Bilanz eines Gedenktages

Dresden und der 13. Februar 2011

Hubschraubergedröhn und abgeriegelte Straßen in der Südvorstadt – es war ein 13. Februar, wie ihn Dresden so noch nicht erlebt hatte. Die Stadt stand still – und das war nicht nur der Menschenkette zu verdanken, zu der die Oberbürgermeisterin im Sinne des stillen Gedenkens zum 66. Jahrestag der Zerstörung aufgerufen hatte. Rund 17000 Menschen nahmen zwischen 13 und 14 Uhr daran teil. Symbolisch umschlossen sie die Dresdner Alt- und Neustadt um ein Zeichen der Versöhnung und gegen Rechts zu setzen. Einige Hundert von ihnen marschierten anschließend direkt über die Prager Straße in Richtung Hauptbahnhof. Auch sie wollten am Nachmittag aktiv an der vom Bündnis „Dresden-Nazifrei“ initiierten Blockade der Nazi-Demonstration teilnehmen.

Manche Dresdner kamen zuvor jedoch gar nicht erst bis zur Menschenkette durch. Polizeisperren rings um Hauptbahnhof und Universitätscampus legten den öffentlichen Verkehr der Stadt zeitweise lahm. An vielen Stellen war laut Augenzeugenberichten auch für normale Bürger kein Durchkommen. Der Grund: Die Polizei leitete die Neonazis in diesem Jahr erstmals durch die Dresdner Südvorstadt, um eine Trennung von den Gegendemonstranten zu gewährleisten. Im Namen des Bündnises „Dresden-Nazifrei“ sammelten sich (laut Angaben des Bündnisses) dennoch etwa 2000 Menschen am Fritz-Löffler Platz um den Marsch der Rechtsextremen, der vom Hauptbahnhof aus in Richtung Bergstraße führen sollte, zu stoppen. Kurz nach 17 Uhr setzte sich der etwa 1200 Mann starke Nazi-Zug vom Hauptbahnhof aus dann in Bewegung. Eine Blockade des Marsches gelang den Gegendemonstranten in diesem Jahr nicht. Die Route wurde lediglich über die Reichenbachstraße umgeleitet und so abgekürzt – immerhin ein Teilerfolg, wie das Bündnis auf seiner Webseite erklärte. (NL)

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Erinnerung braucht keinen Aufmarsch

Stiftung lädt zum Zeitzeugengespräch

„Geschichtsbücher vermitteln oft nur die halbe Wahrheit, junge Leute sollten sich statt dessen lieber mit Zeitzeugen unterhalten“, sagte im Rahmen einer Historikertagung erst letzte Woche eine 79-Jährige zu mir. Sie erregte sich am selben Tag schrecklich über eine allzu wissenschaftliche Studie, die Darstellungen der Besetzung Norwegens durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg in norwegischen Zeitungen zwar intelligent, aber ganz „ohne Herz“ untersuchte. Die langjährigen Diskussionen um den 13. Februar in Dresden beweisen, dass dieses Dilemma kein norwegisches ist.

Fern ab von Menschenketten, Nazi-Demos und Blockaden lädt daher auch die Brücke/Most-Stiftung am 12. Februar um 16 Uhr zu einem  Zeitzeugengespräch in den Ratssaal des Ortsamts Blasewitz. Dabei erzählen Zeitzeugen der Luftangriffe auf Dresden und Coventry von ihren ganz persönlichen Kriegserlebnissen. Auf dem Podium sitzen Günther Kannegießer, damals noch Jugendlicher, und Michal Salomonovi?, ein jüdischer KZ-Häftling. Auch Brian Kelsey, heute Oberbürgermeister von Coventry, erinnert sich, wie er als Kind die Angriffe auf seine Stadt miterlebt hat.

