Im Schatten des schönen Scheins

Die Staatsoperette Dresden zeigt „La Cage aux Folles“ als buntes Varietéstück

St. Tropez, hinter dem schillernden Vorhang des Travestie-Clubs „La Cage aux Folles“ (Fotos: PR/Kai-Uwe Schulte-Bunert) verbergen sich ernsthafte Sorgen: Der konservative Politiker Edouard Dindon will dem bunten Treiben an der Côte d’Azur ein Ende bereiten. Zu allem Übel hat sich Jean-Michel, das Ziehkind der Betreiber Georges und Albin, ausgerechnet in die schöne Tochter dieses spröden Mannes verliebt. Ein Familientreffen mit zwei Vätern scheint unter solchen Umständen natürlich unmöglich. Und schon sind wir mittendrin in Jerry Hermans turbulentem Musical „Ein Käfig voller Narren“, das die Staatsoperette Dresden in Kooperation mit dem Salzburger Landestheater auf die Bühne bringt.

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Oper als animiertes Bilderbuch

„Das Märchen vom Zaren Saltan“ an der Staatsoperette

Den berühmten „Hummelflug“ von Nikolaj Rimskij-Korsakow kennt beinahe jedes Kind. Seine Oper „Das Märchen vom Zaren Saltan“ (Foto: PR/Stephan Floß) allerdings schafft es eher selten auf die Spielpläne. Dabei gilt er in Russland als der Begründer der realistischen Märchenoper mit sozialkritischem Inhalt. Und seine Oper nach dem gleichnamigen Märchen von Alexander Puschkin ist in ihrer Handlung so zauberhaft, dass man sich fragt, warum die Staatsoperette Dresden sie erst jetzt wiederentdeckt.

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Zwischen Traum und Tradition

Staatsoperette Dresden zeigt „Anatevka“ – eine Kritik

Die Bewohner von „Anatevka“ sind ein ausgelassenes Völkchen: Sie singen und tanzen, feiern das harte Leben und ihre jüdischen Traditionen. Die geben ihnen Halt im Russland des Jahres 1905, wo der Zar die jüdische Bevölkerung mehr und mehr in Unruhe versetzt. Regisseur Arne Böge charakterisiert dieses Volk in seiner Musical-Inszenierung an der Staatsoperette Dresden vor allem mit schwungvollen Balletten (Choreografie: Radek Stopka) und lebendigen Festen, mit Trinkgelagen und frommen jüdischen Bräuchen (Foto: PR/Stephan Floß).

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Cagliostro als Cannabis-Zauberer

Staatsoperette erweckt Strauß-Stück zum Leben

Ein fast vergessenes Stück, ein junger Regisseur, schmissige Musik von Johann Strauß – und schon hat die Staatsoperette Dresden alles zusammen, was ein ordentlicher Bühnenschlager so braucht. Die Operette „Cagliostro in Wien“ (1875) markierte in der vergangenen Woche (2.5.) nicht nur den Beginn der 5. Johann-Strauß-Tage in Leuben, sondern bescherte Dresden dabei auch noch eine Deutsche Erstaufführung.

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Revuen, die das Leben schreibt

Catch Me If You Can

Jannik Harneit als Frank Abagnale

„Catch Me If You Can“ an der Staatsoperette Dresden

Das muss man erst mal schaffen: Eine Schadenssumme in Höhe von rund 2,5 Millionen US-Dollar hat der Amerikaner Frank William Abagnale (*1948) als Jugendlicher in den 60er Jahren mit Hochstapelei verursacht. Als Pilot, Arzt und Anwalt gab er sich aus – und betrieb in diesen Rollen Scheckbetrug im großen Stil. Zum Dank dafür wurde er zum Protagonisten in Steven Spielbergs Film „Catch Me If You Can“ (2002) mit Leonardo DiCaprio und Tom Hanks in den Hauptrollen. Sieben Jahre später schrieben Terrence McNally, Marc Shaiman und Scott Wittman das passende Musical zum Film. An der Staatsoperette Dresden (Fotos: PR/Kai-Uwe Schulte-Bunert) feierte dieses nun deutsche Erstaufführung.

