Last Man standing

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Herbstauslese: „Feldwebel I – Die elfte Plage“

Herbstzeit ist auch Lesezeit. Unter dem Motto „Herbstauslese“ gibt es auf elbmargarita.de eine Serie, in der wir ausgewählte Romane und Erzählungen rezensieren, die in Dresden spielen. Heute: Frank Goldammer: „Feldwebel I – Die elfte Plage“

Der dritte Weltkrieg ist vorbei, in Dresden legt sich der Rauch und hinterlässt nichts als Trümmer. Doch Feldwebel verteidigt noch immer sein Land, seine Regimetreue ist alles, was ihm geblieben ist. An seinen Namen kann er sich nicht mehr erinnern, sein Leben ist der Krieg geworden. Auf der Suche nach Wasser, Vorräten – und Menschen – kämpft er sich durch die Ruinen seiner Stadt, begleitet nur von den Stimmen der gefallenen Kameraden in seinem Kopf. Aber er findet weder Feinde noch Verbündete; irgendwann kommt ihm die verrückte Idee, dass es außer ihm vielleicht gar keine Überlebenden gibt.

Als er schließlich auf Menschen trifft, lauert überall die Gefahr: Unheimliche Geräusche in der Nacht, mysteriöse Verfolger und tiefe menschliche Abgründe prägen die raue Atmosphäre, die den Roman so authentisch macht.

Frank Goldammer ist vor allem durch seine Dresden-Krimis bekannt. Dieses Jahr legte er beim Gmeiner Verlag mit „Revierkampf“ (2013) den Nachfolger von „Abstauber“ (2012) vor. Auf seinen Lesungen begeistert er mit unterhaltsamen Kurzgeschichten; aber auch mit Thrillern hat er Erfahrung: Seit 2006 verlegte er selbst mehrere Romane zu mystischen Themen. „Feldwebel“ konstruiert er vor dem Endzeit-Szenario seiner Heimatstadt, mit einem sinnlosen Krieg, den niemand überlebt; nur ein Soldat, der nichts kennt außer dem Kampf und die Ergebnisse menschlicher Experimente. Tragisch-komische Situationen und immer wieder neue Probleme ziehen den Leser durch die Handlung mit einer großartigen Entwicklung des Hauptcharakters, der erst begreift, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt, als er auf die Geheimnisse seiner eigenen Vergangenheit stößt.

Dresden ist im ersten Teil des Romans allgegenwärtig: Flughafen, Bahnhof Mitte, Terrassenufer und Carolabrücke – aber alles ist zerstört. Auf seiner ständigen Suche durchquert Feldwebel schließlich halb Deutschland, bis er in Nürnberg landet, wo das Hauptkommando sitzen soll. Aber was er dort findet, übersteigt seine Vorstellungskraft …

Eine gewisse Spannung nimmt das Cover schon vorweg und die Leser müssen sich nun gedulden, bis im Frühjahr der zweite Teil erscheint. So lange begleiten sie Feldwebel durch eine dunkle Zukunft, in der er sich selbst seine Befehle erteilt und verhindern muss, dass die Welt, für die er gekämpft hat, jetzt zum „Planet der Affen“ wird.

Linktipp: www.frank-goldammer.de

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Elben an der Elbe

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Herbstauslese: „Elbenthal“-Saga

Herbstzeit ist auch Lesezeit. Unter dem Motto „Herbstauslese“ startet auf elbmargarita.de eine neue Serie, in der wir ausgewählte Romane und Erzählungen rezensieren, die in Dresden spielen. Heute: Ivo Pala: „Elbenthal“-Saga

Mitten in Dresden, unter dem Fundament des Residenzschlosses, liegt Aarhain, die letzte Bastion der Lichtelben. Sie verteidigen dort das Tor zur Unterwelt gegen den dunklen Fürsten und seine Schergen. Svenya, zuerst ein ganz normales Mädchen, ist zur Hüterin Midgards bestimmt und soll ihre Welt vor den finsteren Mächten beschützen. Aber auf ihr lastet ein Fluch, der verhindert, dass sie jemals erfährt, wer sie eigentlich ist und woher sie kommt – doch wie soll sie so für eine Sache kämpfen?

