Eine schrecklich nette Opernfamilie

Die OFF-Operngruppe szene12 feiert mit Mozarts „Don Giovanni“ ihre fünfte Produktion

Der Verein szene12 um Regisseur Toni Burghard Friedrich ist seit 2012 Dresdens Experimentierlabor für junge Opernfans. Die Inszenierungen der OFF-Gruppe stechen mit ungewöhnlichen Lesarten und einer humorvollen, leicht verständlichen Erzählweise heraus. Das fünfte Projekt setzt da mit Mozarts „Don Giovanni“ wohl sogar noch eines drauf. Premiere ist am 22. August im Zentralwerk in Pieschen. Die Proben hier fühlen sich fast an, wie ein Familientreffen – und dennoch bleibt bei szene12 Raum für Überraschungen.

Ganz spontan kam Maxi Büchner vor drei Jahren zu dem Projekt. Sie ist keine gelernte Schauspielerin und erst recht keine Sängerin, sondern arbeitet als Zahnärztin in Dresden. „Schauspielerfahrung habe ich nur aus der Theater-AG an der Schule und auch bei der Bühne, dem Theater der TU Dresden habe ich im Studium mitgemacht“, erzählt sie in einer Probenpause. Als sie Toni Burghard Friedrich sagte, dass sie ihn als Ärztin nicht weiter behandeln könne, weil sie aufgrund ihrer Schwangerschaft recht früh Berufsverbot verordnet bekam, lud er sie kurzerhand als Statistin in sein Projekt ein.

Maxi Büchner, Meinhard Möbius und Sheldon Baxter (v.l.)

Wenig später starb sie in „Il mondo della luna“ mit Babybauch den Bühnentod. Vor zwei Jahren spielte sie in „La Bohème“ eine schludrige Bardame – und das ist auch im „Don Giovanni“ wieder ihr Job. Kaum im Zentralwerk angekommen, legt sie los. Es braucht nur wenige Worte des Regisseurs, schon schwingt sie mürrisch dreinblickend den Wischlappen auf dem Tresen und knallt einem Sänger die Bierflasche vor den Latz, als wäre die schlecht gelaunte Kellnerin ihre Paraderolle. „Ich brauche das als Ausgleich zum Alltag und bin selbst verblüfft, wie Toni mich jedes Jahr wieder in die Stücke einbaut“, sagt Maxi Büchner.

Zur Opernfamilie um Toni Burghard Friedrich gehören außer ihr auch der Dirigent Matthew Lynch sowie die Bühnen- und Kostümbildner René Fußhöller und Antonia Kamp. Finanziert wird das Projekt mit einem zwar wachsenden, im Vergleich aber dennoch kleinen Etat. Ohne fleißige Förderer beim Crowdfunding bliebe die Bühne leer. Zum Glück hat der Verein dieses Jahr erstmals eine Förderung von der Kulturstiftung des Freistaats Sachsen bekommen. Nur so ist es möglich, dass das Projekt erstmals mit der Beteiligung von Tänzern und bildenden Künstlern über ein Opernspektakel hinauswachsen kann. Die szene12-Familie wird von Jahr zu Jahr größer.

szene12-Probe im Zentralwerk Pieschen

Zum zweiten Mal spielt das Uniorchester aus Oxford in der Produktion. Auch ein kleiner Chor gehört dazu. Das Ensemble vereint mittlerweile mehrere Nationen. Studenten der Musikhochschulen Leipzig und Dresden treffen hier auf junge Kolleginnen aus Warschau. Den Don Giovanni singt der Kanadier Sheldon Baxter, der bereits in mehreren Rollen an der Semperoper Dresden zu erleben war. Friedrich und sein Team haben es geschafft, in sechs Jahren Kontinuität für das Projekt herzustellen, ohne dass immer alles beim Alten bliebe. Die Mischung aus Experiment, Professionalität und Spontanität ist vielleicht überhaupt das Grundrezept jeder szene12-Aufführung.

Maxi Büchner schätzt vor allem die familiäre Atmosphäre in den Proben und Vorstellungen. „Ich bin ja hier der Außenseiter, gehöre nicht zu den Sängern und Musikern, aber trotzdem zum Stück. Man kennt jetzt das Kernteam, auch wenn die Sänger von Jahr zu Jahr wechseln, macht es einfach Spaß“, sagt sie. Die Probenzeiten und Aufführungsabende schaufelt sie sich von der Arbeit frei, zu Hause passt der Ehemann auf den kleinen Sohn auf. „Der war ja beim ersten Mal im Bauch immer mit dabei – und ich habe das Gefühl, er ist ein recht musikalisches Kind“, erzählt sie mit einem Augenzwinkern.

Lust auf Musik und große Oper macht szene12 auch dem Publikum. Das darf zur Premiere sowie in den fünf weiteren Vorstellungen dieses Mal mit Don Giovanni ein großes Fest feiern. Was es damit auf sich hat, soll an dieser Stelle noch nicht verraten werden. Nur so viel ist sicher: Selbst, diejenigen, die sonst nicht in die Oper gehen, werden hier Spaß daran finden.

Szene12 beim Crowdfunding unterstützen, das geht hier

Info: szene12 „Don Giovanni – ein Fest“, Premiere am 22.8., 20 Uhr im Zentralwerk Dresden-Pieschen, weitere Vorstellungen am 24.8., 25.8., 28.8., 31.8., 01.09., jeweils 20 Uhr

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