Mit Erfindergeist ins Guinessbuch

Das Tal der Superhirne, Teil IV

In Dresden wird seit jeher gefragt, geforscht und entdeckt. Allein die Technische Universität meldete 2011 rund 120 Patente an – und ist damit bundesweiter Spitzenreiter. Doch auch an den anderen Hochschulen und Instituten der Stadt köchelt es in den Erfinderstübchen. www.elbmargarita.de stellt in einer losen Serie DDner Entdeckungen vor:

Eine Erfindung, die es Anfang 2011 sogar ins Guinnessbuch der Rekorde schaffte, kam aus dem Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW). Vier Forscher schafften es, den kleinsten von Menschenhand gefertigten Düsenantrieb herzustellen. Er misst gerade mal 600 Nanometer im Durchmesser und wiegt ein Picogramm (ein Billionstel Gramm). Doch wofür ist so ein Antrieb eigentlich nützlich? „Unsere Vision ist, diese Düsenantriebe als Transporter in der Blutbahn zu benutzen, um Medikamente gezielt an bestimmte Orte zu bringen“, sagt Professor Oliver Schmidt, einer der vier Erfinder des Minidüsenantriebs. Etwa ein Jahr habe die Entwicklung dieser sogenannten Mikro-Container mit Selbstantrieb gedauert, welche nach dem Vorbild biologischer Mikroorganismen konstruiert wurden. Diese Organismen nutzen die chemische Energie ihrer Umgebung und verwenden sie für ihre eigene Fortbewegung.

Der Minidüsenantrieb basiert im Wesentlichen auf dünnen Titan-, Eisen- und Platinschichten, die sich selbst zu winzigen Mikro- und Nanoröhren zusammenrollen. Die innerste Schicht dieser Mikroröhren besteht aus Platin und dient als Katalysator in der Reaktion von Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff. Dabei bilden sich Sauerstoffblasen, die aus den Mikro- oder Nanoröhren herausgestoßen werden und so zu einer schnellen Bewegung der Röhrchen führen. Durch ein äußeres Magnetfeld kann diese Bewegung ferngesteuert werden. Sogar das Be- und Entladen der durch die Mikro-Röhren transportierten Fracht ist durch ein Magnetfeld präzise steuerbar. In ersten Experimenten konnten die Forscher auf diese Weise bis zu 60 Styroporkügelchen sowie metallische Nanoplättchen durch die Flüssigkeit transportieren. „Die Antriebe können mittlerweile gezielt angehalten und wieder beschleunigt werden. Sie können sich auch schon von selbst – wie kleine Minibohrer – in Zellmaterial hineinbohren und ferngesteuert gelenkt werden“, erklärt Schmidt.

Wann diese Technologie in der Medizin schlussendlich zum Einsatz kommen kann, darüber spekuliert Schmidt derzeit allerdings nur ungern: „Die Vorhersage ist sehr schwierig. Mittlerweile arbeiten Gruppen in den USA und in China an der Technologie. Wenn alles gut geht, dann gibt es eine Anwendung in etwa zehn Jahren.“

Nicole Czerwinka

(erschienen in SAX 02.12, Seite 10/11)

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