„Hier kommt keine lebend raus!“

Andreas Kriegenburg inszeniert „Bernarda Albas Haus“ am Staatsschauspiel Dresden

Wie riesige Leichentücher hängen die weißen Laken von der Decke, zwischen denen von Kopf bis Fuß schwarz verschleierte Gestalten umhergeistern, wie verlorene Schatten zwischen Leben und Tod. Doch diese Gestalten sind noch am Leben; gestorben ist Antonio María Benavides, dessen Witwe Bernarda nach altem Brauch eine Trauerzeit über das Haus verhängt:

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Goethes kranke Gesellschaft

„Faust I“ am Staatsschauspiel – eine Kritik

Es war ein Experiment: Der schwedische Regisseur Linus Tunström inszeniert Goethes „Faust, der Tragödie erster Teil“ am Staatsschauspiel Dresden – und kürzt das allerheiligste Stück der deutschen Theaterliteratur dabei auch noch auf eine zweistündige Version ohne Pause zusammen. Die meisten Nebenfiguren fallen in seiner Inszenierung raus, ebenso wie die Zueignung und das Vorspiel auf dem Theater. Das Ganze beginnt im Krankenhaus statt in der Studierstube.

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Fade Endzeitlethargie

Drei Schwestern Staatsschauspiel Dresden
Drei Schwestern an einem langen Tisch der Langeweile …

Tschechows „Drei Schwestern“ am Schauspielhaus

„In Moskau blüht Anfang Mai alles.“ – In Moskau, da ist sowieso alles besser als in der russischen Provinz. Das ist auch der Grund, warum es Anton Tschechows „Drei Schwestern“ (1901) nach Moskau drängt. Doch Olga, Mascha und Irina kommen dennoch nie dort an. Hausregisseur Tilmann Köhler inszeniert diesen Klassiker, der 1901 – vier Jahre vor der Russischen Revolution – seine Uraufführung feierte, nun für das Staatsschauspiel in Dresden. Es ist ein zeitloses Stück, das von der Lethargie des unmittelbar bevorstehenden Untergangs erzählt – widergespielt in den Charakteren der Figuren, die wiederum nur von sich selbst reden, anstatt mit anderen in Dialog zu treten.

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Wohlstand auf Kosten der Menschlichkeit

Schöne neue Welt im Schauspielhaus Dresden
Huxleys gruselige Science-Fiktion-Welt ist uns erstaunlich nah.

Huxleys „Schöne neue Welt“ am Staatsschauspiel

Identität, Konformität, Stabilität. Das sind die Staatsmaxime, aus denen Aldous Huxley (1894–1964) in seinem Roman „Schöne neue Welt“ (1932) die Utopie einer perfekt funktionieren Gesellschaft baut. Eine Gesellschaft aus Retortenmenschen (Foto: PR/David Baltzer), in der ein jeder genetisch auf die ihm vorbestimmte Aufgabe im System konditioniert wird. Eine Welt des Konsums, in der Krankheiten ausgerottet, echte Liebe überflüssig und der Tod auf das 60. Lebensjahr festgelegt sind. Regisseur Roger Vontobel lässt diese Romanutopie in einer knackigen Theaterfassung von Robert Koall zum Saisonstart auf der Bühne des Schauspielhauses Dresden auferstehen.

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Chaos ohne roten Faden

Was ihr wollt, Staatsschauspiel Dresden
Andreas Kriegenburg holt am Staatsschauspiel Dresden die Klamauk-Keule hervor. (Foto: PR/Matthias Horn)

Shakespeares „Was ihr wollt“ am Schauspielhaus

Stücke von William Shakespeare kann man auch mit noch so schrägen Regieideen nicht verhunzen, meint man. Denn Shakespeare ist zeitlos, lustig und vielseitig, er nimmt einem nichts übel. Andreas Kriegenburgs Inszenierung von „Was ihr wollt“ am Dresdner Schauspielhaus ist dennoch mächtig daneben gegangen.