Ihre Schwerter haben einen eigenen Willen, ihre Gefühle spielen verrückt und ein riesiger Drache versucht, sich aus dem Kerker der Festung zu befreien … Eigentlich dachte Svenya immer, sie hätte schon genug Probleme! Aber nach und nach findet sie wertvolle Verbündete und treue Freunde für einen Krieg, der unausweichlich scheint.

Ivo Pala finanzierte sich schon sein Studium mit dem Schreiben von Kurzgeschichten und arbeitet seit zwanzig Jahren als Drehbuchautor für Fernsehproduktionen. Unter dem Pseudonym Richard Hagen schreibt er Krimis, die er am Rhein ansiedelt, zuletzt „Ihr unschuldiges Herz“ (2012). Als Ivo Pala veröffentlicht er eher fantastische Stoffe; 2011 erschien „Die Lazarus-Formel“, ein Thriller, in dem eine Wissenschaftlerin ein Mittel für Unsterblichkeit findet. Mythen und epische Welten sind sein Steckenpferd: Der gebürtige Rheinländer begeisterte sich schon früh für das Nibelungen-Lied und seine Helden, die in der „Elbenthal“-Saga im Dresden der Gegenwart wieder auftauchen.

Das Klischee vom Straßenmädchen, das zur Auserwählten wird, ist der Fantasy weit verbreitet. Dagegen ist wohl auch nichts zu sagen, so lange es die Fans noch erfrischen kann. Der Drehbuchautor Pala weiß, wie man einen spannenden Plot konzipiert, wie man geschickt Perspektive und Szene wechselt. Zu Beginn flieht Svenya lange Zeit, später wird sie ständig in Kämpfe verwickelt. Das unglaubliche Tempo lässt den Leser kaum zu Atem kommen. Die Reihe hat nur eine einzige Länge: Die Passage, die die Vor-Vor-Vorgeschichte erzählt, aber leider wichtig für das Verständnis ist. Die Welle der Namen, die dort auftaucht, wird nur ansatzweise charakterisiert, und die Flut der Informationen scheint ertränkend.

Jede Figur verfolgt ihre ganz eigenen Ziele: Intrigen, Liebe und Verrat machen Svenya das Leben schwer – und die Magie ist in der unterirdischen Festung allgegenwärtig. Ivo Pala lässt Dresdner ihre Stadt mit anderen Augen sehen; Drachen und Schwerterklirren gab es hier lange nicht mehr.

Linktipp: www.elbenthal-saga.de

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Lebendig gewordene Geschichte(n)

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Messe „schriftgut“ lockt mit Handwerk und Historie

Dresdens individuelle Literaturmesse „schriftgut“ öffnet ihre Pforten diesen Herbst zum zweiten Mal. Lesefreudige Besucher (Foto: PR/Beatrice Schreckenbach) können vom 1. bis 3. November auf den Fußnoten barocker Dichtung wandeln und die Entstehung eines Buchs aktiv mitgestalten.

„Die großen Buchmessen sind oft sehr unpersönlich“, erzählt Peggy Salomo, Projektmanagerin der „schriftgut“ und Vizepräsidentin der Dresdner Gesellschaft für Literatur. „Zu viele Reize strömen auf die Menschen ein und man hat kaum Zeit, sich intensiv mit dem Medium Buch zu beschäftigen.“ Bei der „schrifgut“ soll das anders sein; hier wird das Mitmachen großgeschrieben, in verschiedenen Themenräumen können die Besucher Papier schöpfen, Kalligrafie lernen oder sich im traditionellen Druckverfahren ausprobieren. Die Buchbinder-Landesinnung Sachsen erklärt dabei, wie früher und heute Bücher gebunden wurden und was den Beruf eines handwerklichen Buchbinders ausmacht.

In der großen Halle präsentieren sich regionale Verlage und Zeitschriften, und auch das Programm auf den Lesebühnen wird zum Teil mit Dresdner Autoren gestaltet. Ralf Günther, bekannt vor allem durch seine historischen Romane, stellt am Messe-Samstag sein neues Buch vor, eine lustige Erzählung für die ganze Familie. Dresden-Krimi-Autor Frank Goldammer präsentiert seine Thriller und Romane am eigenen Stand. Am Sonntag verleiht die Literaturzeitschrift SIGNUM den „Weißen Raben“, einen neu ins Leben gerufenen Preis für die beste Debütveröffentlichung. Und auch die Literatur- und Kunstzeitschriften „Ostragehege“ und „Maulkorb“ haben sich angekündigt und zeigen den Besuchern lyrische und prosaische Gedanken zur Dresdner Kultur.

