Weihnachtsbühnenschau

5_Oleg_Klymyuk_Lydia_Jahn_Studenten_der_Palucca_Schule_Der_Nussknacker_Foto_Costin_Radu_20111125_0119 (3)

Wie Dresdens Theater die Adventszeit versüßen

Alle Jahre wieder, wenn Glühweinduft durch die Straßen weht und Winterfrost in die Nasen zwickt, zieht es die Welt in kuschelig warme Theatersäle. Dort steigen zur Weihnachtszeit Märchenfiguren aus der Vergessenheit empor, rütteln Melodien längst schlummernde Kindheitserinnerungen wach und lassen den Zauber des Jahresendes für ein paar wohlige Stunden lang Wahrheit werden. Was? Das glaubt ihr nicht? Dann schaut selbst, wie Dresdens Theater zur Weihnachtszeit funkeln:

Staatsschauspiel Dresden:

Am Staatsschauspiel Dresden versteckt sich dieses Jahr im Advent zum ersten Mal Erich Kästners „Klaus im Schrank“ und feiert samt seiner Familie ein verkehrtes Weihnachtsfest. Zudem treiben auch die drei Geister aus Charles Dickens „A Christmas Carol“ wieder ihr Unwesen im Palais im Großen Garten. Wer sich eines der beiden Stücke anschauen will, der muss jedoch schnell sein, die meisten Vorstellungen sind schon ausverkauft!

Landesbühnen Sachsen:

Dis Landesbühnen Sachsen bescheren zur Weihnachtszeit eine Qual der Wahl. Zum einen erobert hier die Musicalversion des Kultfilms „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ die Theaterbühnen, zum anderen wird hier wohl auch all jenen warm ums Herz, für die Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ zum Advent gehört wie Stollen und Lebkuchen. Zudem versüßt hier auch „Ox und Esel“, eine tierische Weihnachtsgeschichte von Norbert Ebel den Advent.

Theater junge Generation:

Das Theater der jungen Generation (tjg) tischt zum Fest dieses Jahr die ebenso komische wie nachdenkliche Geschichte über die verrückte Familie Herdmann auf. Diese will in dem turbulenten Stück „Hilfe, die Herdmanns kommen!“ natürlich unbedingt beim Krippenspiel in einer Kleinstadt mitmachen, schnappt sich flugs die begehrtesten Rollen und sorgt dabei für allerlei Aufruhr bei den Nachbarn. Ob am Ende daraus noch ein friedliches Fest wird?

Theaterkahn:

Lustig wird es auch auf dem Theaterkahn. Hier verbünden sich Patrick Barlow, Peter Kube und Tom Quaas zur sogenannten Weihnachtskultkomödie „Der Messias“, in dem die Weihnachtsgeschichte mit vielen Überraschungen einmal ganz anderes erzählt wird als sonst. An den Tagen rings ums Fest lädt zudem ein Programm mit Geschichten Musik vom Michael-Fuchs-Trio zu besinnlichen „Weihnachten auf dem Theaterkahn“ ein.

Comödie Dresden:

Ein süßer Protagonist der Weihnachtszeit wird zur Hauptfigur des neuen Weihnachtsmusicals an der Comödie Dresden. Das Stück „Willie der Weihnachtsstollen“ stammt aus der Feder des Comödien-Intendanten Christian Kühn und erzählt die Geschichte von einem in der Backstube vergessenen Stollen, der sich auf eine abenteuerliche Reise über den Striezelmarkt begibt. Mit von der Partie ist dabei auch DSDS-Sternchen Lisa Wohlgemut in der Rolle von Krümel, dem Baisertörtchen.

Theater Wechselbad der Gefühle:

Das schöne Märchen „Das singende, klingende Bäumchen“ flimmert dieses Jahr zum Fest nicht nur über die Fernsehbildschirme. Im Theater Wechselbad erobert der DEFA-Märchenklassiker nun auch die Bühne und wird dort nicht allein Kinderherzen an den Festtagen erfreuen. Die Produktion stammt übrigens von den Machern von „Die Hexe Babajaga“ und „Spuk unterm Riesenrad“.

Societaetstheater:

Kein Theater, aber dafür umso mehr Weihnachten bescheren das Dresdner Societaetstheater und das Barockviertel im Advent. Beim Adventsgeschichtenkalender lesen stadtbekannte Dresdner im Barockviertel vom 1. bis zum 23. Dezember jeden Tag winterliche Märchen oder Weihnachtsgeschichten. Die literarischen Kalendertürchen öffnen sich jeden Tag um 18 Uhr an einem anderen Ort im Barockviertel. Glühwein, Gebäck und Kerzenschein inklusive.

Theaterhaus Rudi:

Weihnachtszeit ist auch im Theaterhaus Rudi gleich Märchenzeit. Hier sind Familien zu einer ganz besonderen Vorstellung von „Hänsel und Gretel“ eingeladen. Im Puppentheater mit Karla Wintermann steht außerdem „Frau Holle“ auf dem Programm und Katharina Randel inszeniert mit ihren Puppen das Märchen „Der Wolf und die sieben Geißlein“.