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Dresdner Theatersaison eröffnet

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Zwischen Bühnentechnik und Premieren

Erst die Party, dann die Premieren. Das Dresdner Staatsschauspiel stimmt am kommenden Sonnabend (7.9.) mit einem großen Theaterfest auf die neue Saison ein. Das Programm für die kleinen Besucher startet um 15 Uhr vor dem Schauspielhaus, bevor es mit der Bühnentechnikshow im Theater um 16 Uhr dann auch für die Großen interessant wird.

In den Foyers enthüllen die Abteilungen des Hauses den Nachmittag über Geheimnisse aus ihren Werkstätten (Foto: PR/Daniel Koch), während zum 100. Geburtstag des Hauses Zeitzeugen aus vergangenen Tagen im Roten Salon zu Wort kommen. Höhepunkt wird am Abend der große Spielzeitausblick (20 Uhr im Hauptsaal) mit Szenen und Musik aus den ersten Premieren der Dresdner Staatstheatersaison sein. (NC)

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Hamlet als Konzert

Shakespeare am Dresdner Schauspielhaus

Das hat das Dresdner Schauspielhaus wohl in 100 Jahren so noch nicht gesehen: Stehende Ovationen schon am Anfang der Premiere von Shakespeares „Hamlet“ (Foto: Matthias Horn) am 24. November. Doch gilt der Applaus (noch) nicht den Schauspielern, sondern ist vielmehr ein ironischer Geniestreich von Regisseur Roger Vontobel, bei dem das Publikum gleich zu Beginn der Inszenierung Teil eines großen Auftritts wird. Die Bühne ist hier ein Spiegel des feudalen Zuschauerraumes des Großen Hauses selbst (Claudia Rohner), in dessen mittelster Loge König Claudius (Torsten Ranft) und seine Gattin Gertrud (Hannelore Koch) Platz genommen haben. Kurz darauf tritt Christian Friedel als blass-leidender Hamlet auf und komplettiert somit seine eigene Band, die hier freilich nicht als „Woods Of Birnam“ musizieren, sondern für das Spiel im Spiel eher zu Nebendarstellern werden. Denn dieses Konzert gehört freilich – als rockiges Requiem für Hamlets just verschiedenen Vater – ebenso zum Stück.

Vontobels Hamlet in schlichter schwarzer Trauerkleidung, die wie seine Musik eindeutig aus dem 21. Jahrhundert stammt (Kostüm: Ellen Hofmann), ist ein selbstversunkener Künstler, ein sensibler Geist, der mit seinen Kompositionen verschmilzt, dem Leben aber nur die leidigsten Seiten abtrotzen kann. Rezitiert Friedel zunächst mehr die dem Shakespeare‘schen Text entlehnten Rocksongs, denn seinen Text aus der Schlegel‘schen Originalübersetzung, so nimmt man ihm diesen leidenden, egozentrisch auf der Bühne zappelnden Hamlet, doch irgendwie von der ersten Minute an ab. Gut möglich, dass dieser verrückte Egomane sich den Mord am eigenen Vater vielleicht nur eingebildet hat. Die Musik ist sein Geist und sie ist es denn auch, die den Zuschauer trotz der ungewöhnlichen Herangehensweise an das Stück sofort in selbiges hineinzieht – ohne erst Raum für Zweifel zu lassen.

Tatsächlich nimmt die Hamlet-Handlung parallel in den oberen Rängen auf der Bühne dann langsam ihren Faden auf. Denn während Hamlet unten seinen musikalischen Tribut für den Vater rockt, thront in der Mittelloge König Claudius mit protziger Krone neben seiner Geetrud, die Hannelore Koch als schillernde, aber durchaus gütige First-Lady mimt. Rosenkranz (Jonas Friedrich Leonhardi) und Güldenstern (Benedikt Kauff) werden prompt von ihr ermahnt, ein freundschaftlich wachsames Auge auf den Hamlet zu haben. In der dritten Loge schmachtet indes die träumerische Schwärmerin Ophelia (Annika Schilling), obwohl ihr Bruder Laertes (Matthias Reichwald) sie eindringlich vor dem Musiker da unten warnt. Und Ahmad Mesgarha gibt einen grandios schwafelnden Polonius, bevor die neuerdings in allen Stücken unverzichtbare Videoprojektion kurz hinter das Bühnenbild entführt und Hamlet wenig später die klassische Mausefalle – in diesem Fall natürlich als provozierenden Popsong mit eigener Band konzipiert – anstimmt. Dieses Lied treibt, wie erwartet, einen nervösen Ausdruck in die Augen des Königs, wie Horatio (Sebastian Wendelin) im großprojiziertem Video festhält.