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Russische Seele, russische Schwere

Zarewitsch Staatsoperette Dresden

Richard Samek ist ein grüblerischer Zarewitsch.

Lehárs „Zarewitsch“ an der Staatsoperette Dresden

Er verschmäht die Frauen und zieht sich lieber in düstere Turnräume zurück, anstatt zu küssen. Franz Lehárs „Zarewitsch“ kann erst durch die junge Tänzerin Sonja wachgeküsst werden. Doch in Robert Lehmeiers Inszenierung, die am Freitag (10.10.) an der Staatsoperette Dresden Premiere feierte, ist „Zarewitsch“ Aljoscha tatsächlich eher am männlichen, denn am weiblichen Geschlecht interessiert. Sonja wird so zur engen Vertrauten, Freundin, geheimen Retterin, die ihn vor der geschwätzigen Hofgesellschaft mehr als nur einmal rettet und insgeheim ihren eigenen Traum von Liebe träumt.

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Die Faszination einer Diktatorin

Evita an der Staatsoperette Dresden

Olivia Delauré ist Evita Peron.

„Evita“ an der Staatsoperette Dresden

Sie ist so streitbar wie schillernd, diese Eva Duarte. Als Mädchen einer armen argentinischen Familie sicherte sie sich früh die Gunst der Männer in einflussreichen Positionen und stieg an der Seite des Generals Juan Perón zur First Lady des Landes auf. Dort wird sie bis heute nahezu wie eine Heilige verehrt. Es ist wohl schwer zu sagen, ob die Sucht nach Ruhm oder tatsächlich der Wille, etwas für die armen Menschen im Lande zu tun, sie antrieb. Doch trotz oder wegen aller Ambivalenz rückten Andrew Lloyd Webber und Tim Rice diese Eva Perón 1974 ins Rampenlicht ihres Musicals „Evita“, das 1987 an der Staatsoperette Dresden seine Erstaufführung in der DDR feierte. Regisseur Winfried Schneider hat es nun in einer Neuinszenierung zurück auf die Leubener Bühne geholt.

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Gierig nach mehr

Der kleine Horrorladen, Staatsoperette Dresden
Hungrig ohne Ende: Die Pflanze Audrey Two im kleinen Horrorladen an der Staatsoperette Dresden.

„Der kleine Horrorladen“ an der Staatsoperette

„Der kleine Horrorladen“ eröffnete im Januar in Leuben und lockt seither Publikum jeden Alters in die Staatsoperette Dresden. Giorgio Madia hat das schwarzhumorige Musical hier bei seinem Regiedebüt in der Stadt in eine herrlich kunterbunt-schrill-schräge Inszenierung verpackt, sodass die witzige Geschichte von der fleischfressenden Pflanze Audrey II zu einer mitreißenden Show gedeiht.

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Florentinischer Liebesreigen

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Weills „Viel Lärm um Liebe“ an der Staatsoperette

Der Komponist Kurt Weill (1900-1950) ist wohl vor allem für die „Dreigroschenoper“ (1928) bekannt. Die Staatsoperette schenkt Dresden zum Saisonstart nun die europaweit erste szenische Aufführung seiner Broadway-Operette „Viel Lärm um Liebe“ (1945, Original: „The Firebrand of Florence“). Und diese ist ganz anders, als das, was man gemeinhin von Weill so kennt. Die Musik klingt wie aus einem Revuefilm der 50-Jahre, die Melodien sind schwärmerisch, fast schwelgend, die Texte (Ira Gershwin, Deutsche Fassung: Roman Hinze) oft keck und frech. Wer das Stück sieht, dem wird schnell klar, warum man Weill gern vorwirft, er hätte nach seiner Emigration nach Amerika die ernsthafte Musikgattung gegen die sogenannte niedere, sprich: unterhaltsame getauscht.

Mit der Inszenierung von Holger Hauer lädt die Staatsoperette ihr Publikum nun dazu ein, sich ohne diese Vorurteile mit dem deutsch-amerikanischen Gesamtwerk Kurt Weills auseinanderzusetzen. Und Hauer macht die Operette zu dem, was sie jenseits des großen Teiches sicher auch einmal war: ein kunterbuntes, bilderreiches Spektakel aus dem Reiche der unbekümmerten Unterhaltung, das hier oft filmisch und märchenhaft, manchmal auch überladen und etwas derb daherkommt.

