Von Lastern und Verbrechen

Sky duMont liest bei den  Musikfestspielen aus den Memoiren Casanovas

Giacomo Girolamo Casanova war nicht nur bei den Frauen beliebt, sondern auch sonst ein Tausendsassa. Er bereiste sämtliche Metropolen Europas, wurde inhaftiert, floh und brach immer wieder zu neuen Abenteuern auf. Ein Grenzgänger dieses Standes passt nur zu gut in das Programm der diesjährigen Dresdner Musikfestspiele*, die in ihrem 40. Jahrgang mit dem Motto „Licht“ vor allem Querdenker und Lichtgestalten der Musik in den Mittelpunkt ihrer Konzerte rücken. Und so stand Casanova am Donnerstag (8.6.) im Fokus eines außergewöhnlichen musikalisch-literarischen Abends mit Sky duMont und dem Armida Quartett (Foto: Oliver Killig) im Palais im Großen Garten.

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Vom Murmeltier zum Musiker

Wie Bill Murray nach Dresden kam – Oder: die Geschichte einer besonderen Freundschaft über den Wolken

Diese Geschichte ist einfach zu schön, als dass sie hier nicht nochmal erzählt werden müsste. Denn wie so oft schreiben der Zufall und das Leben eben einfach die besten Storys – und so muss denn wohl auch das Kennenlernen von Jan Vogler, dem Intendanten der Dresdner Musikfestspiele, und Hollywoodstar Bill Murray schicksalhaft gewesen sein. Im Flugzeug sind sich die beiden zum ersten Mal begegnet oder besser noch im Transitraum am Flughafen Berlin-Tegel, wo das Cello von Jan Vogler für Aufsehen beim Schauspieler sorgte.

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Cello hoch 12

Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker bei den Dresdner Musikfestspielen

In Berlin sind sie eine Institution, in Dresden wurden sie am Sonntagvormittag (29.5.) vom Publikum begeistert bejubelt: Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker (Foto:Oliver Killig) waren nach 2003 erstmals wieder bei den Dresdner Musikfestspielen* zu Gast und sorgten in der Semperoper für einen lauschigen Start in einen heißen Sommertag.

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Mitreißendes Heldenleben

Das Curtis Symphony Orchestra begeistert bei den Dresdner Musikfestspielen

Zwei flotte Zugaben markierten den runden Abschluss eines mitreißenden Konzerts mit dem Curtis Symphony Orchestra bei den Dresdner Musikfestspielen* am Mittwoch (24.5.). Den brausenden Schlussapplaus hatten sich die jungen Musiker redlich verdient, verzauberten sie das Publikum an diesem Abend doch unter der Leitung des finnischen Dirigenten Osmo Vänskä und mit Peter Serkin am Piano zunächst mit Johannes Brahms Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1, um anschließend mit Richard Strauss‘ Tondichtung „Ein Heldenleben“ den dynamischen Kontrapunkt zu setzen.

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Funkelnder Festivalstart

Anne-Sophie MuTter beschert feine furiose Eröffnung der Dresdner Musikfestspiele

Es war tatsächlich ein Höhepunkt zum Auftakt: Die Dresdner Musikfestspiele* starteten am Donnerstag (18.5.) besonders glanzvoll in ihre 40. Saison. Zur Eröffnung des diesjährigen Festivals hatte Intendant Jan Vogler gleich zwei Künstler in die Semperoper geladen, die Dresden seit Langem (Foto: PR/Oliver Killig) eng verbunden sind.

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Atombombe im Märchenwald

Barbara Beyer führt das Regietheater mit Janáčeks „Das schlaue Füchslein“ am Kleinen Haus in düstere Abgründe

Nein, ein Märchen ist es wahrlich nicht, was die Opernklasse der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber (HfM) mit Leos Janáčeks Oper „Das schlaue Füchslein“ (1924) auf die Bühne des Kleinen Hauses bringt. Tatsächlich malt die diesjährige Kooperation der HfM mit der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) und dem Staatsschauspiel Dresden düstere Bilder von der Menschheitszukunft: Statt Füchsen streifen hier graue Mutanten durch eine öde Felslandschaft (Fotos: Ronny Waleska) und halten den Menschen den Spiegel ihrer Sünden an der Natur vor. Das ist befremdlich und erschreckend – und auch in vielfacher Hinsicht ambitioniert.