Inzwischen ist auch Friedel als Hamlet gänzlich in Fahrt gekommen. Er zetert, zürnt und explodiert, lamentiert sein berühmtes „Sein oder nicht sein“ – und beweist, dass er es doch kann, das mit dem Schauspielern in großen Rollen. Singen ja sowieso. Vor allem in der zweiten Hälfte des gut dreistündigen Abends kann er sich so richtig entfalten. Die Instrumente sind verschwunden. Fast droht die klassische Theaterszene ohne die Musik zunächst hinter dem actionreichen Beginn zu verblassen. Und doch fängt sich das Stück recht schnell von selbst, ganz allein mit klassischer Schauspielkunst, wie man dankbar feststellt – und dazu ohne auch nur ein bisschen von seiner Spannung einzubüßen. Die Kulisse ist zur Palast-Wohnung geworden, Friedel indes kommt nun als jugendlich-ungestümer Hamlet erst richtig zur Geltung.

Ebenso wie Annika Schilling als unglückliche Ophelia, die nun vom Wahnsinn getrieben in Hamlets schwarzem Trauerhemd, später auch ganz ohne, über die Bühne taumelt. Schilling beherrscht die Entwicklung von der liebesblinden hin zur enttäuschten und verlorenen Ophelia in allen Abstufungen und lässt dieses verwirrte Wesen am Ende, trotz kleiner Übertreibungen, doch berührend umherirren. Nur einmal droht das Ganze kurz ins unangenehm Ulkige abzukippen, als sie als lang befederte Totengräberin erscheint. Doch das bleibt bloß Momentsache.

In der Schlussszene kämpft Hamlet dann vor allem mit sich selbst – und Christian Friedel gibt trotz sichtbarer Erschöpfung noch einmal alles. Nun ist er Hamlet, Königin, König und Laertes zugleich, wechselt die Rollen wie die Positionen – und bleibt trotzdem der Verlierer. Wenn die Kulisse wieder nach vorn fährt, sitzen Claudius, Gertrud, Güldenstern, Rosenkranz und Laertes wieder wohlbehalten oben im heimischen Palastzimmer. Selbst sein guter Freund Horatio hört Hamlets Rufe nicht, bevor dieses Theater-Konzert ein für alle Mal zu Ende ist. Keine stehenden Ovationen, dafür verdient tosender Applaus, diesmal gilt er tatsächlich einem brillanten Ensemble. Sogar die Frage, ob es reicht, Hamlet als verzogen-wirren Sohn zu interpretieren, kann nach einem solch erfüllten Theaterabend getrost unbeantwortet bleiben.

„Hamlet“ am Dresdner Schauspielhaus, wieder am 26.11., 6.12., 12.12., 26.12. je 19.30 und 30.12., 19 Uhr

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Das Biest und die Strassprinzessin

„Endstation Sehnsucht“ am Kleinen Haus Dresden

Eine sich laut vergnügende Truppe junger Menschen feiert inmitten von grauen Kreidetafeln mit frechen Sprüchen, formelhaft anmutenden Zeichen und kleinen Kritzeleien. Wild und ungestüm springen sie von der Bühne. Zurück bleibt die fahle Wand, die ebensolche Tristesse ausstrahlt, wie es heute vor allem die Neubaugebiete am Rande der Stadt tun. Und plötzlich betritt die feine Blanche mit ihrem übergroßen Schrankkoffer die Szene. Sie wirkt wie ein bunter unpassender Vogel in dieser Umgebung und ihre elegante Erscheinung scheint sich schon im ersten Moment, genau wie ihr französischer Name, Blanche DuBois, an der Rauheit dieser kühlen Wände zu brechen.