Neu in diesem Jahr ist der interaktive Zeitreise-Bereich: Mitten zwischen den Besuchern wandeln Persönlichkeiten der Epoche des Barock und rezitieren Briefe und Gedichte. Die Reichfürstin von Teschen, die das Theater revolutioniert hat, wird von einer Schauspielerin vorgestellt. Aber auch Friedrich der Große, Freiherr von Münchhausen, Hofbildhauer Balthasar Permoser und Sängerin Baronin von Moretti stehen Rede und Antwort. Beim Genießen des barocken Flairs kann man nicht nur Tänze und die „Fächersprache“ bei Hofe lernen, sondern auch barocken Märchen lauschen, sich barock schminken oder zeichnen lassen oder sich einfach zu Casanova ins Bett legen! Zwei Streicherkonzerte am Samstag runden die Zeitreise ab, und für die Kinder gibt es eine echte barocke Puppenstube zu bestaunen.

Die Leseförderung beim Nachwuchs ist den Organisatoren wichtig: Die Städtischen Bibliotheken parken die Fahrbibliothek vor der Messe und gestalten für Kinder und Jugendliche ein buntes Programm. Außerdem darf eifrig gebastelt werden: Selbst gemachte Weihnachtskarten und Linolschnitte sollen die Kinder anregen, sich mit dem Medium Papier und der Druckkunst zu beschäftigen.

Bianca Raum von „Literatwo – Binea & Mr Rail“ übernimmt auf der „schriftgut“ das Live-Blogging mit Verlosung und stattet alle Kinder als Messereporter aus. Mit einem eigenen Presse-Ausweis und einem Quiz zu den Themengebieten machen sich die Wissbegierigen auf den Weg über das Gelände, um Aussteller und Teilnehmer „Löcher in den Bauch“ zu fragen. Wie winzig ist eigentlich eine Minibuch-Bibliothek und was könnte ein „Lesespaten“ sein? Neben Infos zum Barock gilt es auch, das Autogramm eines Schriftstellers zu ergattern – aber davon trifft man auf der „schriftgut“ ja genug!

Linktipp: www.schriftgut-messe.de

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Die Liebe in den Zeiten des Mauerfalls

Herbstauslese: „Von Mauern und Flammen“

Herbstzeit ist auch Lesezeit. Unter dem Motto „Herbstauslese“ startet auf elbmargarita.de eine neue Serie, in der wir ausgewählte Romane und Erzählungen rezensieren, die in Dresden spielen. Heute: Emilia Licht: „Von Mauern und Flammen“

Radolf und Katja sind Büchermenschen. Mit einer Literaturgesellschaft reisen sie 1989 nach Prag, laufen sich über den Weg und fangen sofort Feuer wie trockenes Papier. Ihre Liebe zum geschriebenen Wort wird zur Leidenschaft füreinander. Aber beide wissen, dass ihr Glück nur von kurzer Dauer ist, denn sie haben Verpflichtungen, Partner und später auch Familien.

Trotzdem kommen sie nicht voneinander los, telefonieren, treffen sich heimlich und spüren, dass sie so nicht ewig leben können. Zweimal verlieren sie sich aus den Augen und zweimal holt sie ihr Schicksal ein. Jahre vergehen, die Mauer fällt und die Weimarer Bibliothek steht in Flammen, aber als Radolf begreift, dass er um Katja kämpfen muss, ist es fast schon zu spät.

Nach bildhaften Episoden in Prag, Cottbus, Weimar und Berlin schickt die Autorin ihre Charaktere nach Dresden, wo sie sich nach der Wende eine berufliche Zukunft erhoffen. Katja arbeitet in einer Buchbinderei und bezieht eine kleine Wohnung in der Neustadt, als Radolf sie wiederfindet.