Denn Barbara Beyer, Leiterin der HfM-Opernklasse seit 2015, hat die Latte mit der Stückauswahl für ihre zweite Regiearbeit in Dresden dieses Mal von vornherein hoch gelegt. Nicht nur musikalisch ist das Werk von Leos Janáček für junge Stimmen eine Herausforderung, hat er seine Musik doch für das Tschechische geschrieben, auch Wortmelodien seiner Muttersprache in die Partitur eingearbeitet. Da braucht es bei Sängern und im Orchester viel Gespür, soll die gewünschte Wirkung beim Hörer auch erzielt werden. Wenn das gelingt, kann Janáčeks Musik jedoch unglaublich schöne Bilder malen, mit der ihr eigenen Mischung aus Lyrik und Volksliedhaftigkeit bezaubern. Da braucht es auf der Bühne auch keine Dachshöhle und keinen Märchenwald, damit die Begegnung des Försters mit der Füchsin ungeheure Sinnlichkeit entfaltet und der Phantasie Flügel verleiht.

Damit das Stück verständlich bleibt, hat man sich nun für die Aufführung der Deutschen Fassung von Peter Hintze entschieden, für Kammerorchester arrangiert von Jonathan Dove. Erstmals gibt es dazu auch Übertitel (Franziska Leistner) im Kleinen Haus. Doch auch da, wo die ausbleiben, meistern die jungen Musiker das Stück souverän: Unter der musikalischen Leitung von Franz Brochhagen zaubert das Hochschulsinfonieorchester nach einem etwas holprigen Start noch viele schöne Momente am Premierenabend. Teaa An ist stimmlich wie darstellerisch eine entzückende Füchsin/Mutantin und findet mit Martha Sotiriou als Fuchs/Mutant einen starken Widerpart. Als Förster zieht Beomseok Choi sofort in seinen Bann. Rahel Brede bleibt auf die spröde Rolle der Försterin beschränkt, zeigt dies aber überzeugend – und Seongsoo Ryu darf als Schulmeister sogar komödiantisches Talent beweisen.

Die eineinhalbstündige Inszenierung stellt die Oper jedoch gehörig auf den Kopf: Wie in einem Comic wird das dreiaktige Stück in 12 episodenhafte Szenen unterteilt. Valentin Reichert von der HfBK setzt in seinem Bühnenbild auf die düstere Atmosphäre einer Steinlandschaft, ohne Tiere. Dafür lässt er fast Popart ähnlich immer wieder überzeichnet bunte Comicelemente und Figuren ins Bild plumpsen. Die Kostüme von Jakob Ripp (ebenfalls HfBK) stellen die heutige Alltagskleidung der Menschen den grauen Laborkitteln der Mutanten entgegen. Die Oper wird so gänzlich von allen Fabelwesen und Märchenkontexten befreit und in eine schaurige Zone der Unnahbarkeit im Jahr 2143 verlegt. Auf Dauer jedoch wirkt das arg konstruiert. So erfrischend alternative Regieansätze gerade in Produktionen mit jungen Künstlern oft gedeihen, in diesem Fall trägt das Konzept nicht.

Denn die Füchsin bei Janáček ist wendig und klug, agiert aktiv, eigenständig und souverän. Mutanten jedoch sind künstliche Wesen, oder zumindest von vornherein durch die sie erschaffenden Umstände determiniert. Genau das Gegenteil also von der flinken Fabelfigur, die Janáček zur Protagonistin seiner Oper erkor. Zwar ist die comichafte Erzählweise in Beyers Inszenierung auch eine Reminiszenz an den Ursprung des Librettos, das auf die Bildgeschichte „Die Abenteuer des Füchsleins Schlaukopf“ von Stanislav Lolek aus der Brünner Tageszeitung von 1920 zurückgeht. Doch nimmt sie der Oper hier gleichzeitig den Zauber, insbesondere da das Orchester zwischen den Szenen jeweils vorm schwarzen Vorhang spielen muss. Illusion und Sinnlichkeit adé. Im Kontrast dazu flimmern in den Szenen sporadisch bunt gewürfelte Videoausschnitte an der Bühnenrückwand auf, am Ende explodiert die Atombombe.