Es ist die untergehende feudale Kultur der amerikanischen Südstaaten, die der Dramatiker Tennessee Williams 1947 in seiner Tragödie „Endstation Sehnsucht“ mit dem proletarischen Industrie-Amerika kollidieren lässt. Ein Stoff, der für Dresden im Jahr 2012 unendlich weit entfernt scheint, in der sehr atmosphärischen Inszenierung von Nuran David Calis am Kleinen Haus des Staatsschauspiels (Premiere am 22.11.2012) aber durchaus auch für die heutige Zeit existenzielle Fragen aufwirft und so überaus überzeugend an Relevanz gewinnt.

Blanche (Nele Rosetz) sucht nach der Zwangsversteigerung ihrer Plantage Zuflucht bei ihrer kleinen Schwester Stella (Ines Marie Westernströer), die mit ihrem Mann Stanley (Sascha Göpel) in ärmlichen Verhältnissen in New Orleans lebt und obendrein ein Kind erwartet. In dieser ungezwungenen, aber rauen Arbeiter-Atmosphäre wird ständig geschrien, gesoffen, geraucht, gestritten, gefeiert, gerauft und versöhnt – und schnell ist dem kühlen Realisten Stanley klar, dass seine Schwägerin nicht bloß Strass, sondern auch Geheimnisse in ihrem großen Koffer mitbringt.

Nele Rosetz, die ihr komödiantisches Talent zuletzt in „Damen der Gesellschaft“ bewies, mimt hier gekonnt und mitreißend die gescheiterte Plaudertasche Blanche. Erscheint diese anfangs noch als witzige, etwas überdrehte Person, so bröckelt ihre Fassade immer weiter, bis Blanches Verzweiflung und innere Verletzlichkeit im Schimmer des lodernden Feuers schließlich augenscheinlich werden.

Blanche ist in Illusionen gekleidet wie in ihre prachtvollen Pelze, sie hat ein gutes Herz, ist feingeistig und die eigentlich tragische Figur in dem Stück. Ihr Problem liegt dabei nicht allein in der Affäre mit einem Minderjährigen, wegen der sie ihren Job als Lehrerin verlor, sondern vielmehr in der – durchaus verständlichen – Diskrepanz mit ihrem „untermenschlich, bestialischen“ Schwager Stanley, „dem Polacken“. Zudem ist sie weit weniger leidens- und anpassungsfähig als ihre Schwester, die Ines Marie Westernströer als robust-selbstbewusste Ehefrau darstellt. Bald können Blanche und Stanley ihre Abneigung gegeneinander jedoch nicht mehr zurückhalten, sodass auch Blanches Flucht in eine oft fast träumerische Kindlichkeit keinen Halt mehr bietet.

Ihre einzige Hoffnung ruht schließlich in dem schüchternen Mitch, einem Freund Stanleys, der sich in Blanches Augen sofort von dem Rest der rüden Gesellschaft um ihren Schwager unterscheidet, weil er „so was Sensibles im Blick“ hat. Grandios lässt Wolfgang Michalek diesen naiv Verliebten in einer fast komödiantischen Slapstick-Szene mit Gitarre und Liebeslied vor Blanche erscheinen. Doch auch hier wird deutlich, dass dieser „Gentleman“ wohl eher Blanches Phantasie von einem Traummann entsprungen, denn eine realistische Lösung ist – und Sehnsucht für sie doch die Endstation bleibt.

In diesem Kampf zwischen Blanche und Stanley, der vor allem aus unterschiedlichen Moral- und Lebensansprüchen resultiert, stimmt über zweidreiviertel Theaterstunden lang fast alles. Keine Minute ist langweilig, jede Nuance der charakterlichen und emotionalen Bandbreite wird ausgespielt, die Figuren sind Charaktere, wie man sie – und das zeigt sich nicht zuletzt an ihrer Kleidung (Amelie von Bülow) – auch überall im richtigen Leben finden könnte. Das durchweg starke Ensemble zieht vor einer zwar abstrakten, dennoch aber atmosphärischen Bühne mit Videoprojektion zur Hinterbühne (Irina Schicketanz) in seinen Bann. Das Ende gerät dabei so berührend, wie unabwendbar: Die Szene gleicht, ebenso wie die Seele der Protagonistin, einem Trümmerfeld. Wer bleibt, das sind die anderen. Und trotzdem stirbt, selbst bei Williams, die Hoffnung zuletzt.

