Figaros Hochzeit im futuristischen Ufo

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„Die Hochzeit des Figaro“ an den Landesbühnen

Ein bisschen Eifersucht, viel Leidenschaft und eine Prise Aufmüpf sind das Geheimrezept, mit dem Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Hochzeit des Figaro“ (1786) das Publikum bis heute in ihren Bann zieht. Die Geschichte vom gräflichen Diener Figaro, der seine Susanna heiraten will, auf die wiederum auch Graf Almaviva ein zwinkerndes Auge geworfen hat, erobert in einer optisch unkonventionellen Inszenierung von Anja Sündermann nun auch die Landesbühnen Sachsen.

Sündermann bewegt sich inhaltlich nah am Original der Oper, die damals die erste von drei gemeinsamen Arbeiten Mozarts mit dem Librettisten Lorenzo Da Ponte war. Sie versetzt die Handlung auf der Bühne in einen von Ausstatterin Olga von Wahl geschaffenen, futuristischen und sehr technisch anmutenden Glitzerraum, der im Wesentlichen aus einer großen Metallwelle und einem liebesroten, ufoartigen Ring besteht, mit dem der Graf – hier Herr über die Fernsteuerung – Susanna einfangen möchte.

Diese ist, wie auch die anderen Figuren im Spiel, von Emotionen und Leidenschaften getrieben, hin und hergerissen zwischen dem mächtigen, erfahrenen Grafen und ihrem lässigen Jungspund Figaro. Miriam Sabba (Foto: PR/Robert Jentzsch) verleiht ihrer Susanna dabei wahrhaft kämpferische Züge und meistert die Partie, die der größte Gesangspart in der Oper überhaupt ist, souverän und vielgestaltig. Die Inszenierung stellt ihr zudem noch zwei weitere Bräute zur Seite. Denn auch Marcellina, die ebenfalls gern mit Figaro verheiratet werden möchte, wird hier von Silke Richter in silbernen Stiefeln und mit weißer Korsage als mondänes Vollweib im Brautkleid gezeigt.

Die dritte Braut im Bunde ist schließlich die Gräfin. Stephanie Krone singt diese Partie so wunderbar gefühlvoll und berührend, dass man ihr den Kampf der langjährigen Ehefrau um ihren Gatten gern abnimmt. Doch auch sie ist gegen die Verführung des Fremden nicht ganz immun. Vor allem der lebenslustige Page Cherubino hat es ihr angetan. In der beliebten Hosenrolle gehört Patrizia Häusermann gewiss zu den großen Stimmen des Abends. Sie ist der sorglose Fixpunkt der Inszenierung, springt selbst in Stöckelschuhen unbeschwert über die Bühne und lässt sich von keiner Regel fangen.

Obwohl die Herren – allen voran Kazuhisa Kurumada als Graf und Paul G. Song als Figaro – sowohl musikalisch als auch darstellerisch keine Wünsche offen lassen, scheint die Bühne hier eher den Damen zu gehören. Sie treiben das Spiel an, kontern die Intrigen des Grafen und Figaros schließlich mit ihrer eigenen und sind auch optisch irgendwie stets im Fokus. Hinzu kommt ein mit lustigen Kappen begleiteter Chor, der wie ein Spähtrupp des Grafen immer dann beobachtend zur Stelle ist, wenn der Hausherr mal nicht an seinem blinkenden Steuerrad steht.

Überhaupt bietet die mit vielen neckischen Ideen garnierte Inszenierung jede Menge zum Schauen. Das sonst häufig im „Figaro“ gezeigte Türengeklapper – zum Zimmer rein, zum Zimmer raus, ins Versteck und wieder zurück – wird hier durch einen aufgeweckten allgemeinen Trubel ersetzt, der nicht nur Kurzweil, sondern bisweilen auch viel Komik erzeugt. Einziges Manko des quirligen Spiels: Der eine oder andere Handlungsfaden kann dem Zuschauer in diesem bunten Treiben schon mal verloren gehen.

Doch das ist im Strudel der Aufführung schnell wieder vergessen. Gelungen ist diese auch deswegen, weil die langen Rezitative der Oper im Vorfeld massiv gekürzt wurden. Der musikalische Leiter Jan Michael Horstmann hat dazu flüssige Anschlüsse gefunden und führt die Elbland Philharmonie Sachsen sowie das Ensemble am Premierenabend werkgetreu durch die Oper. Musik und Bühne gehen dabei trotz des ungewöhnlichen Bildaufbaus erstaunlich gut Hand in Hand, sodass dieser „Figaro“ als pfiffige und lebhafte Interpretation in bester Erinnerung bleibt.

Nicole Czerwinka

Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“ an den Landesbühnen Sachsen, wieder am 18.10., 17.11. und 29.11. im Stammhaus Radebeul

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