenge, der mit der Neuwahl im Sommer 2010 prompt aus dem Amt ausscheiden musste. Inzwischen ist der frühere TU-Rektor aber wieder ganz in seinem neuen, alten Leben angekommen. „Ich genieße es, wenn ich jetzt morgens mit meiner Frau zusammen frühstücken kann, ich genieße es auch, mehr Zeit für meine Familie zu haben“, sagt er und erklärt: „Als Rektor wird man ja täglich mehr oder weniger durch den Kalender geschoben, jetzt kann ich mir meine Zeit selber einteilen und das ist schön.“ Tatsächlich wirkt Kokenge entspannt, wenn er das sagt – obwohl er sein Privatleben vor der Öffentlichkeit seit jeher lieber geschützt hat, erscheint Kokenge jenseits von politisch-brisanten Interviewfragen heute lockerer, gelöster.

Natürlich verfolge er das hochschulpolitische Geschehen noch. Daneben bleibe ihm heute aber viel mehr Zeit für andere Interessen. Seinen Garten nennt der Landschaftsarchitekt dabei an erster Stelle. Und dann ist da noch die Kunst – nicht umsonst hat er für das Interview das Café in der Gemäldegalerie ausgewählt. „Eigentlich mag ich die neuen Meister aber noch lieber als die Alten“, so Kokenge. Paul Klee ist dabei nur einer von seinen Favoriten. Schließlich hänger bildende Kunst auch unmittelbar mit der Landschaftsarchitektur zusammen. Und dann ofenbar der frühere TU-Rektor auf einmal noch eine ganz andere Seite von sich: Inzwischen steige er nämlich immer öfter wieder auf sein Rennrad, das ihn als Rektor leider viel zu selten gesehen hat. „Ich fahre dann zum Beispiel in die Sächsische Schweiz“, sagt er und kommt bei dem Thema regelrecht ins Schwärmen. Schnell merkt man: das Rennrad ist neben der Landschaftsarchitektur seine große Passion. Ein Fahrradrahmen müsse aus seiner Sicht filigran sein, nicht so breit wie heutzutage oft. Er bevorzuge deswegen Stahl anstatt Leichtmetall.

Und der Beruf? Vermisst er die Unileitung wirklich gar nicht? „Nein, ich habe in dieser Zeit viele interessante Leute kennengelernt und wichtige Erfahrungen gemacht, aber jetzt habe ich neue Ziele.“ Und die wären? „Ich möchte wieder an Architekturwettbewerben teilnehmen, mehr in meinem eigentlichen Beruf arbeiten, denn der bietet immer wieder Neues“, so der frühere TU-Rektor. Ein Leben als Politiker, das kann er sich für die Zukunft nicht mehr vorstellen.

Nicole Laube

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