„Endstation Sehnsucht“ am Kleinen Haus wieder am 24.11., 6.12., 26.12., jeweils 19.30 Uh

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Wer Macht hat, hat auch recht

„Der zerbrochene Krug“ am Staatsschauspiel

Hoch waren die Erwartungen an Roger Vontobels zweite Inszenierung am Staatsschauspiel Dresden, nachdem sein „Don Carlos“ sich zum gefeierten Dauerbrenner entwickelt hatte.  Dass er danach mit Kleists „Zerbrochenen Krug“ ein Lustspiel inszenieren würde, hatte wohl kaum einer erwartet.

Kleists Lustspiel behandelt einen Stoff, aus dem man auch eine Tragödie machen könnte. Denn die Geschichte des Dorfrichters Adam, der über ein Verbrechen zu Gericht sitzt, dass er selbst begangen hat, erscheint in ihrer Absurdität immer auch beklemmend. Denn Recht haben hier zunächst diejenigen, die Macht über andere haben.

Genau dieser Aspekt scheint Vontobel besonders fasziniert zu haben. Vielfältig sind die Bedrohungen, die Machtdemonstrationen und Machtgefällte, die sich während des Prozesses unter den Dorfbewohnern entfalten. Denn es geht hier nicht um einen profanen Krug, sondern um Gewalt und Machtmissbrauch, um sexuelle Nötigung und Erpressung.

Das erste Drittel der Inszenierung ist ganz im Kleistschen Sinne noch sehr slapstickartig gehalten. So werden die unterschiedlichen Versionen der Vorgänge, die zur Zerstörung des Krugs führten, nicht einfach erzählt, sondern szenisch nachgestellt. Das anfangs etwas altbacken wirkende Bühnenbild von Magda Willi entfaltet hier seine volle Wirkung, denn jeder Gegenstand, jedes Gestaltungselement des vollgestopften Raumes hat hier seinen Zweck. Rasante Szenen folgen aufeinander; ständig passiert etwas auf der Bühne; es wird gerannt, man stürzt, kämpft und rangelt miteinander.

Das Publikum lacht und applaudiert und bemerkt darüber kaum, den erzählerischen Sog, der die Geschehnisse zunehmend drastischer, düsterer und gefährlicher macht. Unversehens eskaliert die Gewalt, vor allem gegen den Angeklagten Ruprecht Tümpel, den Sebastian Wendelin als herrlich naiven Simpel anlegt.

Auch Burghart Klaußners Adam, der sich zunächst mit albernen Ablenkunsmanövern der Lächerlichkeit preisgibt, durch Charme, Schmeichelei und Betulichkeit seine Felle zu retten versucht, wird zunehmend polternder, reizbarer, ja gefährlicher.

Je näher man der Lösung des Rätsels kommt, desto mehr kann das Ensemble auftrumpfen. Als Zuschauer rückt man unwillkürlich auf dem Sitz nach vorn, wenn Sonja Beißwenger als gestrenge Gerichtsrätin im Businesskostüm sich langsam selbst im Gespinst der Lügen zu verirren droht, Marthe Rull (Hannelore Koch) ihre Tochter immer mehr unter Druck setzt und das Mädchen (gespielt von Karina Plachetka) schließlich zusammenbricht und nicht nur Gerechtigkeit, sondern auch Rache einfordert.

Die abschließenden Erklärungen gestalten sich dann doch etwas zu langwierig, nach all der Rasanz nimmt sich die genaue Erklärung der Abläufe, die den Krug zu Boden gehen ließen etwas zu statisch aus.

Insgesamt  ist Roger Vontobel nicht der ganz große zweite Wurf gelungen, doch sein „Zerbrochener Krug“ ist mitreißend inszeniert und gespielt, hervorragend besetzt und intellektuell anregend.

Annett Baumgarten

„Der zerbrochene Krug“ am Staatsschauspiel Dresden, wieder am 18.3., 19.00 Uhr, 27.3., 19.30 Uhr, 9.4., 19.30 Uhr

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