Im Reich der Märchen

Die Dresdner Philharmonie zeigt „Die arabische Prinzessin“ als Oper für Kinderchor

Die Kraft der Phantasie ist unerschöpflich. Sie verwandelt Mädchen in Prinzessinnen und Fischhändler in Prinzen, reiht Worte aneinander, bis zauberhafte Märchenwelten entstehen und kombiniert Töne zu stimmungsvollen Partituren. All dies zeigt sich auch in der Oper „Die arabische Prinzessin oder das geschenkte Leben“, mit der die Dresdner Philharmonie dem Philharmonischen Kinderchor zum 50. Jubiläum (Fotos: PR/Jörg Simanowski) in diesem Jahr ein ungewöhnliches Geschenk bereitet.

Dem Mangel an Opern für Kinderchor ist hier die Entdeckung einer kleinen Rarität zu verdanken, die in Dresden so noch nie zu sehen war. Die Musik stammt von dem spanischen Komponisten Juan Crisóstomo de Arriaga (1806–1826), auch „spanischer Mozart“ genannt – und sie verführt tatsächlich mit Mozart’scher Sanglichkeit, ist eingängig und romantisch zugleich. Das Libretto der Autorin Paula Fünfeck fußt auf einem alten arabischen Märchen. Es erzählt von dem Fischverkäufer Jamil, der durch die Liebe der verwöhnten Prinzessin Amirah jäh aus seiner einfachen Welt gerissen wird. Als Amirah ihn im Streit an seine Herkunft erinnert, flieht er verletzt zum Fürst des Vergessens, der dafür sorgt, dass sich die Menschen nicht mehr erinnern können. Nun ist es an Amirah, ihren Prinzen rechtzeitig zu finden. – Die Kinder, die den Erzählungen der gütigen Tante Safah lauschen, können ihr mit etwas Phantasie dabei sogar helfen.

Zugegeben, ein bisschen Phantasie gehört auch dazu, wenn ein Orchester wie die Dresdner Philharmonie ihren Kinderchor nach 50 Jahren zum ersten Mal im szenischen Spiel auf die Bühne schickt – und ein Musiktheater für die ganze Familie inszeniert. Damit dies glückt, hat Intendantin Frauke Roth zahlreiche Kooperationspartner ins Boot geholt: Zwei Schauspieler und zwei Sänger sind da mit von der Partie. Das aus einer vielseitigen Bretterwand und einer urigen Bücherecke bestehende Bühnenbild stammt von Julia Schiller. Die Kostüme haben Maren Steinebel und Lena Baumann, beide Studentinnen an der Hochschule für Bildende Künste kreiert. Die Regisseurin Marita Erxleben kannte Frauke Roth noch von Projekten in Potsdam – und lud sie nun nach Dresden ein.

Die musikalische Leitung für den Philharmonischen Kinderchor und die Orchestermusiker übernahm Gunter Berger. Unterstützt werden die Kinder von jungen Geigern des Heinrich-Schütz-Konservatoriums sowie von dem syrischen Oud-Spieler Thabet Azzawi, der mit seinem Instrument typisch arabische Klangfarben ins Stück tupft. Das Märchen entwickelt sich im Wechsel aus Erzählstimmen, Chor und Musik, die oft auch untermalende Funktion hat.

Erzählt wird auf mehreren Ebenen, in denen sich Märchen und Realität verschränken. Marita Erxleben arbeitet jedoch eine klare Struktur heraus und bringt die Oper in poetischen Bildern kurzweilig auf die Bühne. Sie lässt lebhafte Straßenkinder, ein Ballett der Meerestiere oder elegante Hochzeitsgäste in den Saal tanzen (Choreografie: Maria Poydiadij-Fink und Carola Rühle-Keil), während die kleine Ali (Norah Gütz/Johanna Jubelt) in der Bücherecke den Geschichten von Tante Safah lauscht. Kathleen Gaube zieht in der Sprechrolle der Erzählerin von der ersten Minute an die Aufmerksamkeit der kleinen und großen Zuschauer auf sich – und zeigt als Dienerin der Prinzessin auch komödiantisches Talent. Der zweite Schauspieler, Manuel Krstanovic schleicht als düsterer Fürst des Vergessens durch die Szene, legt aber zum Schluss noch eine überraschende Wandlung hin.

Für die beiden Hauptrollen hat die Philharmonie mit Eva Zalenga (Prinzessin) und Laurin Oppermann (Jamil) zwei sehr talentierte Nachwuchssänger besetzt. Sie geben stimmlich ein reizendes Paar, das aus verschiedenen Welten kommend, schließlich doch zueinander findet. Die eigentlichen Stars sind jedoch die Kinder. Der Philharmonische Kinderchor bringt die Handlung mit großer Spielfreude auf die Bühne, ohne dass der feine, zarte Chorklang darunter leidet. So entdeckt der Chor in seinem ersten Opernprojekt die Welt der Märchen neu. Am Ende ist es ein liebevolles Plädoyer die Liebe und fürs Geschichtenerzählen, das nicht nur die Kleinen ins wunderbare Reich der Phantasie entführt.

„Die arabische Prinzessin oder das geschenkte Leben“, weitere Aufführungen am 1. und 2. April im Deutschen Hygiene-Museum Dresden

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