Die Handlung (Buch: Edwin Justus Mayer) basiert sehr frei auf den Memoiren des florentinischen Bildhauers Benvenuto Cellini (1500-1571), dessen Werke bis heute leibhaftig in Florenz herumstehen, und der im Stück zur Hauptfigur wird. Cellini ist ein geschwätziger Gernegroß und Frauenheld. Im Auftrage des Herzogs von Florenz meißelt er eine große Statue nach dem Bild der schönen Angela, doch soll er aufgrund seines ausschweifenden Lebensstils mehrfach in der Operette hingerichtet werden. Miljenko Turk gibt diesen sprunghaften Künstler voller Energie und singt seine Partie zur Premiere trotz Erkältung in einem angenehmen Duktus.

Seine zweifache Begnadigung verdankt dieser Cellini in erster Linie den Frauen, denn auch die Herzogin hat ein Auge auf den smarten Bildhauer geworfen. Elke Kottmair erscheint in der Rolle dieser eher kühlen, berechnenden Medici, die nur auf das Eine aus ist, wie eine überzeichnete Comicfigur. Mit blauen Haaren, pelzbesetztem Mäntelchen, silbernem Rock (Ausstattung: Christoph Weyers) und ihrem gehässig grausamen Lachen ist sie die exzentrische Lady im Stück. Ganz anders dagegen die bescheidene, schöne Angela im weißen Kleid, die sich wahrhaftig in Cellini verliebt. Olivia Delauré ist eine reizende, anfangs fast zerbrechlich wirkende Angela, die mit ihrer zarten, in den Höhen angenehm perlenden Stimme sowohl in Arien als auch Duetten überzeugt.

Kein Wunder, dass der Herzog, Alessandro von Medici, wiederum mit der Gunst dieses jungen Bildhauermodells liebäugelt und Angela kurzerhand aus Cellinis Atelier entführt. Bryan Rothfuss verleiht dem selbstgefälligen bis narzisstischen Neurotiker im langen schwarzen Pelz eine gehörige Portion Komik und bewegt sich auch stimmlich auf hohem Terrain. Unter der Leitung von Andreas Schüller lässt das Orchester der Staatsoperette Dresden die Weill-Partitur dazu mit Schwung und dem für das Stück gebührenden Pathos wiederauferstehen.

Ballett und Chor der Staatsoperette (Chor: Thomas Runge, Choreografie: Christopher Tölle) machen die europäische Renaissance dieser Revue auf der Leubener Bühne wunderbar komplett. So geht es durch opulente Bühnenbilder also hin und her, von der fröhlich wuselnden Galgenszene am Beginn, über Cellinis helles Bildhaueratelier, zur überaus grünen Spielwiese des Herzogs und seiner Frau, bis nach Paris, wo schließlich – Wie sollte es anders sein? – das versöhnliche Happy End auf Cellini und Angela (Foto: PR/Kai-Uwe Schulte-Bunert) wartet.

Alles in allem also doch ganz schön viel seichte Unterhaltung, die hier serviert wird. Ab und an gewürzt mit ein paar unnötigen Albernheiten, von der platten Übersetzung der Vorlage ins Deutsche mal ganz abgesehen. An manchen Stellen wünscht man sich schlicht etwas weniger der bunten Fülle. Dennoch gedeiht dieser deutsch-amerikanische Operettenabend mitten in Dresden am Ende zu einem fulminanten Spektakel, das den Spielplan des Hauses gekonnt um eine echte Broadway-Operette ergänzt und das Wissen der Zuschauer um eine Weill-Facette erweitern möge. Schon allein deshalb ist dieser florentinische Liebesreigen doch durchaus sehenswert.

Nicole Czerwinka

Kurt Weills „Viel Lärm um Liebe“ an der Staatsoperette Dresden, wieder am 5. und 6. November sowie am 18. und 19. Dezember und 28., 29. Januar, jeweils um 19.30 Uhr

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