Opernhäppchen in der Abendsonne

Die Staatskapelle verführte beim „Klassik Picknickt“ mit einem romantischen Programm

Prall gefüllte Picknickkörbe, sachte klingende Sektgläser und ein blauer Himmel wie gemalt: Wenn die Sächsische Staatskapelle Dresden auf dem Gelände der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen zum „Klassik Picknickt“ einlädt, sind selbst die Wettergötter gut gelaunt. Seit elf Jahren bietet das beliebte Klassik-Open-Air in Dresden musikalischen Hochgenuss in lauschiger Sommeratmosphäre. Das diesjährige Motto „Romantik“ war hier eigentlich von Anfang an Programm, und breitete mit Opernhäppchen von Wagner, Verdi, Puccini, Bizet und Massenet nun musikalisch seine Flügel aus.

Seelenschmerz, große Oper, am Ende auch ein wenig Tango, selten erlebt man die Staatskapelle derart unbeschwert wie an diesem Abend. Am Pult ein gut gelaunter Omer Meir Wellber, der in der nächsten Spielzeit mit Giuseppe Verdis „Nabucco“ als erster Gastdirigent nach Dresden zurückkehrt, nun jedoch zunächst tanzend Sommerlaune weckte. Wellber ist mit seinem unkonventionell frischen Zugang zur Musik genau der Richtige für ein musikalisches Picknick wie dieses. Gemeinsam mit der Staatskapelle und dem Tenor Piotr Beczala servierte er ein schmackhaftes wie verdauliches Programm, das dennoch alles andere als banal daherkam.

Schon Richard Wagners Ouvertüre zu „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“ ist unter Wellbers Leitung so spritzig wie der Sekt in den Picknickkörben, ohne an der nötigen Dramatik einzubüßen. Mit Verdis Ouvertüre zu „Nabucco“ sorgte anschließend ein Schlager der italienischen Opernliteratur für gute Laune – und weckte bereits Vorfreude auf die Premiere in der kommenden Saison.

Doch nicht nur Dirigent und Orchester waren glänzend aufgelegt. Starke Akzente setzte auch Piotr Beczala, der mit Arien aus „Tosca“, „Carmen“ und „Werther“ der Romantik huldigte. Mit seiner kräftigen, durchdringenden Stimme stiehlt Beczala sogar der Kapelle für kurze Momente die Show. Wenn er singt, verstummt selbst das leiseste Rascheln von Butterbrotpapier auf dem Platz, die Menschen lauschen andächtig und die Wiese wird endgültig zum Konzertsaal.

Insgeheim wünscht man, der Abend möge noch lange nicht enden. Doch nach einem Stündchen ist der offizielle Teil des musikalischen Genusses vorbei. Als Zugabe serviert Beczala mit „Dein ist mein ganzes Herz“ zunächst einen Operettenhappen von Franz Léhar. Danach bringen Piazzollas Tangos das Feuer zum Brodeln, während sich die Sonne auf dem Vorplatz der Manufaktur sachte niedersenkt.

Wellber hat den Taktstock längst gegen das Bandoneon getauscht und schwelgt mit der Staatskapelle im Tango. Das Zusammenspiel ist frei und ungezwungen, dennoch fein abgestimmt und wirkt fast kammermusikalisch. Ein romantischer Abend klingt so leidenschaftlich und melancholisch aus, dass das Publikum gar nicht genug bekommen kann.

Als Sahnehäubchen zaubert Wellber schließlich noch eine Extra-Zugabe auf dem Bandoneon aus dem Hut – und brilliert dabei, bevor die Musiker sich verabschieden. Für viele der Besucher ist das freilich noch kein Grund, die Picknickdecken sofort einzupacken. Sie bleiben einfach sitzen und lassen den schönen Konzertabend mit einem Glas Wein entspannt ausklingen. Bis zum nächsten Mal!

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