Zurücklehnen ist nicht

„szene: ENGLAND“ am Societaetstheater

Das Societaetstheater Dresden verspricht mit seinem „szene: EUROPA“ Festival vom 11. bis 21. April 2013 zum siebten Mal einen theatralischen Tapetenwechsel mitten in der eigenen Stadt. Nach Frankreich (2007), Moldau (2008), der Schweiz (2009), Polen (2010), Schottland (2011) und dem Baltikum (2013) steht dabei dieses Mal – zum Zweiten in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum der Künste in Hellerau – die Theater- und Performancekunst Englands im Fokus.

„Wir haben beim Festival ‚szene: SCHOTTLAND‘ vor zwei Jahren gesehen, wie unheimlich breit gefächert die Theaterszene in England ist“, sagt Andreas Nattermann, der Geschäftsführer des Societaetstheaters. Schon vor zwei Jahren stand für die Organisatoren daher fest, dass sie anno 2013 englische Theatergruppen nach Dresden einladen. Neun sind es nun an der Zahl, die hier elf Tage lang Theater-, Performance-, Live-Art- und Gaming-Aufführungen aus ihrem Land präsentieren werden. Ähnlich wie die Schotten lassen auch die Engländer dabei auf humorvolle, freche und vor allem unkonventionelle Art die Grenzen zwischen Performance, Kunst, Tanz und klassischem Theater oft dahinschmelzen.

Wer hier jedoch auf eine stille Berieselung im Zuschauerraum hofft, der sollte lieber gleich zu Hause bleiben. Denn viele der Companies beziehen ihr Publikum zu gern in ihre Kunst mit ein. So kann es durchaus vorkommen, dass sich die Gäste später mit einem Radiogerät auf Dresdens Straßen wiederfinden oder selbst ein Manuskript lesen müssen. Schauspielerische Kenntnisse seien dabei nicht gefragt, wohl aber die Lust am Experiment, bestätigt Brit Magdon, die Künstlerische Leiterin des Societaetstheaters. Sie hat das vielfältige Programm, das „szene: ENGLAND“ Mitte April nach Dresden holt, selbstverständlich vorab am eigenen Leib getestet – und für gut befunden.

Die Engländer verstehen es, aus scheinbar unscheinbaren Situationen große Kunst entstehen zu lassen, wie beispielsweise die sechsstündige Theater-Performance „Quizoola“ der Forced Entertainment Companie beweist. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als ein Frage-Antwort-Spiel wie wir es von TV-Quizshows kennen. Dieses jedoch geht mit der Zeit so weit in die Tiefen der Privatsphäre, dass die Grenze zwischen Schauspiel und Realität immer diffuser wird. „Ich habe das Stück schon zweimal gesehen und fand es sehr interessant, welche Entwicklung sich da abzeichnet“; sagt Brit Magdon und stellt gleich klar: „Die Zuschauer können zwischendurch auch einen Kaffee trinken gehen und später wiederkommen, sie müssen nicht sechs Stunden am Stück zusehen.“

Englisch allerdings müssen sie für diese Performance wenigstens ein bisschen beherrschen. Ansonsten sind jedoch die meisten der 30 Aufführungen ins Deutsche übersetzt oder zumindest in einer deutschen Synopsis zusammengefasst worden, sodass niemand vor Sprachbarrieren zu bangen braucht. Und wer sich dennoch etwas vor Mitmachtheater und fremden Sprachen fürchtet, dem sei an dieser Stelle schon mal die Eröffnungsveranstaltung empfohlen. In dieser wird nämlich vor allem getanzt. Die Michael Clark Company wird ihr Stück „COME, BEEN AND GONE“ am 11. und 12. April (jeweils um 20 Uhr) im Europäischen Zentrum der Künste Hellerau aufführen und das Festival damit einleiten. Wer dann noch kein Blut geleckt hat, der ist wirklich selber schuld …

Nicole Czerwinka

Linktipp: www.societaetstheater.de/szeneENGLAND.html

„szene: ENGLAND“ am Societaetstehater sowie im HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste, 11. bis 21.4.2013, Karten gibt es jeweils für 15 (ermäßigt 7) Euro, zudem gilt das Angebot: fünf für vier, bei der es für vier gekaufte Tickets ein Fünftes gratis dazu gibt.

Fotos: Michael Clark Company (Jake Walters, li.) und Ant Hampton „Ok Ok“ (Richard Lahuis, re.)

 

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