Emilia Licht ist Wahl-Dresdnerin und macht ihre Stadt wie selbstverständlich zur romantischen Kulisse. Spaziergänge in Straßen und Parks, Blumen vom kleinen Laden um die Ecke, das nette Café an der Frauenkirche – schon längst war es nötig, diesen Charme zu verewigen. Und was liegt da näher als eine Geschichte voller Leidenschaft, Kultur und Historie?

Emotionale Themen haben es der Autorin angetan, ihr Debüt gab sie 2011 bei Gmeiner mit „Hotel Blaues Wunder“, einer frechen Geschichte über eine Frau, die den Spagat zwischen Liebe und Karriere wagt. Natürlich in Dresden.

„Von Mauern und Flammen“ besticht durch Humor und den inneren Konflikt, sowie hervorragende historische und regionale Recherche. Emilia Licht belebt jede einzelne Gasse und zeigt, wie verschiedene Charaktere die Wende meistern oder daran scheitern, während ihre Pläne immer wieder durchkreuzt werden.

Die Bücherliebe bleibt leider etwas inkonkret, einige Charaktere zu flach, doch die Entwicklung der Protagonistin ist erstaunlich: Ihre anfängliche Unsicherheit wandelt sich zu beeindruckender Selbstständigkeit. Die Beziehung zu ihrer besten Freundin strahlt wahre Wärme aus.

Dieser mit Liebe zum Detail erzählte Roman beweist, dass wir alle Opfer unserer Gefühle sind. Emilia Licht widmet ihre Liebesgeschichte den Zögernden, den Menschen, die zu viel Angst haben und dann bemerken, wie schnell alles vorbei sein kann. Eine Leseempfehlung für Frauen, die diese Zeit mit ihren ganz eigenen Augen durchlebt haben.

Linktipp: www.emilia-licht.de

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Lyrik zwischen den Kulturen

Die 12. Bardinale zeigt Europa als „unvollendetes Gedicht“

Der Garten der Villa Augustin verwandelt sich am nächsten Wochenende (12. bis 15.9.) in einen Poesiepark mit Bühne für Science Slam, Musik und schauspielerische Darbietungen. Die Bardinale will mit einer Vielfalt von Diskussionen, Lesungen und Aufführungen in diesem Jahr für das europäische Denken begeistern. Auch Jugendliche können Literatur live erleben: Zehn verschiedene Workshops richten sich nach den Interessen von Schülern, ob Literatur-Analyse oder Schreibwerkstatt.

Eigentlich soll es weniger ums Politische gehen, im Mittelpunkt steht Europa als unser Lebensraum und Kulturraum. Die Bardinale will nicht nur das häufig negative Nachrichtenbild aus den Medien zeigen, sondern vor allem, dass es nach wie vor einen regen literarischen Austausch gibt. Die zentrale Frage ist, wie internationaler Dichter die aktuellen Entwicklungen erleben.

Die vortragenden Autoren stammen aus europäischen Krisengebieten und haben interkulturelle Hintergründe. In Essays im Bardinale-Blog beschreiben sie ihre persönliche Sicht auf Europa. Beqë Cufajs Werke beschreiben eine Kindheit im Kosovo – und Träume, die man nicht aus den Augen verlieren darf. Ulrich Schacht, ehemaliger Dresdner Stadtschreiber, ist zur Autorendebatte geladen. In der DDR wurde er wegen „Staatsfeindlicher Hetze“ verurteilt. María Eloy-García (Foto: PR) reflektiert in ihren Gedichten Alltag und Gegenwart, Leben und Menschen, gern auch surrealistisch und ironisch – vor allem aber authentisch. Die Autoren lesen in ihrer Muttersprache mit eingeblendeten Übersetzungen, Freitag und Samstag jeweils 20 Uhr zur „Erfindung Europas“.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf der Literatur der Sinti und Roma und der Frage, wie Europa die Rechte von Minderheiten noch stärken kann. Jovan Nicoli? ist als Rom e.V.-Mitglied Fachmann auf dem Gebiet. In einer Vortragslesung erklärt er, wie eine mündlich geprägte Kultur Literatur produziert. Dazu organisiert das Literaturbüro auch eine Ausstellung, die man bis Herbst 2014 in der Villa Augustin besuchen kann.

Linktipp: www.bardinale.de & Weblog: www.bardinale.blogspot.de

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