Die Botschaft ist klar: Der Mensch zerstört die Natur, indem er versucht, sie sich Untertan zu machen. Doch wo bleiben die Liebe, die Sehnsucht und die Melancholie, die so herrlich in Janáčeks Musik anklingen? Sie finden hier nicht statt. Die Hochzeit der Füchse/Mutanten wird dafür zur knalligen Marionettenshow verkitscht, der Schulmeister zum Showmaster stilisiert. Nur der Förster schwört im Jahr 2143 offenbar noch immer auf die gute alte Schrotflinte?! So werden junge, begabte Sänger am Ende in schrägen Bildern verheizt. Das ist schade für die Studenten wie fürs Publikum, sind doch die jährlichen Opernproduktionen der beiden Kunsthochschulen auch eine Chance, die Projekte des künstlerischen Nachwuchses ins Herz der Kulturstadt Dresden zu tragen – und am Rande der großen Spielpläne eine eigene Nische zu etablieren.

„Das schlaue Füchslein“ am Kleinen Haus, wieder am 21., 24., 29., 31. Mai sowie am 6. und 10. Juni

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Ein Tag im Leben Luthers

Auf historischen Instrumenten verleiht die Capella de la Torre der Musik der Renaissance neues Leben – ein Interview

Die Capella de la Torre hat sich seit über zehn Jahren mit der Interpretation von Musik der Renaissance auf historischem Instrumentarium einen Namen gemacht. Das Ensemble (Foto: Andreas Greiner-Napp) widmet sich am 13. Mai, 18 Uhr in Weinböhla mit einem Programm zum Lutherjahr, Tanz und historischen Kostümen den Facetten eines Tages im Leben des großen Reformators. Im Interview verraten die Musiker, was die Zuhörer erwartet und warum Luther auch die Musik ein Stück weit reformierte.

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Hanseatischer Gigantismus und Dresdner Gemütlichkeit

Das Dresdner Festspielorchester konzertierte in der Elbphilharmonie – ein Reisebericht

Während in Dresden alle über die Eröffnung des umgebauten Kulturpalasts redeten, durfte ich das Dresdner Festspielorchester am 2. und 3. Mai auf sein erstes Gastspiel nach Hamburg begleiten. Für alle Beteiligten ein spannendes Abenteuer. Eine Woche, zwei Säle, ganz viel Musik – und die Frage: Kann man den neuen Saal im Kulturpalast wirklich mit der großen, erhabenen Elbphilharmonie in Hamburg vergleichen?

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Vorfreude auf Dresdens neuen Klang

Erste Impressionen vom neuen Kulturpalast

Die Vorfreude in Dresden ist enorm: In weniger als vier Tagen eröffnet der umgebaute Kulturpalast. Damit bekommt die Stadt ihren beliebten Musentempel zurück – und im Zentrum erwacht ein kulturelles Begegnungszentrum für alle zu neuem Leben.

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Oper wie im echten Leben

Zu den Mozart-Tagen servieren Omer Meir Wellber und Niv Hoffmann ein „Mozart-Pasticcio“ als humorvollen Kosthappen

Was mag Mozart sich wohl gedacht haben, als er den Grafen Almaviva für den „Figaro“ komponierte? Wen sah er vor sich, wenn er die beiden Schwestern aus „Cosi fan tutte“ in Noten charakterisierte? Und hatte er ein reales Vorbild für den Frauenhelden „Don Giovanni“ in Wien? Wir wissen es nicht. Doch zweifelsohne gehören die drei Opern, die Mozart mit dem Librettisten Lorenzo Da Ponte schrieb, bis heute zu den großartigsten Werken der Musikgeschichte. In einem Experiment bringen der Dirigent Omer Meir Wellber und der Pianist Niv Hoffmann diese Opern nun in einem 60-minütigen Kammerstück als „Mozart-Pasticcio“ (Fotos: PR/Klaus Gigga) für Semper Zwei auf die Bühne.

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