In Dialog und Widerstreit

Hörtipp des Monats: Jan Vogler & Mira Wang spielen drei „Double Concertos“

Doppelkonzerte für Violine und Violoncello sind rar gesät. Nach Antonio Vivaldi wagte sich eigentlich nur noch Johannes Brahms mit nachhaltigem Erfolg an diese Gattung. Das Musiker(ehe)paar Mira Wang und Jan Vogler widmet den „Double Concertos“ nun eine Aufnahme, die aufhorchen lässt. Mit dem Royal Scottish National Orchestra unter der Leitung von Peter Oundijan haben sie neben Brahms zwei Konzerte für Violine und Violoncello jüngeren Datums eingespielt, die der Gattung neuen Schwung verleihen.

Brahms wird hier von zwei Kompositionen gerahmt, deren Entstehung nicht nur eng mit dem Solistenpaar, sondern auch mit Dresden verknüpft ist: Wolfgang Rihms Doppelkonzert ist dem zehnjährigen Jubiläum der Wiedereröffnung der Frauenkirche gewidmet, wo es 2015, nach der Uraufführung in der Carnegie Hall, mit Mira Wang und Jan Vogler seine Deutsche Erstaufführung erlebte. John Harbisons Doppelkonzert entstand einige Jahre zuvor als Auftragswerk der „Freunde der Dresdner Musikfestspiele“ und wurde ebenfalls für Mira Wang und Jan Vogler geschrieben.

Die Verbindung aller drei „Double Concertos“ auf einer CD lässt diese in spannungsvollen Licht erscheinen. Denn im direkten Vergleich ergänzen sich individuelle Tonsprachen der Komponisten auf faszinierende Weise.

Da ist zunächst Rihms Konzert als vorwärtstreibender Auftakt: Geige und Cello begegnen sich hier als zwei Facetten einer Solostimme, die sich wie auf einem Spaziergang auf den Pfaden des Lebens stets zwischen Aufruhr und Ruhe, Chaos und Einklang auf und ab bewegt. Dies kontrastiert wirkungsvoll mit dem leidenschaftlichen Brahms-Konzert, in dem die Soli sich im Dialog ergänzen und mit dem Orchester in warmen Klangfarben schwelgen. Harbison hingegen wirkt im Vergleich zum treibenden Rihm und dem lyrischen Brahms eher gedehnt. Bei ihm kreisen Geige und Cello wie in einem verzerrten Spiegelbild in Missverständnissen sachte umeinander, wobei er die Solisten in geheimnisvollen, teilweise fast filmisch anmutenden Klangräumen nach Gemeinsamkeiten suchen lässt.

Mira Wang und Jan Vogler bringen die unterschiedlichen Charaktere und Geschichten dieser drei Konzerte virtuos, vor allem aber mit Leidenschaft zur Geltung. Die beiden lassen ihre Instrumente streiten, schwelgen, suchen, sie wetteifern, umkreisen sich, treiben einander an oder halten inne, um sich schließlich im Einklang wiederzufinden. Egal in welcher Stimmung sie sich gerade befinden, ihr Spiel wirkt immer natürlich, niemals affektiert oder aufgesetzt.

Das Royal Scottish National Orchestra unter Peter Oundijan ist ihnen dabei ein starker Partner. Sein warmer, federnder Klang webt sich in Rihms Solostimmen hinein, entfaltet Brahms Orchesterzauber verführerisch und lässt Harbisons bildhafte Tonsprache strahlen. In diesem wechselvollen und kontrastreichen Zusammenspiel erkunden Wang und Vogler die verschiedenen, teils auch ungewohnten Klanglandschaften der drei Konzerte mit so hingebungsvoller Tiefe, dass man ihnen gern folgt.

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