„Múa ô“ passt auf diesen Sommer wie die Faust aufs Auge. Auf Vietnamesisch bedeutet es so viel wie „Regenschirmtanz“ – ein Wort, welches das Lao Xao Trio aus Dresden nun zum Titel für seine zweite CD erkoren hat. Sicher konnten die drei Musiker – alle Absolventen der Dresdner Musikhochschule – bei der Einspielung noch nicht wissen, was dieser Sommer bringen wird. Auf jeden Fall aber versüßen sie dem Zuhörer mit ihrer federleicht exotischen Musik nicht nur manch regnerischen Tag.
Lao Xao ist Vietnamesisch und bedeutet – je nach Betonungszeichen – etwa so viel wie knirschen, rascheln, raunen, gemischt, Speer oder werfen. Der Facettenreichtum der beiden Worte ist enorm, ebenso wie die Musik des gleichnamigen Trios, das 2005 an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden (HfM) zusammenfand. Ausgangspunkt war eine Vocalnight unter dem Motto „Heimat“ im Jazzclub Tonne, bei der Sängerin Khanh Nguyen zusammen mit dem Gitarristen Stefan Wehrenpfennig eine verjazzte Volksweise aus Vietnam präsentierte. „Die beiden Liedzeilen hatte mir früher meine Mutter vorgesungen“, sagt die in Deutschland geborene Vietnamesin.
Der Cellist Diethard Krause – damals ebenfalls Student an der HfM – war sofort von dieser Art Musik begeistert und daher bald der Dritte im Bunde. Das Lao Xao Trio (Foto: PR/Marco Warmuth) war geboren. „Wir haben uns einmal getroffen und sofort gemerkt, dass wir uns gut verstehen“, sagt Krause. So brachte Khanh Nguyen schließlich weitere Weisen aus ihrer Heimat mit in die Runde, die sie zusammen mit ihren beiden Kommilitonen neu arrangierte. Acht Lieder an der Zahl sind es mittlerweile, die auf dem just Anfang April erschienenen Debutalbum „Upon tree ?a“ des Lao Xao Trios von Liebe, Landschaft und Traditionen im fernen Vietnam erzählen. „Das Volksliedgut aus Vietnam bildet den Kern unserer Musik. Wir haben aus den kleinen Weisen jedoch auch mit europäischen Stilmitteln unsere eigene Version gemacht, ohne sie gänzlich zu entfremden“, erzählt Khanh Nguyen.
Vietnamesische Folklore trifft dabei auf europäische Jazzmusik, poetische vietnamesische Texte auf ungewöhnliche musikalische Improvisationen. Zusammen kulminiert das in einer Musik, die von einer ganz eigenen Ruhe durchströmt wird – allerdings weder meditativ noch melancholisch, sondern eher unbeschwert zu nennen ist. Die helle, aber durchaus wandelbare, Stimme von Khanh Nguyen behält dabei stets die Oberhand, während es Diethard Krause und Stefan Wehrenpfennig grandios gelingt, ihren Instrumenten sehr asiatische Klänge zu entlocken. Die Ausbildung der drei an der Dresdner Musikhochschule hört man dennoch deutlich heraus, sowohl was die künstlerische Präzision, als auch Stilfarben betrifft. So klingt es einerseits fremd, und trotzdem vertraut.
Dieses weltweit vermutlich einmalige Spiel mit traditionellen vietnamesischen Weisen bescherte dem Trio bereits zwei große Auszeichnungen. Im Jahr 2011 haben sie den Weltmusikwettbewerb „Creole Mitteldeutschland“ gewonnen und damit auch erstmals die Aufmerksamkeit eines größeren Fachpublikums auf sich gezogen. Mit dem RUTH-Weltmusikpreis bekommt das Trio am 6. Juli 2013 in Rudolstadt eine weitere, hochdotierte Auszeichnung überreicht. Leben können die drei studierten Musiker von ihrer Nische dennoch bislang nicht, arbeiten hauptberuflich in anderen Ensembles, Orchestern oder als Musiklehrer. Die Fertigstellung ihres ersten Albums wäre ohne eine Reihe von Sponsoren, den Griff ins eigene Sparschwein und Herzblut ohne Ende kaum denkbar gewesen. „Wenn man so etwas macht, muss man es richtig machen“, sagt Diethard Krause – allein der Blick auf das Cover zeigt, was er meint. Im Booklet sind alle Texte auf Deutsch, Englisch und Vietnamesisch nachzulesen, dazu soll es auch eine Schallplattenausgabe des ersten Albums geben.
Trotz harter Vorbereitungszeit und richtigem Brotverdienst nebenher sprießen die Ideen bei den dreien wie eh und je. Schon arbeiten sie an neuen Songs. Das Releasekonzert steht am 3. Mai im Rahmen der Reihe „Musik zwischen den Welten“ in der Dreikönigskirche Dresden auf dem Auftrittsplan. Anschließend werden sie mehrere Konzerte geben. Und dann ist da noch ein großer Traum: „Wir würden einmal gern in Vietnam spielen, um zu sehen, wie die Menschen dort auf unsere Musik reagieren“, sagt Diethard Krause. Wer die Geschichte des Lao Xao Trios liest, wird wohl kaum daran zweifeln, dass sie das auch eines Tages schaffen – schließlich bedeutet lao auch soviel wie vorwärtsstürmen.