Die Leidenschaften im Hygiene-Museum
Kaum ein Gefühl bestimmt unser Leben so unmittelbar und unwillkürlich wie ein leidenschaftliches Gefühl. Sicher auch aus diesem Grund widmet das Hygiene-Museum Dresden dem Thema LEIDENSCHAFTEN in diesem Jahr eine eigene Sonderausstellung.
Der Besucher wird dabei zu einem Theater der besonderen Art eingeladen: Bei der Ausstellung „Die Leidenschaften, ein Drama in fünf Akten“ soll er selbst in die Stürme und Wogen des menschlichen Gefühlshaushaltes eindringen. In abstrakter Weise erzählt die Ausstellung von Kuratorin Catherine Nichols sowie der beiden Gestalterinnen Mariama Clément und Julia Hansen davon, wie uns die Leidenschaften immer wieder im Leben packen, mitreißen, beflügeln, in Abgründe stürzen und schließlich, manchmal plötzlich, manchmal nach langem Kampf, wieder loslassen. In beschreibender Weise sammelt die Ausstellung Beispiele, eine riesige Collage von Leidenschaften verschiedenster Art, mit deren Hilfe der Besucher seinen ganz persönlichen Erfahrungen sowie dem Phänomen „Leidenschaft“ per se auf den Grund gehen soll. Grundgedanke der Exposition bleibt dabei immer die Tatsache: Ohne Leidenschaft läuft rein gar nichts im Leben.
Und so werden wir im ersten Akt dieses bizarren Gefühlsdramas von einem großen Krokodil (Foto: PR/Oliver Killig) begrüßt, das inmitten einer gutbürgerlichen Kücheneinrichtung seine Berechtigung sucht. Schließlich kommen sie meist ungewollt, aggressiv und unerwartet wie ein Krokodil im Urwald daher, diese Leidenschaften. Was folgt, ist ein spannender Rundgang durch die Kulturgeschichte und Erscheinungsformen der Leidenschaft, die auch danach fragt, ob Leidenschaft wirklich immer Leiden schafft oder ob die Vernuft vielleicht auch ihre Chance bekommt.
Verstört und fasziniert zugleich wandern wir also weiter, befinden uns mittendrin und versuchen dabei doch, das Ganze irgendwie distanziert zu verarbeiten. Wir stoßen auf Ecken, in denen wir uns wohlfühlen und auf Gebiete, die uns fremd sind, in diesem Gefühlshaushalt – und picken uns doch immer wieder das für uns Beste, Interessanteste heraus. Ja, zum Nachdenken regen sie bestimmt an, diese Leidenschaften als „Drama in fünf Akten“.
Richtig greifbar, und das ist durchaus ein vorhersehbares Manko der Ausstellung, werden die Leidenschaften dabei jedoch nicht – da kann auch ein Krokodil aus Gummie nichts daran ändern. Wer eine Antwort darauf haben möchte, warum uns Leidenschaften so heftig befallen, wo sie herkommen und was sie bedeuten, der wird nach dem fünften Akt nicht schlauer sein, als vor dem ersten. Aber vielleicht ist das ja auch gerade der Sinn – spannend wie die Leidenschaft ist dieses fünfaktige Drama schließlich allemal!
Nicole Czerwinka
Ausstellung „Die Leidenschaften – Ein Drama in fünf Akten“, im Deutschen Hygiene-Museum Dresden, noch bis zum 30. Dezember 2012