Projekttheater:

Heiliger Bimbam! Die Weihnachtsgeschichte soll gar nicht wahr sein? Die bühne, das Theater der TU Dresden, hinterfragt dieses Jahr in ihrer Weihnachtsshow „The Holy Shit!“, was wäre wenn. Zu sehen ist dieses freche, junge Theater dreimal im Dezember im Projekttheater Dresden – und ganz sicher wird dabei so manche lustige Wahrheit über das Weihnachtsfest entlarvt.

Semperoper:

Gleich dreifach märchenhafte Weihnachtsunterhaltung schenkt die Semperoper im Advent. Hier tanzt Peter Tschaikowskis Nußknacker-Ballett (Foto: PR/Costin Radu) kunterbunt über die Hauptbühne, während in Semper II „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ das kleine Publikum in seinen Bann zieht und „Hänsel und Gretel“ sich in der zuckersüßen Inszenierung von Katharina Thalbach aus dem Pfefferkuchenhaus der Hexe befreien.

Staatsoperette:

Die Staatsoperette Dresden setzt zum Jahresende ebenfalls auf den Zauber der Märchenwelt. Neben Humperdincks „Hänsel und Gretel“ kommt hier mit der „Weihnachtsgans Auguste“ ein weiteres typisches Weihnachtsstück unter den Baum. Und auch der „Zauberer von Oz“ spukt hier über die Bühne, um die Qual der Wahl perfekt zu machen.

Nicole Czerwinka

Weiterlesen

Die Macht der Weiblichkeit

Bühnamit spielt „Selbstbefriedung“

Sechs Paare, sechs Beziehungen – die bald ganz ohne Sex stattfinden. Kaum zu glauben, aber genau das ist das Thema der gut 2000 Jahre alten griechischen Komödie „Lysistrata“ von Aristophanes. Die freie Dresdner Theatergruppe „Bühnamit“ hat aus diesem Stück, bei dem Die Frauen per Sexentzug letztlich vor allem den Krieg stoppen wollen, nun mit „Selbstbefriedung“ – nicht Selbstbefriedigung! – ihre ganz eigene, moderne Lesart entworfen und auf die Bühne (Fotomontage: PR) gebracht.

So sind diese sechs Paare in der Inszenierung von Moritz Greifzu und Vivien Woltersdorf zunächst in ganz alltäglichen Situationen zu sehen: Beim Schachspiel, beim Hausputz, nach dem Sex oder beim leidenschaftlichen Wiedersehenskuss. Sie sind erstaunlich heutig diese Pärchen – der Krieg, der die Männer früher band und für jede Beziehung ungreifbar machte, hat hier nun ganz verschiedene Gesichter. Da ist ein ständig arbeitender Macho, dort ein Ehemann, dem schnell mal die Hand ausrutscht, da der Gatte, der seiner Frau nur über den Rand der Frühstückszeitung beim Putzen zusieht, oder der wilde Liebhaber.

Sie alle trifft die plötzliche Abstinenz ihrer Damen wie ein unerwarteter Blitzschlag. Machtlos wie sie sind, drohen die Männer zu verzweifeln, sie diskutieren, tun laut hämmernd ihren Unmut kund, versuchen zu verführen und beißen bei der holden Weiblichkeit doch auf Granit. Ganz allmählich wird so aus dem früheren Staats- ein handfester Ehestreit, der jeweils in den unterschiedlichen Farben dieser verschiedenen Beziehungskonstellationen gemalt ist. Dabei tun die Frauen hier eigentlich nichts anderes als die Männer: Sie führen Krieg, nur eben mit den Waffen einer Frau – der später auch zum Zickenkrieg ausufert.

Der Sexentzug, so zeigt sich bald im Wechsel von streitenden, schmollenden, verzweifelten und verbissenen Gesten, macht auch heute sicher nichts besser, aber alles anders. Zu schwach sind beide Geschlechter, die am Ende schließlich noch weniger ohne als miteinander leben können. Aus dem antiken Stück wird so auf amüsante, kurzweilige und doch auch tiefsinnige Weise eine moderne Parabel auf die Emanzipation der Frau – mit allen ihren Vor- und Nachteilen. Denn selbst die mitbestimmende, selbstbewusste Frau bleibt im Herzen doch immer auch Weib.

So ist das Experiment Sexentzug am Ende vor allem für jene geglückt, die es mutig auf die Bühnen der Stadt holten: Das Ensemble von Bühnamit übersetzt die Vorlage von Aristophanes in seiner achten Inszenierung keck ironisch in die Gegenwart, sodass sich jeder mit einem Schmunzeln im Gesicht auch ein Stück weit selbst darin wiederfinden kann. Man kennt sie ja irgendwie diese Beziehungskisten. Vielfältig und mit Liebe sind diese Stereotypen gestaltet – doch genau das macht sie hier so lebendig und wunderbar komisch in ihren Handlungsweisen.

Nicole Czerwinka

Bühnamit: „Selbstbefriedung“, wieder am 19.06. und 20.06., 20 Uhr im Projekttheater sowie am  21.06. und 25.06., 19 Uhr im Kreuzgymnasium

Linktipp: www.bühnamit.de

Weiterlesen