Sonderschau im DDR-Museum
Ein Kinderbild, gemalt mit schwarzer Wasserfarbe, zeigt Strichmännchen mit Schlagstöcken und einen Wasserwerfer. Dieses Bild ist 1989 entstanden und sein damals zehnjähriger Maler hält hier ganz ernsthaft die Situation am Dresdner Hauptbahnhof fest. Am 3. Oktober 1989 war es, als ein Zug mit Flüchtlingen aus der DDR von Prag nach Hof fuhr und auch durch Dresden rollte. Diese Zeichnung ist wohl eines der aussagekräftigsten Dokumente, die derzeit in einer Sonderschau im Radebeuler DDR Museum „Zeitreise“ zu sehen sind.
Auf insgesamt 20 Schautafeln zeichnet die Ausstellung den Weg jener Züge historisch nach, in denen die Botschaftsflüchtlinge aus der DDR Anfang Oktober 1989 von Prag über Bad Schandau, Dresden, Karl-Marx-Stadt, Reichenbach und Plauen nach Hof gebracht wurden. Neben Originaldokumenten der Staatssicherheit zeigen die Tafeln Zeitungsausschnitte aus beiden Teilen Deutschlands sowie Briefe der Geflüchteten an ihre Familien. Von der Besetzung der Prager, Warschauer, Budapester Botschaft und der ständigen Vertretung in Berlin durch DDR-Flüchtlinge im Sommer 1989 bis zur Gründung der „Gruppe der 20“ in Dresden am 8. Oktober 1989 erzählen sie damit nicht nur die Geschichte jener Flüchtlinge, sondern auch die des untergehenden DDR-Staates.
Die Wanderausstellung ist vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) initiiert und noch bis zum 2. April im Radebeuler DDR-Museum zu sehen. „Wir arbeiten eng mit dem BStU zusammen und wollen hier eine Öffentlichkeit für das Thema schaffen“, sagt der Museumsleiter Hans-Joachim Stephan. Die DDR-Historie werde auch heute noch in den Lehrplänen vernachlässigt, meint er und lädt daher nicht nur Zeitzeugen, sondern vor allem auch Schulklassen ein, sich im Museum damit auseinanderzusetzen. „Wir sind ja kein trockenes Geschichtsmuseum und oft ist es so, dass ein Exponat die Jugend erst dazu bewegt, sich näher mit der DDR-Geschichte zu befassen“, sagt er.
Im Anschluss an die Sonderschau zu den Flüchtlingszügen wird ab 27. April eine Sonderausstellung über Foto- und Observationstechniken der Staatssicherheit im DDR-Museum „Zeitreise“ zu sehen sein. Überhaupt sei die Friedliche Revolution von 1989 ein Thema, dem im Haus zukünftig noch mehr Raum geboten werden soll, so Stephan. Ziel sei es, dass die DDR-Geschichte von der Kapitulation Deutschlands 1945 bis hin zur Wiedervereinigung im Museum einmal komplett abgedeckt werde. Die derzeitige Sonderschau wird zumindest bis zum 2. April einen ersten Beitrag dazu leisten.
Nicole Czerwinka
Linktipp: http://www.ddr-museum-dresden.de/cod/php/ddr-museum.php