Und weil Bilder manchmal soviel mehr als Worte sagen, wird die Gesprächsrunde vom 10. bis zum 28. Februar durch eine Ausstellung des New Yorker Fotografen Paule Saviano ergänzt. Sie zeigt – ebenfalls im Ortsamt Blasewitz – Portraitfotografien von Überlebenden der Luftangriffe auf Dresden, Hiroshima, Nagasaki und Tokio und wird von der Projektgruppe „Gedenken – Weiterdenken! Der 13. Februar in Dresden“ präsentiert. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Linktipp: www.bruecke-most-stfitung.de

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Und jährlich grüßt die Tagesschau

 

Am 13. Februar sollte Dresden still stehen

Es ist der 66. Jahrestag der Bombardierung Dresdens und schon jetzt polarisiert dieser 13. Februar 2011 die Stadt wieder wie kaum ein anderer Tag in ihrer 805-jährigen Geschichte. Zum zweiten Mal hat Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz zusammen mit Vertretern aus Wirtschaft, Wisenschaft und Kultur unter dem Motto „Erinnern und Handeln. Für mein Dresden“ zur Teilnahme an einer Menschenkette aufgerufen, die 2011 erstmals symbolisch Alt- und Neustadt umschließen soll (Treffpunkt 13 Uhr am Rathaus). Wieder haben aber auch Rechtsextreme einen Demonstrationsmarsch durch die Stadt angekündigt und provozieren das Bündnis Dresden-Nazifrei – dem sich ebenfalls namhafte Vertreter aus Politik und Gesellschaft angeschlossen haben – damit erneut zur Blockade. Wieder steht die Polizei am kommenden Sonntag (13.2.) vor einem Großeinsatz in der sächsischen Landeshauptstadt. Und dabei wollen diejenigen, die den 13. Februar 1945 noch miterlebt haben, doch eigentlich nur eines: ihren Angehörigen, Freunden, Bekannten und der Vernichtung ihrer Stadt gedenken. Politik hat im Meer der vielen Kerzen, die am Sonntagabend zwischen Frauen- und Hofkriche brennen werden, eigentlich nichts zu suchen. Und doch wird Dresden unter der Rubrik „Links-gegen-Rechts“ wieder mit der alljährlichen 13.-Februar-Meldung in der Tagesschau auftauchen, obwohl es der Stadt doch an diesem Tag eigentlich um etwas ganz anderes geht: nämlich um das Läuten der Glocken um 22 Uhr, das uns heute noch Gänsehaut wachsen lässt und daran erinnert, dass nie mehr Krieg sein darf.

P.S.: All jene, die am 13. Februar nicht in Dresden sein können, können via Facebook (Dresden.Marketing) virtuell an der Menschenkette teilnehmen.

Programmtipp: Aus aktuellem Anlass sendet MDR Figaro heute (8.2.) um 18 Uhr eine Diskussion zum Thema „Couragiert gegen Rechts! – Aber wie?

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Wieder Menschenkette zum 13. Februar 2011

Oberbürgermeisterin will dieses Mal die Brücken queren

Zum Gedenken an die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 gab es anno 2010 eine Premiere. Während Demonstranten auf der Neustädter Elbseite erfolgreich den geplanten Nazi-Aufmarsch stoppten, sammelten sich am Rathaus mehrere tausend Dresdner und bildeten eine symbolische Menschenkette gegen die politische Instrumentalisierung des Gedenktages.

Auch für das kommende Jahr hat Oberbürgermeisterin Helma Orosz sich wieder zahlreiche Dresdner Vereine, Initiativen, Verbände und Persönlichkeiten ins Boot geholt und mit diesen erneut zur friedlichen Menschenkette am 13. Februar aufgerufen. „Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass es wieder gelungen ist, eine breite Gemeinschaft für den Aufruf zu gewinnen“, so Orosz. Die Menschenkette soll unter dem Motto „Erinnern und Handeln. Für mein Dresden“ als lebendiges Symbol durch die Altstadt führen und 2011 auch erstmals die Elbe queren. Wie im vergangenen Jahr soll sie die Dresdner Innenstadt wie ein lebendiger Schutz umschließen und damit vor dem Eindringen Rechtsextremer schützen.

Die Versammlungsleitung der Veranstaltung hat der neue Rektor der TU Dresden, Prof. Hans Müller-Steinhagen inne. Neben ihm beteiligen sich unter anderen auch die Evangelische Kirche Dresden, die Stiftung Frauenkirche, das Katholische Dekanat und die jüdische Gemeinde der Stadt, das Kulturbüro Sachsen und der Bürger.Courage e.V. an dem Aufruf. (NL)

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