Von oben gelenkt

Die Serkowitzer Volksoper mischt in „Orpheus in der Unterhose“ Gluck mit Offenbach

Wenn Götter sich ins irdische Glück einmischen, geht es hoch her. Denn „die da oben“ handeln aus sicherer Distanz zum Geschehen und wissen daher höchst selten, was den Menschen hier unten tief in seinem Herzen bewegt. Im besten Falle also wird aus einer derartigen Verstrickung ein ironisch launiges Sommertheater, an dem sich alle laben können. Ein solches ist Wolf Dieter Gööck und seiner Serkowitzer Volksoper auch im siebten Jahr geglückt. Erneut hat er für „Orpheus in der Unterhose“ (Fotos: Robert Jentzsch) zwei Musiktheaterstücke feinsinnig seziert und auf witzige freche Weise zu einem Neuen verwoben.

Dieses Mal kreuzt er gar Oper mit Operette – und nimmt die Verhältnisse von „oben“ und „unten“ mit einer kecken Mischversion von Christoph Willibald Glucks „Orpheus und Eurydike“ (1762) und Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ (1858) aufs Korn. Die Liebe von Orpheus und Eurydike wird auf eine harte Probe gestellt. Wobei die Musi nad Labem unter der Leitung von Milko Kersten als golden glitzernder Götterchor agiert und auf zwei Podien neben der Bühne von oben mit Piano (Milko Kersten), Klarinetten, Flöte, Melodica (Daniel Rothe) sowie diversen Streichern (Dietrich Zöller) die Geschicke lenkt.

Die besten Schlager aus beiden Musiktheaterstücken dürfen dabei natürlich nicht fehlen und sind in altbewährter Form mit allerlei Anspielungen aus der modernen Musikwelt angereichert. Als Sänger stehen mit Marie Hänsel, Dorothea Wagner und Cornelius Uhle längst bekannte Gesichter auf der Bühne – und das kann sich in der lauen Sommerluft hören lassen. Dabei geht es hier gar nicht nur um große Kunst und glockenhelle Stimmchen, vielmehr steht der Spaß an der Sache im Vordergrund, ist die Serkowitzer Volksoper doch dafür bekannt, nicht nur Genregrenzen, sondern auch Barrieren beim Publikum einzureißen, Lust zu machen auf, vor allem aber am unkonventionellen Musiktheater.

Die Geschichte erzählt sich ohne große Umschweife und Nebenhandlungen, rezipierbar, leicht verdaulich, doch nie ohne kleine Spitzen auf die Alltagsgegenwart. Doppelbödig wird es zudem dank der hölzernen Puppenfiguren von Kostüm- und Bühnenbildnerin Ella Späte, die geführt von den Sängern eine neue Ebene ins Spiel bringen. So ziehen die Götter die Fäden, Orpheus und Eurydike immer mittendrin – und doch nicht ganz unschuldig. In der Rolle der Öffentlichen Meinung ist Theaterchef, Regisseur und Stückschreiber Wolf Dieter Gööck höchstselbst zu erleben. Er macht im rosa Kleid mit Lippenstift und Ohrhängern eine köstlich komische Figur!

Da fallen schon mal flotte Sprüche wie im Kabarett: „Wenn Dekadenz und Impotenz Hand in Hand gehen würden, dann gäbe es ja direkt eine natürliche Auslese.“ Und zwischen allem Klamauk wird es auch kurz nachdenklich. Zwei Stunden ziehen die Serkowitzer ihr Publikum mit dieser Mischung in den Bann, das mit Wein und Decken ausgestattet, wie beim Familientreffen auf den Holzbänken zusammenrückt. Am Ende aber bleibt alles beim Alten. Der Mensch bleibt Mensch und sucht sein Glück hier unten. Denn Götter sein – sind wir mal ehrlich! – wollen wir doch alle nicht.

Info: „Orpheus in der Unterhose“, zu sehen wieder am 31.8., 1.9., 3.9., 7.9. und 10.9. in der Sommerwirtschaft Saloppe Dresden

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